Eine Münchner Hebamme ist wegen des Verdachts auf vierfachen Mordversuch im Kreißsaal des Klinikums Großhadernverhaftet worden. Sie soll Müttern bei Kaiserschnitt-Geburten blutverdünnende Mittel gespritzt haben. Foto: Warmuth

Vor drei Jahren stand Tuttlinger Krankenschwester in Rottweil vor Gericht. Auffällige Parallelen zu Münchner Fall.

Rottweil/München - Eine Hebamme in München soll werdenden Müttern Heparin verabreicht haben. Vor drei Jahren verhandelte das Landgericht Rottweil in einem ähnlichen Fall.

Auch im Fall in der bayrischen Landeshauptstadt wird eine Krankenhausangestellte verdächtigt, Patienten in lebensbedrohender Weise mit Heparin behandelt zu haben. Heparin wird, laut Jürgen Mehl, leitender Oberarzt in der Heliosklinik für Anästhesie und Intensivmedizin, in Krankenhäuser jeden Tag benötigt. Insbesondere Menschen, die länger liegen müssen, werde das blutgerinnungshemmende Mittel verabreicht, um Thrombosen vorzubeugen. Daher sei es auch leicht zugänglich, und niemand bemerke, "wenn einige Ampullen fehlen".

Komme es während einer Operation zu starken Blutungen, kämpfe das Team dagegen an. Doch niemand würde vermuten, dass die Blutungen auf die Beigabe von Heparin zurückzuführen sind. "Krankenschwestern und Hebammen sind Menschen die heilen und helfen. Wer soll da an ein heimtückisches Verhalten denken?" fragt sich der Oberarzt.

Dennoch soll eine Münchner Hebamme Frauen vor dem Kaiserschnitt das Heparin verabreicht, und einem Bericht der "Bild"-Zeitung zufolge, schon früher in einer anderen Klinik mit einem nicht indizierten Medikament eine Mutter in Gefahr gebracht haben.

Wer die Gerichtsverhandlung in Rottweil vor drei Jahren verfolgte, dem springen die Parallelen ins Auge. Damals wurde einer Krankenschwester die Heparingabe vorgeworfen. Auch ihr lastete bereits ein früherer Vorwurf an. Zwei Jahre vor Prozessbeginn war sie zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden, nachdem sie gestanden hatte, einem Patienten in einer anderen Klinik das atemlähmende Medikament Succinyl gespritzt zu haben.

Beim Heparin-Prozess am Landgericht Rottweil waren die Opfer indes keine Mütter, sondern drei in einer Tuttlinger Klinik sich zu Behandlungen aufhaltende ältere Männer. Und die Anklage lautete nicht, wie in München, auf versuchten Mord, sondern auf Mord. Die drei Männer wurden kurz nacheinander operiert. Zwei von ihnen starben an massiven Blutverlusten, einer konnte gerettet werden. Aber wohl nur deshalb, weil ein Arzt angesichts der vorhergehenden Todesfälle ein Gegenmittel verabreicht hatte. Noch eine weitere Parallele ist auffällig. Beiden, sowohl der Hebamme wie auch der Krankenschwester wurden von den Arbeitgebern hervorragende Arbeit attestiert. Ein Tatmotiv für das Vorgehen konnte damals nicht gefunden werden, auch die Beweiskette reichte nicht für eine Verurteilung aus. Zwar wurde während des langwierigen Indizienprozesses bestätigt, dass bei allen drei Fällen Heparin verabreicht wurde. Es konnte auch nachgewiesen werden, dass die Tuttlinger Krankenschwester bei jeder Operation räumlich zugegen war.

Auch die Münchner Hebamme streitet die Vorwürfe ab. Ob dies auch in diesem Fall in einem Freispruch mündet, muss abgewartet werden.