Im Gespräch über den geplanten Test-Turm in Rottweil (von links): Alfons Bürk, Hendrik Leonhardt, Hermann Klos, Minister Nils Schmid und Bürgermeister Werner Guhl. Foto: Schulz

Stellvertretender Ministerpräsident gestern auf Stippvisite im Neckartal. Die Randthemen haben es in sich.

Rottweil. Eigentlich wäre es ein simpler, formaler Akt gewesen: Aus Stuttgart kommt ein Minister nach Rottweil und übergibt einen Förderbescheid. Doch das Treffen hat mehr zu bieten. Es geht auch um den Turm, die Musikhochschule – und ja, auch das Gefängnis.

Die Gruppe, die sich da trifft – überschaubar: Nils Schmid (SPD), Finanz- und Wirtschaftsminister, kommt am Dienstag nach Rottweil, in den Gewerbepark Neckartal. Dort warten bereits auf den Gast aus Stuttgart: Bürgermeister Werner Guhl, Hermann Klos, einer der beiden Geschäftsführer der Holzmanufaktur GmbH, der Rottweiler Architekt Alfons Bürk und Hendrik Leonhardt von der Denkmalpflege beim Regierungspräsidium Freiburg.

Der Anlass – ein rein formaler Vorgang: Schmid übergibt an Hermann Klos für die Sanierungsarbeiten am Gebäude der ehemaligen Spulerei im Neckartal einen Förderbescheid von 271.000 Euro. Die Holzmanufaktur, die sich im Bereich der Baudenkmalsanierung über die Landesgrenzen hinaus einen Namen gemacht hat, richtet das denkmalgeschützte Haus für rund drei Millionen Euro.

Freilich freut sich Klos und freut sich der Minister. Für den Rottweiler Unternehmer ist das Geld eine spürbare finanzielle Unterstützung. Der Minister wiederum findet es gut, dass der Zuschuss einen Effekt auslöst: Handwerker erhalten Aufträge, Arbeitsplätze werden dadurch gesichert, der Mittelstand gestärkt. So denkt und spricht der Finanzminister.

Die Randthemen – durchaus erwähnenswert. Da ist beispielsweise der Turm, den ThyssenKrupp Elevator im Neckartal zu Testzwecken für Hochgeschwindigkeitsaufzüge erstellen will. Der Gemeinderat wird sich nach seiner Sommerpause am kommenden Mittwoch mit dem aktuellen Stand der Dinge befassen.

Schmid sagt, er habe von dem Projekt erfahren, ThyssenKrupp habe ihn in einem Brief informiert. Für ihn ist klar: Das ist eine Aufwertung für den Standort, für die Region. Der Minister kann daran auch nichts Störendes finden. Es sei wie mit den Windrädern, sagt er: "Man muss sich daran gewöhnen, dass sie in der Landschaft stehen." Guhl und Klos kommen auf die denkbare touristische Nutzung zu sprechen. Laut Guhl könne man auf die Alpen schauen, Klos spricht von der höchsten Bar im Ländle. Schmid scheint das zu gefallen: Ihm fällt da gleich der passende Cocktail ein, den man dort, in luftiger Höhe, zu sich nehmen könnte: einen "Sundowner".

Schmid, dem der Gang nach Canossa, nach Trossingen, noch bevorsteht, macht einen entspannten Eindruck. Auch als Guhl die Werbetrommel für die Musikhochschule Trossingen rührt, bleibt der Minister gelassen. Rund 15 Kilometer weiter herrscht ja helle Aufregung, seitdem Wissenschaftsministern Theresia Bauer vom grünen Koalitionspartner ihr neues Konzept für die fünf Musikhochschulen im Land vorgestellt hat. In Trossingen befürchtet man den schleichenden Niedergang. Der Rottweiler Bürgermeister, dessen Tochter in Trossingen Klarinette studiert hat, sagt, die Pläne bedeuteten eine Schwächung des ländlichen Raums. Das würde man der Regierung wohl nicht verzeihen.

So sieht es auch Schmid. Er sagt, dass man das Thema mit den Musikhochschulen mit einer Anhörung neu starten werde. Damit wolle man die entstandene Hektik herausnehmen. Überhaupt müsse man vermeiden, dass die Fläche geschwächt werde.

Das ist schon bemerkenswert für einen, der sich noch nicht vor allzu langer Zeit ziemlich flapsig über irgendwelche Schwarzwaldtäler geäußert hat. Trossingen, das ist klar, erhält also eine neue Chance.

Das hört Guhl gerne. Ebenso gerne hört er hin, als der Minister ihm beim Hinausgehen auf Nachfrage zusichert, über das Thema Gefängnis in den nächsten Wochen noch einmal miteinander zu reden. Ob da das letzte Wörtchen also auch noch nicht gesprochen ist?