Nicht nur in der oberen Hauptstraße wird klar, dass sich historisches Stadtbild mit Pflaster und Wünsche von Behinderten manchmal schwer in Einklang bringen lassen. Foto: Riedlinger

Für Rollstuhlfahrer hat sich schon einiges getan, es gibt aber Potenzial für Verbesserungen.

Rottweil - Beim zweiten Stadtrundgang mit Ruth Gronmayer, Behindertenbeauftragte der Stadt Rottweil, machten sich etliche Teilnehmer auf die Suche nach den Herausforderungen, denen sich Personen im Rollstuhl oder mit Rollator sowie ihre Begleitpersonen jeden Tag gegenüber sehen. Dabei wurde deutlich: Es hat sich schon einiges getan in Rottweil, es gibt aber Potenzial für Verbesserungen.

Ruth Gronmayer, selbst im Rollstuhl, und ihr Team arbeiten schon eine ganze Weile an einem Stadtführer "Rottweil barrierefrei" und sammeln dafür in der Datenbank huerdenlos.de neuralgische Stellen, die es in Absprache mit der Stadtverwaltung zu verbessern gilt. In vier Gruppen gingen die Teilnehmer vom Kapuziner aus am Samstagnachmittag in die Innenstadt und erkundeten Straßen und Wege. Jeder durfte mal in einen Rollstuhl sitzen oder einen Rollator ausprobieren, mit dem Ziel herauszufinden, wie man in der Innenstadt zurecht kommt. Zusätzlich wurden Ohrschützer angeboten, um zu simulieren, wie es sich für Personen in der Stadt verhält, die schlecht hören.

Beim Rundgang wurde schnell klar, dass bereits die Ausfahrt vom Kapuzinerparkplatz mit ihrer stark abschüssigen Ecke und quer verlaufenden Ablaufrinne eine erste Schwierigkeit für Rollstuhlfahrer oder jemanden mit Rollator darstellt. Interessanterweise streifen hier auch regelmäßig Autos mit ihrer Frontschürze am Boden, die hinunter in den Stadtgraben fahren – der einzigen Ausfahrtsmöglichkeit.

In der Innenstadt stellen sich regelmäßig die Übergänge von geteerten Bereichen zur Pflasterung als am stärksten durch Umwelteinflüsse in Mitleidenschaft gezogen heraus. Die Kanten brechen auf und dann entstehen Löcher, in den sich etwa die kleinen Vorderräder der Rollstühle verhaken können. Hier wurde deutlich, dass Pflasterung von Straßen und behindertengerechte Wege manchmal nur bedingt in Einklang zu bringen sind.

Auch scheinbar gelöste Situationen mit Auffahrrampen wie in der Hochbrücktorstraße sind noch verbesserungsfähig: hier fehlt noch eine Abweiskante oder ein quer angebrachtes Rohr, um zu verhindern, dass der Rollstuhl unter dem Geländer hindurch über die Kante der Rampe rollt. Außerdem ist die Rampe zu steil. Laut Ruth Gronmayer soll noch eine Klingel am unteren Ende angebracht werden, damit ein Rollstuhlfahrer Hilfe hinzu rufen kann. "Wir waren verschiedentlich in Frankreich im Urlaub. Dort und in vielen anderen Ländern Europas sind sie viel weiter: an einer Treppe zu einer Arztpraxis findet sich fast immer ein Treppenlift", erzählte sie. "An einem Rathaus gibt es dort oft einen Lift und eine Behindertentoilette." Außerdem könnte man viele Stufen zu Geschäften der Rottweiler Innenstadt nach dem Zwei-Sinne-Prinzip markieren: sie sollten für einen Menschen mit einem Blindenstock ertastbar und auch für sehbehinderte Menschen mit Kontrast farblich besser gekennzeichnet sein.

Viele Anregungen wurden in Rottweil schon umgesetzt. An einigen Punkten ist die Stadtverwaltung noch dran, manches musste wegen der entsprechenden Kosten in den Haushaltsplan eingestellt werden. Aber Ruth Gronmayer und ihr Team lassen nicht locker, Geschäftsinhaber wie Stadtverwaltung weiter auf viele kleine Verbesserungsvorschläge und wenn nötig auch auf Missstände aufmerksam zu machen und für ihre Mitmenschen mit Handicap zu sensibilisieren.