Mediterranes "Feeling": Der Rottweiler Bahnhof lädt zur Rast ein. Einen Halt machen Fahrgäste, die von Stuttgart nach Villingen fahren und in Rottweil umsteigen müssen. Mit dem Metropolexpress soll es einmal anders und vor allem schneller gehen. Foto: Pfannes

Verwaltungsausschuss bereit für die Moderne. Ein Ziel: Stuttgart - Villingen in einem Rutsch.

Kreis Rottweil - Was in der Vorlage für den Verwaltungsausschuss des Kreistags spröde klingt, könnte für Bahnfahrer im kommenden Jahrzehnt eine erfrischende Wirkung haben. Es geht um den Ringzug 2.0.

Einstimmig empfiehlt der 15-köpfige Ausschuss dem Kreistag, Landrat Wolf-Rüdiger Michel zu ermächtigen, den für die Umsetzung des neuen Ringzug-Betriebskonzepts notwendigen Vorbereitungsmaßnahmen im Rahmen der Zweckverbandsversammlung zuzustimmen.

Ein wesentliches Stichwort für Zukunft und Attraktivität des Schienenverkehrs lautet Elektrifizierung. (Elektrifizierung ist Moderne, was sogar schon Lenin vor knapp 100 Jahren propagiert hat.)

Im hiesigen Fall sind es die fehlenden 24 Kilometer (davon 13 auf Rottweiler Landkreis-Gemarkung bis Trossingen) von etwa 124, damit eine stündliche Direktverbindung des sogenannten Metropolexpresses (MEX) zwischen Stuttgart und Villingen möglich wird. Bisher ist Diesel und Umsteigen in Rottweil angesagt.

Dies und noch viel mehr erfuhren die Mitglieder der drei Kreistage Rottweil, Tuttlingen und Schwarzwald-Baar Mitte Mai in Trossingen bei einer Präsentation von Vertretern des Verkehrsministeriums, als es um die Fahrplankonzeption ging.

Ein weiterer wichtiger Punkt sind die derzeitigen Regio-Shuttles, die zwischen 2024 und 2026 ihr wirtschaftliches Nutzungsende erreichen und dann ersetzt werden. Deshalb sollte spätestens 2022 mit dem Bau der Infrastruktur für die künftig elektrischen Fahrzeuge begonnen werden.

Damit der Weg in die Moderne beschritten werden kann, benötigen die Entscheidungsträger eine sogenannte Potentialanalyse und Planungen zur Ermittlung der Kostenschätzungen für die notwendigen Infrastrukturmaßnahmen. Wichtig sei, die Zahl der Fahrgäste zu erhöhen.

Als hilfreich dazu werden eine gesteigerte Attraktivität der Verbindungen, ein besseres Angebot (mehr Fahrten) und weitere Haltestellen angesehen.

Im Fall des Landkreises Rottweil sind zusätzliche Ringzug-Haltestellen in Rottweil-Mitte und in Lauffen angedacht. Als eine perspektivisch deutliche Stärkung der Region wertet Landrat Michel das Bekenntnis des Landes zum System Ringzug sowie zur Elektrifizierung und die Zusage einer stündlichen Direktverbindung zwischen Stuttgart und Villingen.

Schneller als ein Intercity

Weil die Zeit bis 2022 für größere Vorhaben schneller vergeht, als ein Intercity fahren kann, und der finanzielle Anteil des Landkreises nach einer Studie bei 17 oder 18 Millionen Euro liegen könnte, jedoch derzeit vergleichsweise üppige Zuschüsse von Bund oder Land bereitliegen, ist eine Entscheidung gefragt. Der Bund fördert bis zu 80 Prozent, das Land etwa bis zu 50 Prozent.

Landrat Michel: "Nur wenn alle drei Landkreise mittun, besteht die Chance, in die Bundesförderung zu kommen." Der Kreis, besser alle drei Kreise, müssen jedoch die Planungskosten tragen, die laut Landrat bei etwa 25 Prozent ("Pi mal Daumen") liegen könnten.

Der Ausschuss stimmt schließlich diesem Gesamtpaket zu. Bevor die Hände in die Höhe gehen, vermitteln einzelne Wortbeiträge ein Stimmungsbild. Kritisch äußert sich Franz Moser (Eschbronn) zu einer vom Ministerium für Verkehr angedachten Regiobuslinie von Schramberg nach St. Georgen. Dies sei eine Totgeburt, so Moser, von Schramberg über St. Georgen nach Villingen. Die gängige Strecke führe über Hardt und Königsfeld. Und der Kreisrat sieht Blockierer im Nachbarlandkreis sitzen.

Landrat Michel bezeichnet die Idee aus Stuttgart als eine Linie in einer Folie von Gerd Hickmann, Leiter der Abteilung Öffentlicher Verkehr. Diese Strecke sei eine Möglichkeit (mit Betonung auf das Wörtchen "eine"). Sie spiele jedoch bei der aktuellen Beschlussvorlage keine Rolle.

Weil die Diskussion darüber im Protokoll vermerkt werde und darüber abgestimmt werde, dass der Verwaltungsausschuss die Überlegungen für einen Regiobus von Schramberg in den Schwarzwald-Baar-Kreis begrüße, endet diese Diskussion an diesem Tag.

Wesentlich euphorischer äußert sich Ralf Ulbrich (Deißlingen). Als Profiteur, wie er schmunzelnd anmerkt. Vor allem mit Blick auf eine neue Haltestelle im Teilort Lauffen. Er wertet den Ringzug als ein erfolgreiches Nahverkehrskonzept, als eine S-Bahn im ländlichen Raum. Etwas, das andere nicht haben. Die Entscheidung pro Ringzug vor 20 Jahren sei viel mutiger gewesen als die aktuelle für den Ringzug 2.0.

Sein Fraktionskollege Berthold Kammerer (Dunningen) unterstützt den Einsatz für die Elektrifizierung. Weg vom Diesel hin zum Strom, sei das Zeichen der Zeit. Und er begrüßt die Idee einer Regiobuslinie von Schramberg nach St. Georgen "hocherfreut".

Seine Bedenken drehen sich eher um eine neue Haltestelle Rottweil-Mitte. Mit Blick auf den Schulstandort Bruderschaftshöhe sollten Überlegungen für einen sinnvolleren Halt zwischen Innenstadt und den Schulen angestellt werden (um Busfahrten zu sparen). Die Rottweiler Innenstadt sei mit einem "überschaubaren Potential" gesegnet. Dies sieht der Landrat anders. Jeder mögliche Standort sei gleich weit weg. Ohne Bus sei aber ein vernünftiger Schülerverkehr schwierig.

Diskussionen über eine mögliche finanzielle Beteiligung der Stadt Rottweil an den Kosten will Wolf-Rüdiger Michel an diesem Tag nicht unbedingt führen. Generell sind jedoch kritische Stimmen Richtung Bahn zu hören. Zum Beispiel mit Blick auf Sulz und Oberndorf mit siebenstelligen Engagements in den Bahnhöfen, obwohl jene zu 100 Prozent der Bahn gehören. Mache man jedoch nichts, passiere von Seiten der Bahn nicht unbedingt etwas. Eine nicht unbedingt erfreuliche Erfahrung der Politik im ländlichen Raum.