Wanderfreunde treffen sich vor dem Naturfreundehaus. So stellt sich der Verein die Nutzung des Hauses vor.Foto: privat Foto: Schwarzwälder Bote

Aufreger: Konflikt spitzt sich zu / "Billige Kneipe" statt Ruhe-Oase für Wanderer und Familien / Empörung in sozialen Netzwerken

Das Naturfreundehaus kommt nicht zur Ruhe. Verein und Pächter scheinen nicht zusammenzufinden. Der Interessenskonflikt führt zur nächsten Kündigung. Der Pächter war aber einen Schritt schneller.

Rottweil. Vorsitzende Gisela Burger bleibt erstaunlich sachlich. Hasstiraden würden vor allem über soziale Netzwerke über sie hereinbrechen, aber sie schlägt nicht zurück. Mit der Kündigung bewahre sie, was ihr die Vereinssatzung des Naturfreundehauses auferlegt habe, erklärt sie ruhig.

Maßgeblich sei, dass das Naturfreundehaus keine gewöhnliche Gastronomie sei, sondern ein Haus, das Menschen Ruhe und die Nähe zur Natur vermitteln möchte. Es sei eine Stätte der Erholung und der sinnvollen Freizeitgestaltung, geeignet als Ausflugsziel und Ausgangspunkt für Aktivitäten in der Natur. Diesem Ansporn müsse unabdingbar auch der Pächter gerecht werden, und eben dies sei dem Verein mit den vergangenen zwei Pächtern nicht gelungen, bedauerte Burger.

Den Gästen, die sich über die Kündigung empört äußerten, hält sie entgegen: "Sie dürfen gerne mitentscheiden, mitbestimmen, indem sie als Mitglieder bei uns eintreten. Aber dann haben sie auch die Pflicht, sich an unsere Satzung zu halten."

Freilich sehe sie auch die Pächterseite. Wisse, dass der Betrieb wirtschaftlich geführt werden muss. "Das muss und soll er auch, es geht um seine Existenz." Daher verstehe sie nicht, dass er sich als Selbstständiger nicht um die Absicherung im Krankheitsfall gekümmert habe. Aber noch weniger verstehe sie, dass er sich als Pächter nicht auf die Philosophie des Vereins habe einlassen können. Es müsse doch jedem Pächter klar sein, dass der Verein nicht ewig zuschaut, wenn das Naturfreundehaus ein Klientel anlockt, das völlig wider den Prinzipien laufe.

Es könne nicht sein, sagt Burger, dass die Mitglieder wegblicken, wenn sich die Gastronomie zusehends zu einer "billigen Kneipe" entwickele, während der Kinderspielplatz vor dem Haus verlottere. "Ich, wir tragen die Verantwortung für dieses Haus, und wir alle, acht Vorstände, waren uns einig, dass dem jetzigen Pächter die Kündigung ausgesprochen werden muss." Einen Kompromiss schließt Burger aus. Die Beleidigungen, die Kränkungen seien zu viel gewesen.

Dennoch blicke sie zuversichtlich in die Zukunft. Es werde ein Pächter gefunden, der seine wirtschaftlichen Ziele auch unter der Philosophie des Naturfreundehauses verwirklichen könne. Einen, mit dem es nicht zum Konflikt komme, wenn die Naturfreunde den 1. Mai gemeinsam mit der Deutschen Gewerkschaft beim Naturfreundehaus feiern wollten. "Das darf einfach nicht passieren." Die Naturfreunde wurden von Sozialisten gegründet. "Kulturelle, politische und gesellschaftliche Veranstaltungen finden im Naturfreundehaus statt", sei ausdrücklich in der Präambel festgehalten worden. Die Feier am 1. Mai sei für den Verein eine wesentliche Begegnung, und die habe der Pächter verhindern wollen.

Nun werde es erstmal ohne einen neuen Pächter weitergehen. "Wir lassen uns Zeit. Wir werden niemandem mehr einen Unterschlupf bieten", sagt Burger. Bis der Richtige gefunden sei, werde das Naturfreundehaus als Selbstversorgerhaus angeboten. Die Küche sei dafür bestens ausgestattet. Ein Mitarbeiter für die Organisation werde gesucht.

Der bisherige Pächter befindet sich derzeit im Krankenstand. Laut unserer Recherche bewarb er sich schon im Frühjahr beim Naturfreundehaus in Balingen, das der Landesverband verwaltet. Also vor der gegen ihn ausgesprochenen Kündigung. Dort sei er aufgrund der Berichte aus dem Rottweiler Verein abgewiesen worden. Unsere Fragen an ihn blieben leider unbeantwortet. Er war mehrere Tage nicht erreichbar.