Abschied: Nach 38 Jahren gibt Johannes Merkle die "Bastelstube" in neue Hände
Rottweil. Kaum hat Johannes Merkle den Laden aufgeschlossen, geht es auch schon Schlag auf Schlag: Ein Kunde nach dem anderen kommt, es wird Lotto gespielt, ein Päckchen abgegeben oder eine Glückwunschkarte gekauft. Und für ein paar persönliche Worte bleibt bei jedem Zeit, denn: Man kennt sich zum Teil seit Jahrzehnten und über Generationen hinweg. Seit stolzen 38 Jahren betreibt Merkle seine "Bastelstube" in der Stadionstraße 4 beim Landratsamt. Jetzt gibt der 67-Jährige aus Altersgründen seinen Laden in neue Hände. Er ist froh, dass es weitergeht. "Der Laden bleibt so erhalten, wie er ist." Die Kunden freut das auch, denn die "Bastelecke" ist nicht nur ein Geschäft, sie ist auch Treffpunkt.
Bedauern bei den Kunden
"Ohje, ich hab schon mitbekommen, dass er aufhört. Schade", bedauert eine Stammkundin an der Ladentheke. "Johannes, wie lang hasch jetzt no?", fragt ein anderer. Rund vier Wochen, sagt Merkle, dann ist für ihn Schluss. Die Kunden versichern, vorher auf jeden Fall noch ein paar Mal zu kommen, um Tschüss zu sagen.
Merkle ist eigentlich von Beruf Zimmermann und seit jeher ein kreativer und vielseitiger Zeitgenosse. Im August 1982 wagte er mit seinem Laden den Sprung in die Selbstständigkeit. Seine Passion für alles rund ums Künstlerische und ums Basteln zeigt sich in seinem großen Sortiment, daneben ist die Bastelstube Anlaufstelle für Toto-Lotto, Zeitschriften, Schul- und Bürobedarf und vieles mehr. Einen Paketdienst gibt es ebenso wie eine Wäscherei- und Reinigungsannahme.
Merkle weiß, dass solch ein Laden inzwischen eine Seltenheit ist. Gerade die Lottoannahme sei wichtig und habe ihm geholfen, all die Jahre durchzuhalten. "Und es ist gut für Rottweil, dass es den Laden weiterhin gibt", sagt er.
Seine Vermieter, die Merkles Rückzug sehr bedauern, haben sich tatkräftig dafür eingesetzt, dass eine Nachfolgeregelung gefunden wird. Tina Becher, die auch die Doris Textilreinigung mit Lottoannahme in Rottweil betreibt, wird die "Bastelstube" mit dem bisherigen Konzept übernehmen. Johannes Merkle wird den Mitarbeitern in der ersten Zeit noch zur Seite stehen.
Am 4. September ist offiziell sein letzter Arbeitstag. Man merkt, dass ihm die Sache noch nicht ganz geheuer ist. Dennoch freut er sich jetzt auf mehr Zeit für Hobbys, Reisen und die Familie. Wandern ist seine Leidenschaft, verrät er. Er ist schon den Pilgerweg von Rottweil nach Santiago de Compostela gelaufen. Als nächstes schwebt ihm der Camino Portugues vor, doch daran wird noch getüftelt.
Neustart nach den Ferien
Zunächst ist es ihm ein Anliegen, dass die Übergabe gut über die Bühne geht. Nach einwöchiger Schließung um zu renovieren, geht es nach den Ferien unter neuer Regie weiter. In den nächsten Wochen werden sich viele treue Kunden sicher noch persönlich von ihrem "Johannes" verabschieden. Und manchesmal wird man ihn vielleicht auch weiterhin in der "Bastelstube" erblicken.
