Die mächtige Neckarcenter-Baustelle am Nägelesgraben von oben. Foto: Grimm Foto: Schwarzwälder Bote

Ideen: Michael Grimm fordert einen City-Manager / Handel und Verwaltung müssen in Einklang kommen

Rottweil. Wer den umtriebigen Rottweiler Michael Grimm kennt, der weiß, dass ihn die Entwicklung der Stadt schwer beschäftigt. Immer wieder bringt er Ideen ein und hält nicht damit hinter dem Berg, wenn es aus seiner Sicht in die falsche Richtung geht. Unsere jüngste Berichterstattung über das im Bau befindliche Neckar-Center am Nägelesgraben nimmt er zum Anlass, sich vehement für einen City-Manager auszusprechen, "damit die Räder von Handel und Verwaltung effizienter ineinandergreifen". Denn: Das Neckar-Center sei bestes Beispiel für eine vertane Chance. Die tiefe Baugrube, in der sich derzeit gar nichts tut, stehe bildhaft für den "Bodennullpunkt".

Der Activ-Group den Auftrag zu erteilen, Pächter mit Anziehungskraft für Rottweil zu suchen, sei die falsche Vorgehensweise gewesen. "Die Activ Group ist nicht als Service Club für Rottweil angetreten. Sorry, wie naiv sind wir? Das wäre ein Rottweiler Job gewesen", schreibt Grimm in einem ausführlichen Statement. Nun seien aus den vorgegeben zwei Gewerbeebenen und einer Ebene Wohnungen eine Ebene Müller-Markt und ganze drei Ebenen Wohnungen geworden.

Grimm sagt: "Wir Rottweiler haben uns über Jahrhunderte auch durch unsere Stadtmauer erfolgreich gegen Eindringlinge schützen können. Und heute schaffen wir es immer noch effizient, potenzielle Kaufkraft vor den Toren und Brücken zu lassen. Und teilweise so weit davor, dass noch nicht einmal Saline und Nägelesgraben davon profitieren." Natürlich sei der Müller-Markt, der ins Neckar-Center einziehen wird, für Rottweil extrem wichtig. "Aber wegen diesem fährt niemand aus Villingen-Schwenningen, Tuttlingen, Schramberg oder Donaueschingen zu uns. Den haben die selbst."

Endorphin-Level steigern

Für Grimm ist klar: Der Einkauf in der Innenstadt sollte reine Freude machen. "Alles, was man kaufen muss, macht man vor der Mauer und danach rein durch’s Tor oder über die Hochbrücke zum Bummeln, Café trinken, essen, stöbern, anprobieren, entspannen, genießen, nicht denken müssen, abschalten."

Dafür aber brauche es ein großartiges Angebot an Dingen, "die man eigentlich nicht braucht: Mode, Lingerie, Schmuck, Sonnenbrillen, junge Labels, Designer, Accessoires, Lifestyle – und dazwischen eine handwerklich arbeitende Metzgerei, Kirchen, Museen und Galerien. Lauter Dinge, die die Sinne anregen und glücklich machen. Der Endorphin-Level innerhalb der Mauer muss hoch sein." Seiner Meinung nach ist Mode das einzige, was wirklich zieht – was an Metzingen, Breuningerland, Roppenheim, dem Wertheim-Village und Shoppingmall zu sehen ist. "Alle fahren hin und geben Geld aus. Für all die Dinge, die man eigentlich nicht wirklich braucht."

Die Suche nach großen Ketten sei in Rottweil gescheitert, aber die brauche man vielleicht auch nicht. Die Lösung für Rottweil könnte der Summe vieler kleinerer Läden liegen. "Eine Shoppingmall des guten Geschmacks. Das muss Rottweil werden", sagt Grimm. Dafür brauche man jedoch keine Wettbüros in der Innenstadt und auch keine "Dauerleerstände" wie den ehemaligen Juwelierladen Holland an der Kapellenkirche. Zur Entwicklung gehören seiner Ansicht nach auch Sortimentsüberschneidungen. Das kleingeistige Konkurrenzdenken muss weg."

Alle sind gefordert

So gelinge es auch, dass die Kurzbesucher der Stadt – immerhin 200 000 Besucher mehr seien es durch den Testturm – zuhause von Rottweil erzählen, wiederkommen "und andere heiß machen".

Grimm betont, dass die Geschäfte enorm zur Attraktivität der Innenstadt beitragen und diese beleben. "Sie müssen täglich um ihre Existenz kämpfen. Dafür braucht es Kunden." In Rottweil tue sich mit Turm, Hängebrücke, JVA und Landesgartenschau viel. "Die Verwaltung dreht gerne an den großen Rädern und die Nöte und Bedürfnisse des Innenstadthandels werden da leicht vergessen, verdrängt oder einfach nicht ausreichend beachtet", meint er. Hier seien alle gefordert – Bürger und Verwaltung.

Der GHV sei sehr engagiert, könne aber gar nicht alles leisten. Grimms klare Forderung: "Es braucht einen Macher." Ein City-Manager müsse dazu beitragen, dass alle "Händler-Instrumente" im Einklang spielen, sich um potenzielle Mieter für Leerstände kümmern, Hausbesitzer motivieren, Mieter zuzulassen und vieles mehr. Diese Person müsse beim Handel/GHV angesiedelt sein, nicht bei der Stadt.

Grimm appelliert an die Bürger, die Stadt zu unterstützen, damit sie nicht ausblutet. Von der Stadtverwaltung fordert er: "Unterstützen Sie Stadt, Handel und GHV maximal bei der Suche und beim Gehalt eines City-Managers. In und um Rottweil passiert jetzt und in den nächsten Jahren extrem viel. Wir sollten nicht riskieren, dass die Innenstadtstruktur da nicht mitkommt."