Rottweiler Fransenkleidle (von links), zwei Gschell und ein Biss sagen Zuschauern auf – ein wichtiger Bestandteil der Rottweiler Fasnet. Foto: Schnekenburger

Bei Viererbund-Treffen prägen fünf Programmpunkte die Veranstaltung. Am Sonntag großer Umzug durch Rottweil.

Rottweil - Die Stadt am oberen Neckar kann sich mit mancherlei Attributen schmücken. Sie ist die "älteste Stadt Baden-Württembergs", weil die römische Siedlung in Verbindung mit dem Datum 186 nach Christus als Stadt benannt wird, ist Justizstandort mit historisch hohem Renomee, Kulturstadt – und in diesen Zeiten ganz sicher eine Narrenstadt. Das Fastnachtsbrauchtum ist in Rottweil tief verwurzelt.

Stolz sind die Rottweiler auf ihre Narren und die alte Tradition, selig, wenn die Fasnet ins Haus steht. Die "höchschde Feierdäg", die höchsten Feiertage also, kündigen sich dann an. In diesem Jahr tun sie das gleich zweimal: Wenn am Fastnachtssonntag der Herold verkündet: "Mir hend a neie Obrigkeit!", entlädt sich die Vorfreude in einem kollektiven Juchzger. Bereits am kommenden Wochenende ist aber Narrentag des "Viererbunds" in Rottweil. Das bedeutet viel Fasnet, auch aus den anderen drei Städten, und viel Begegnung zwischen Freunden.

Hinter den Kulissen laufen längst die Vorbereitungen. Nicht nur für die Organisation des Narrentags, der alle drei oder vier Jahre abwechselnd in Überlingen, Oberndorf, Elzach und eben Rottweil veranstaltet wird. Jenen vier Städten, deren Narrenzünfte Anfang (Rottweil, Elzach und Überlingen) beziehungsweise Ende der 50er-Jahre der Vereinigung Schwäbisch-Alemannischer Narrenzünfte den Rücken gekehrt haben.

Programm vereint Elemente der Fasnet aus allen vier Städten, was sich bei den Umzügen als nicht einfach erweist

Schon lange kriselte es im großen Zusammenschluss. Gerade die Traditionszünfte, auch Villingen, das einst den Anstoß zur Gründung der Vereinigung gegeben hatte, gehört dazu, sahen das Brauchtum in Gefahr. Man bemängelte, was alles als "historisch" bezeichnet werde, sah die Fasnet in der Inflation von Narrentreffen und der zunehmenden Präsenz des Karnevals in Schwaben und Baden gefährdet. Bereits vor dem Zweiten Weltkrieg standen die "Rebellenzünfte" kurz vor dem Bruch mit der Vereinigung.

Nach dem Austritt schlossen sich die Narrenzünfte aus Rottweil, Elzach und Überlingen zum "Dreierbund" zusammen. Die Villinger zogen sich hinter ihre Stadtmauer zurück. Die Narrenzunft Oberndorf stieß 1963 zum Dreierbund. Damit war der Viererbund geboren, ein Zusammenschluss von Narren aus Städten mit langer Fasnetstradition und strengem Brauchtum.

In diesen Städten ist die Fasnet lange vor dem jeweiligen Kalendereintrag Thema. In Rottweil ohnehin. Fasnet ist immerhin die Zeit, in der die Narren von ihrem Rügerecht Gebrauch machen dürfen. Allerdings sollten sie es nach dem Motto der Zunft, "Jedem zur Freud’, niemand zu Leid" tun. Nicht ohne Grund ist der Spiegel zwingend Teil bei den Kleidern einiger Rottweiler Narrentypen.

Und nebenbei: Wenn in der Hauptkirche an Stuhlwangen Darstellungen wie Hahnenreiter oder Narrenmutter zu entdecken sind, wenn Konsolsteine aus dem ausgehenden 15. Jahrhundert eine spannende Beziehung zwischen Narr, Teufel und Tod darstellen, deutet das schon auf eine Verortung von Fastnacht hin, die über das, was man vielleicht als Durchschnitt bezeichnen könnte, hinausgeht. Deshalb bereiten sich die Narren sorgfältig darauf vor.

Wenn Narrentag ist, geschieht etwas, das es sonst seit den 60er-Jahren nicht mehr gibt: Andere Narren sind zu Gast in den Städten. Die Termine sind rar, alle drei oder vier Jahre ein Narrentag bedeutet mindestens ein Dutzend Jahre, bis man die Freunde daheim wieder willkommen heißen kann. Solche Jahre sind dann natürlich emotional besonders aufgeladen, obwohl natürlich nur ein Teil des jeweiligen Brauchtums gefeiert werden kann.

Viererbund der Zünfte versucht, die "gleichen Werte" an kommende Generationen weiterzugeben

Das Programm des Narrentags vereint Elemente der Fasnet aus allen vier Städten, was sich bei den Umzügen bereits als nicht einfach erweist: Überlinger Hänsele und Elzacher Schuttig fühlen sich als Nachtnarren beim Fackelumzug besonders wohl, die Rottweiler Narren, die es gewohnt sind, das Betzeitläuten um 18  Uhr als Aufforderung zur Demaskierung zu interpretieren ebenso die Oberndorfer, die auch Tagnarren sind, haben damit eher Schwierigkeiten. Beim Umzug am Narrentag-Sonntag spielt das freilich keine Rolle mehr.

Die Vorfreude erklärt sich aber noch aus einem weiteren Grund: Es geht beim Narrentag nicht nur um die Zusammenführung der Narren und eines Teils der Fasnetsbräuche im Viererbund, sondern auch um Begegnung. Narrenmeister Christoph Bechtold verbindet mit dem Viererbund "Freundschaft und Leidenschaft". Dies sei es, was den Bund zusammenhalte. "Wir stehen auch für die gleichen Werte und versuchen, diese den kommenden Generationen weiterzugeben", erklärt er. Deshalb sei der Viererbund weniger ein "Bund" zwischen den Zünften, vielmehr bestehe er aus zahlreichen freundschaftlichen Banden zwischen den Mitgliedern der vier Zünfte.

Vier Jahre Vorbereitungen liegen hinter Bechtold und seinem Team. Trotz aller Anspannung und aller Aufgaben rechnet er damit, dass der Narrentag auch für die Verantwortlichen ein Genuss wird und sie mit ihren Freunden vom Viererbund "hoffentlich ein rauschendes Fest feiern können".

4000 Narren und 20.000 Zuschauer erwartet die Zunft am 21./22. Januar in Rottweil. Fünf Programmpunkte prägen die Veranstaltung: das Narrenbaumstellen am Samstag, 11 Uhr, ist auch die Eröffnung. Ein Höhepunkt wird um 19 Uhr der Sternlauf sein, der Narren aller vier Zünfte zusammenbringt und in einem Feuer der Schuttig auf der Hauptstraßenkreuzung mitten in der Stadt mündet.

Mit einem Gottesdienst, der Narrenmesse um 9.30 Uhr, beginnt der Sonntag. Anschließend, gegen 11 Uhr, geben die Stadtkapellen aus Elzach, Oberndorf, Rottweil und Überlingen ein Konzert. Den Abschluss findet der Narrentag um 14 Uhr in einem großen Umzug. Flankierend zum Narrentag gibt es Ausstellungen unter dem Motto "Vierfalt": In zwei Museen, im Rottweiler Forum Kunst und rund 60 Schaufenstern sind Narrenbücher zu sehen.