Rottweil - Neue Chance für Besenwirtschaften oberhalb des Schwarzen Tores an der Fasnet: Nach heftiger Kritik im Gemeinderat rudert die Stadtverwaltung zurück und will wieder das Gespräch mit den Betreibern suchen. Das Verbot könnte also kippen.

Schluss mit lustig: Wenn’s an die Besenwirtschaften geht, verstehen die Narren keinen Spaß (wir berichteten). Das bekamen auch Stadträte zu spüren. CDU-Fraktionschef Günter Posselt sagteam Mittwoch in der Sitzung des Gemeinderats: Er sei auf kein anderes Thema in diesen Tagen so oft angesprochen worden wie auf die Entscheidung der Stadtverwaltung, an der Fasnet oberhalb des Schwarzen Tores keine Besen mehr zuzulassen.

Es ist wohl davon auszugehen, dass es die Äußerungen von Posselts Gesprächspartnern nicht auf jeden Fall in den Knigge geschafft hätten.

Dabei hatte es die Stadt gut gemeint: Nach massiven Protesten nach den närrischen Tagen im vergangenen Jahr, wie Ordnungsamtsleiter Jörg Alisch in der Sitzung ausführt, habe man sich dazu entschlossen, eben keine weiteren Feierstätten oberhalb des Schwarzen Tores zu genehmigen. Schließlich gebe es dort genug Wirtschaften.

Der Anstoß zu dem Ganzen kam nicht einmal von der Verwaltung: Stadtrat Hermann Breucha von den Freien Wählern hatte das Thema im vergangenen Jahr erstmals angeschnitten. Er berichtete in der April-Sitzung des Kultur-, Sozial- und Verwaltungsausschusses von "untragbaren Zuständen für Anlieger und Nachbarn". Vor allem die Zustände oberhalb des Schwarzen Tores in der Waldtortstraße seien schlimm gewesen.

Freilich stieß er mit dieser Klage auf offene Ohren bei der Verwaltung. Sie hatte gleichlautende Informationen erhalten, etwa, dass feiernde Jugendliche ungeniert auf die Straßen uriniert und sich in Hauseingängern übergeben hätten. Vor allem zwei Besenwirtschaften hatte das Ordnungsamt auf dem Kieker.

Mit dem bekannten Ergebnis, das bald wiederum Makulatur sein könnte. Oberbürgermeister Ralf Broß sagte gestern zu, die Verwaltung werde mit den möglichen Betreibern das Gespräch und nach einer Lösung suchen.

Zuvor hatten einige Stadträte offen bekundet, dass sie von dem Verbot nichts hielten. Jörg Stauss (ebenfalls von den Freien Wählern) ist gleich zu Beginn der Sitzung darauf zu sprechen gekommen und sagte, er halte diese Maßnahme für unglücklich. "Diese Lösung ist die schlechteste". Die Leute seien sowieso da und würden sich eben dann verstärkt auf der Straße versammeln. Stauss verwies auf Villingen, eine Stadt, die mit Rottweil zu vergleichen sei. Dort gebe es ein besseres Konzept, beispielsweise Überwachungskameras. Der Stadtrat, der selbst in der Innenstadt wohnt, sagte, man müsse als Stadt doch ein Interesse an einem lebendigen Innenbereich haben. Breucha pflichtete ihm bei und bekundete, er habe damals, als er im Ausschuss Bericht erstattete, nicht gleich an ein Verbot gedacht.

Posselt lenkte den Blick auf das Jahr 2017, wenn sich die Zünfte Rottweil, Oberndorf, Elzach und Überlingen zum alle vier Jahre stattfindenden Narrentreffen in Rottweil versammelten. Wenn man es in diesem Jahr schon nicht schaffe, wie wolle man es dann im nächsten Jahr bewältigen, wenn noch mehr Menschen zum Feiern in die Stadt kämen?, fragte er. Verbote brächten nichts. Er sprach sich dafür aus, jungen Leuten und Betreibern von Besenwirtschaften eine Chance zu geben. Vielleicht sollten die Betreiber auch eine Kaution hinterlegen.

Ob diese 5000 oder 10.000 Euro beträgt, wie Breucha anregte, steht noch nicht fest. Zunächst soll nun mit den Besenbetreibern gesprochen werden. Dabei will die Stadt prüfen, ob die Räumlichkeiten für eine Fasnetswirtschaft überhaupt geeignet seien. Die Stadt sagte auch zu, zwei Toilettenwagen rechts und links oberhalb des Schwarzen Tores hinzustellen.

Auf Facebook kommt die mögliche Wende gut an. Manuel G. sagt: "Das ist eine erfreuliche Nachricht. Zumal diese Entscheidung getroffen wurde, ohne wirklich darüber nachzudenken. Der Lärmpegel verringert sich dadurch ja nicht! Falls nur die gastronomischen Betreiber offen haben dürfen, werden sich die Gäste vor den einzelnen Läden stauen und merken, dass sie aufgrund der Überfüllung nicht mehr reinkommen. Dadurch wird sich vieles auf der Straße abspielen und es im Endeffekt lauter sein. Mehr Besen = weniger Leute auf der Straße = weniger Geschrei."

Die ganze Facebook-Diskussion gibt's hier:

Neue Chance für die Besenwirtschaften überm Schwarzen Tor! Der Gemeinderat will die Sache nochmal prüfen lassen!#Rottweil #Fasnet #Besen

Posted by Schwarzwälder Bote Rottweil on  Mittwoch, 13. Januar 2016

Kommentar: Nicht zu spaßen

Von Armin Schulz

Es gibt kaum ein ernsteres Thema als die Fasnet. Das hat die Stadtverwaltung nun auch erfahren. In der gestrigen Sitzung des Gemeinderats, der ersten im neuen Jahr, hat sie sich gleich eine blutige Nase geholt. Der Anlass: Das behördliche Verbot von Besenwirtschaften an der Fasnet oberhalb des Schwarzen Tores, um Anwohner vor Lärm und pinkelnden Fasnetsbesuchern besser zu schützen. Wie nicht anders zu erwarten, gab es einen Aufschrei des Narrenvolks. Und einige Stadträte schrien mit. Mit Erfolg: Anstatt auf Härte und Verbote will die Verwaltung nun auf Gespräche und Kooperation setzen. Das ist überraschend, denn es war der Gemeinderat, der das Thema nach der Fasnetssaison im April 2015 überhaupt zur Sprache gebracht hatte. Überraschend auch, wie schnell die Verwaltung einknickte. Aber man weiß ja: Mit den Narren ist nicht zu spaßen.