Der Parkplatz an der Stadthalle: Hier soll es zur Fahrerflucht gekommen sein. (Archiv) Foto: Otto

Beim Ausparken Auto touchiert. Angeklagter bestreitet Tat. Fortsetzung folgt.

Rottweil - Wenn ein 65-jähriger Mediziner aus Singen mit grauem Haar die Abiturfeier einer Bekannten in Rottweil besucht, wie am Abend des 13. Juli 2019 - es war ein Samstag - geschehen, kann er etwas erzählen. Oder er muss etwas erzählen: vor dem Amtsgericht.

Angeklagt wegen des unerlaubten Entfernens vom Tatort, nachdem mit seinem Auto beim Ausparken ein anderes Auto nachhaltig touchiert wurde (der Schaden betrug 1128,12 Euro; bezahlt zwischenzeitlich von der Versicherung), steht er mit seinem Anwalt vor Justitia.

Der Unfall geschah auf dem Parkplatz vor der Stadthalle. Doch er, so seine Aussage, sei es nicht gewesen. Er könne gar nicht zu diesem Zeitpunkt hinter dem Lenkrad gesessen sein, da er zwischenzeitlich mit dem Zug nach Singen gefahren sei.

Wer ist gefahren?

Grob zusammengefasst, sei sein Abend wie folgt verlaufen. Er kam gegen 19 Uhr als einer der letzten Gäste in Rottweil an, weil er von der Arbeit mit seinem Auto von Singen über Trossingen gefahren sei, um weitere Bekannte mitzunehmen. Zu viert saßen sie im Wagen. Zwischen 20 und 21 Uhr habe er dann einen Anruf eines Patienten erhalten, der dringend seine Hilfe benötigt habe.

Deshalb sei er mit dem Zug von Rottweil nach Singen gefahren. Dies sei schneller gewesen; wegen diverser Baustellen auf der Autobahn im Bereich Trossingen und Geisingen habe man vor einem knappen Jahr mit eineinhalb bis zwei Stunden Fahrtzeit rechnen müssen. Zum Bahnhof habe ihn in seinem Auto ein Bekannter gefahren. Mit dabei sei außerdem die ortskundige Abiturientin gewesen. In Singen angekommen, habe er in seiner Praxis den Patienten behandelt. Dies bestätigt jener, der als Zeuge vernommen wird.

Von dem Unfall habe er erst durch die Polizei erfahren, die ihn am 14. August vernommen habe. Er habe einen unaufgeregten Eindruck gemacht, sagt der Kommissar vor Gericht.

Lediglich Kratzer festgestellt

Sein Auto benutzen dürfen alle, die es benötigen, sagt der Angeklagte. "Ich bin nicht so verheiratet mit ihm, wie manche Schwaben es sind." Am Heck des Fahrzeugs des Angeklagten seien keine frischen Beschädigungen festgestellt worden, so die Polizei. Lediglich Kratzer ringsum.

Die polizeilichen Ermittlungen ins Rollen gebracht hat der Anruf eines nun 19-jährigen Zeugen, der mit seinem gleichaltrigen Kumpel zur fraglichen Zeit in einem Auto unweit des Tatorts saß. Sie hätten damals gequatscht und wollten mit Bekannten zur Nachabiturballfeier an den Bahnhof fahren.

Plötzlich habe es einen Knall gegeben, berichten beide. Ein älterer Mann sei ausgestiegen, habe das Auto angeschaut, sei wieder eingestiegen. Sie beide hätten ihn gesehen, und er sie. Einer von beide hat sich das Autokennzeichen notiert. Dann seien sie fortgefahren, aber beim Aquasol-Parkplatz haben sie angehalten, um die Lage zu beobachten. Sie sahen, dass der Mann fortgefahren sei. Dann riefen sie die Polizei an.

Verhandlung wird fortgesetzt

Beide beschreiben den Fahrer als einen älteren Mann, etwa 60 bis 70 Jahre, mit weiß-grauen Haaren und einem unrunden Gang, der allein im Fahrzeug gesessen sei. Genaueres konnten sie wegen der Entfernung (zehn bis 15 Meter) und den Lichtverhältnissen (es wurde Nacht) nicht sagen und können sich nach fast zehn Monaten auch nicht mehr haarklein erinnern.

Mit dem Bekannten des Angeklagten, der ihn zum Bahnhof gefahren und sein Auto zurück zur Stadthalle, habe er, so der Mediziner, das letzte Mal im November Kontakt gehabt. Überwiegend wohne dieser in Florida, und er habe im Frühjahr vorgehabt, zu einer Tour in Amerika aufzubrechen. Sein Bekannter sei zehn Jahre älter und etwas schlanker als er, und er hinke etwas.

Weil Staatsanwaltschaft und Gericht für ein genaues Bild dieses Falles die Aussage der Abiturientin fehlt, die für beide überraschenderweise, so der Eindruck im Gerichtssaal, die Feier verlassen und zum Bahnhof mitgefahren ist, wird die Verhandlung fortgesetzt. Termin ist der kommende Donnerstag.