Im alten Spital gibt es wie immer einen Besen. Manche Bewohner fahren deshalb übers Wochenende weg. Foto: Parage

Kneipe im Spital ist des einen Freud', des anderen Leid. Party als Herausforderung für Bewohner.

Rottweil - Überall in der Stadt werden Besen für den Narrentag aufgebaut, heute Abend öffnen sie ihre Pforten. Auch im alten Spital gibt es traditionell einen Besen, schließlich wird das "grauße Haus" schon im Rottweiler Narrenmarsch erwähnt, und die Rathaus-Spitze trifft sich dort im Regelfall am Schmotzigen. Der Besen im Spital ist also gesetzt. Doch des einen Freud’ ist des anderen Leid.

Im Spital sind nämlich offene Wohngruppen des Luisenheims, das zum Vinzenz-von-Paul-Hospital gehört, untergebracht. Dort sind junge psychisch Kranke und Suchtkranke zu Hause, 39 Bewohner sind es insgesamt. "Das ist eine große Einrichtung", sagt Jana Buschmann, die die Eingliederungshilfe im Luisenheim leitet. Die Fasnet und nun der Narrentag bedeuten eine Herausforderung.

Ausnahmesituation bis Dienstag: Gegessen wird von Papptellern

Eigentlich sei es paradox, meint Buschmann. "Mit der Abhängigkeitskrankheit muss man wirklich kämpfen." Jetzt allerdings räumen die Bewohner des alten Spitals quasi ihr Wohnzimmer, damit fremde Leute dort ausgelassen feiern und trinken können. Dabei seien schon der Geruch nach Kneipe und die leeren Flaschen im Haus eine Herausforderung. Auf der anderen Seite sagt Heimleiter Dietmar Herrmann, es sei ja Sinn und Zweck, die Bewohner in das Leben in der Stadt zu integrieren. Die Brauchtumspflege gehöre in Rottweil eben dazu.

Doch einfach ist das nicht. Denn eigentlich kochen und essen die 39 im Erdgeschoss zusammen, und es gibt Räume zur Freizeitgestaltung. Jetzt ist dort alles ausgeräumt. Seit Mittwoch wird das Essen angeliefert, und die Bewohner nehmen es in ihren Wohngruppen auf Papptellern zu sich. Erst am Dienstag herrscht im alten Spital wieder Normalbetrieb.

Um die suchtgefährdeten Bewohner nicht allzu sehr in Versuchung zu bringen, fahren einige heute zu einer Kurzfreizeit nach Untermarchtal und kommen erst am Sonntagabend zurück. Andere Bewohner verbringen das Wochenende bei ihren Familien. Manche bleiben aber im alten Spital.

Für die psychisch Kranken bedeuten Fasnetsveranstaltungen viel Stress. Jana Buschmann muss deshalb mehr Personal zur Betreuung einsetzen. Für sie sind der Narrentag und der Besen im Haus so ein "extrem heikles Thema".

Während der Fasnet haben die Bewohner in den vergangenen Jahren auch oft Tagesausflüge unternommen, erzählt Dietmar Herrmann. Dennoch: "Ganz auf null geht das Risiko nicht."