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KWS-Leiter Willy Schmidt und seine Stellvertreterin Stefanie Heß ziehen nach drei Jahren Gemeinschaftsschule eine erste Bilanz

Die zwei Pilotklassen der Rottweiler Gemeinschaftsschule haben die ersten dreieinhalb Schuljahre hinter sich. Jetzt werden die Weichen für den individuellen Abschluss gestellt, wie Schulleiter Willy Schmidt und seine Stellvertreterin Stefanie Heß im Pressegespräch berichten.

Rottweil. "Kinder werden stark" – dafür stehen die Initialen der Konrad-Witz-Schule (KWS). Seit gut drei Jahren werden sie das auch in den zwei Klassen der Gemeinschaftsschule. Und laut Schulleiter Willy Schmidt läuft es ziemlich gut. Für etwa 50 Schüler werden derzeit die Weichen für die Zukunft gestellt. Je nach persönlichem Leistungsniveau werden sie den Hauptschul- oder den Realschulabschluss machen. "Die Verteilung ist ungefähr 50 zu 50", sagt der Schulleiter, der mit der Gemeinschaftsschule einen neuen Bildungsweg in der Rottweiler Schullandschaft etabliert hat.

Gemeinderat musste überzeugt werden

Schüler auf drei Niveaus lernen hier gemeinsam: G-Niveau (Ziel: Hauptschulabschluss), das M-Niveau (Ziel: mittlere Reife) und Schüler auf E-Niveau mit dem Ziel, an einem weiterführenden Gymnasium die allgemeine Hochschulreife zu erreichen. Erst in der achten Klasse entscheidet sich, welchen Abschluss die jeweiligen Schüler anstreben. Bis dahin lernen sie gemeinsam auf ihren unterschiedlichen Niveaus.

Damit das funktioniert, hat die Gemeinschaftsschule eine komplexe Struktur: ziemlich volle Stundenpläne mit Lernbegleitung, Lernwegelisten für die unterschiedlichen Niveaus und Zeugnisse, die neben den Schulnoten auch die individuelle Entwicklung abbilden. Das Ziel sei es, so Willy Schmidt, das Lernen vom Schüler her zu verstehen. "Nicht belehrt werden, sondern lernen", sei die Devise.

Um diese Lernkultur in Rottweil zu ermöglichen, musste vor sieben Jahren der Schulträger, also die Stadt und ihre Stadträte, überzeugt werden. "Das war harte Arbeit", so Schmidt. Sie war erfolgreich: Unter Bürgermeister Werner Guhl wurde der Antrag seinerzeit beim Land eingereicht. "Das war sicher eine mutige Entscheidung", so Schmidt im Rückblick. Aber eine notwendige in Zeiten, in denen 40 Prozent eines Jahrganges schon nach der vierten Klasse auf die Gymnasien gingen.

"An der Gemeinschaftsschule arbeitet jeder auf seinem Niveau ohne Angst, die Schule verlassen zu müssen", erläutert Schmidt. In manchen Fächern zum Beispiel auf dem G-Niveau, in anderen sogar auf dem E-Niveau. Die Unterschiede werden dabei nicht nivelliert, betont er. Es gehe nicht um das "Gleichmachen", so der Schulleiter. Stefanie Heß erläutert, dass mit jedem Schüler zu Beginn des Schuljahres ein "Check-In" durchgeführt werde, wo sein bereits erlerntes Wissen erfasst werde.

Bei der Lehrerversorgung habe die Gemeinschaftsschule Vorteile, weil hier neben Haupt- und Realschullehrern auch Gymnasiallehrer zum Einsatz kommen, die auf dem Markt stärker vertreten sind. Allerdings sei es in den Fächern Mathematik und Physik auch für die Gemeinschaftsschule schwierig, Lehrer zu bekommen. "Außerdem fehlt uns eine Krankheitsreserve", so Schmidt.

Schule auch räumlich weiterentwickeln

Als Konkurrenz zu allgemeinbildenden Gymnasien sieht Schmidt die Gemeinschaftsschule nicht. "Es ist eher eine Alternative zu Realschulen. Sie bietet mehr Struktur und Zeit", erklärt der Schulleiter. "Hier werden nicht alle in einen Topf geworfen", betont der 65-Jährige, der die Geschicke der KWS seit 1996 leitet. "Die Arbeit bereitet mir immer noch Freude", sagt er. Sein Ziel sei es, die Gemeinschaftsschule zu etablieren und vielleicht auch räumlich weiterzuentwickeln.