Franz-Peter Pill mit seinem "Ausgehbart". Im Wettkampf ist der Oberlippenbart in der Kategorie "Naturale" nämlich nicht gestylt. Foto: Schönfelder

Franz-Peter Pill aus Neufra nimmt mit seinem Bart an Europa- und Weltmeisterschaften teil.

Rottweil-Neufra - Die meisten denken bei Welt- und Europameisterschaften vielleicht an Bälle, Hürden oder Schläger. Einige denken an Haare – sehr viele Haare. Wie im Gesicht von Franz-Peter Pill aus Neufra.

 

Barttragen als Leistungssport! Was zunächst, sagen wir mal, etwas befremdlich klingt, hat Pill drei Weltmeister-, sechs Europa- und sieben Internationale Deutsche Meistertitel eingebracht. Mit seinem mächtigen "Vollbart naturale Garibaldi", benannt nach dem italienischen Freiheitshelden, sieht der 53-Jährige tatsächlich imposant aus, und wenn man sich an die Faustregel hält, dass ein Bart pro Jahr eine Handbreit wächst, kann man nur ahnen, wie viel Geduld im Gesichtsschmuck steckt.

Angefangen hat alles im Jahr 1996 beim Stadtfest in Schömberg. Damals gab es einen Bartwettbewerb für Jedermann, und er gewann auf Anhieb. Er erhielt eine Urkunde und ein Jahr Ehrenmitgliedschaft im Schwäbischen Bart- und Schnauzerclub mit Sitz eben in Schömberg.

"Ich hab eigentlich immer einen Vollbart getragen, aber seit diesem Wettbewerb habe ich ihn wachsen lassen", so Pill. Und natürlich ist der Bart nicht ununterbrochen gewachsen, sondern wird gehegt und gepflegt und regelmäßig gestutzt. Allerdings ist die Vorstellung falsch, der Weltmeister liege nachts etwa mit Lockenwicklern im Bart im Bett. "Etwas Shampoo und vorsichtig föhnen, dazu ab und zu eine Spülung" genüge, so Pill, und alle zwei Monate schneidet er den Bart selbst mit der Schere in Form. "Bei diesen elektrischen Bartschneidern fehlt mir das Gefühl", räumt er ein, also ist alles Handarbeit. Kein Geheimnis, alles Natur, das "Training" hält sich in Grenzen.

Wenn Pill privat ausgeht, stylt er den Schnauzbart zusätzlich mit etwas Haarlack, was im Wettkampf verboten ist. Das wäre dann kein echter "Naturale" mehr und das bedeutet Punktabzug. Bei den diversen Meisterschaften ist Pill für seinen Verein eine sichere Bank, wenn da nicht sein ewiger Konkurrent Fritz Sendelhofer aus Österreich wäre, der ihm bereits öfter den Titel weggeschnappt hat. Pill nimmt es sportlich, beim nächsten Mal hat er den Bart, pardon, die Nase wieder vorn. Wie jetzt in Bad Schussenried, als er über die Konkurrenz hinauswuchs und Internationaler Deutscher Meister wurde. Wieder einmal.

Bartweltmeister sind geduldige Menschen. Es dauert Wochen, bis der Bart nennenswert gewachsen ist. Seit einem Jahrzehnt trotzt Pill jeder Modewelle. Ob die Mode den coolen Drei-Tage-Bart oder glatt rasiert diktierte, Pill blieb stets beim Garibaldi. Im Augenblick ist er im wahren Wortsinn "gut in Form", seine ideale "Wettkampflänge" beträgt 17 Zentimeter. Obwohl die Länge auch hier nicht entscheidend ist.

Seine Erfolge füllen einen ganzen Ordner

Im Wettbewerb tritt er als Schiffs-Kapitän auf, um die Schönheit des Bartes zu unterstreichen. In anderen der insgesamt 17 Wettkampf-Kategorien sieht man Musketiere, Trachenträger oder preußische Offiziere. "Eigentlich darf nur der Bart bewertet werden, aber das Kostüm wird eben auch gesehen", sagt Pill.

Seine Erfolge füllen einen ganzen Ordner. Wettbewerbe, Presseberichte, alte Fotos. Versonnen blättert er hin und her.

Allerdings ist der prächtige Bart für viele Zeitgenossen gewöhnungsbedürftig. "Man wird schon über den Bart angeschaut", hat er festgestellt. Und manche Kinder haben sogar Angst vor ihm.

Immerhin ist er durch den Bart viel herumgekommen. Nicht nur in den hohen Norden Deutschlands führte sein Weg, ganz Europa hat er besucht, selbst in die Vereinigten Staaten wurde er eingeladen. "In England hatten wir bei einem Wettbewerb einmal 3000 Zuschauer." Auch der Bartclub tritt regelmäßig bei Volks- und Stadtfesten auf. "Früher hatten wir sogar eine Tanznummer", schmunzelt Pill. Seine Frau Charlotte unterstützt ihn bei den Wettbewerben. Sie erledigt Organisatorisches und begleitet ihn zu den Wettkämpfen. Und sie ist stolz: "Wenn er da oben steht, dann stellt er was dar." Vielleicht ist ihre Meinung etwas subjektiv, aber in ihren Augen, so strahlt sie, "sieht er schon am besten aus."

Etwas stimmt Pill allerdings traurig. Der Bartwettkampf ist wohl eher etwas für den gesetzten Herrn. Es fehlt halt der "Nachwuchs". Bei den Herren mit dem prächtigen Gesichtsschmuck "wächst eben zu wenig nach".