Kann das "Gasthaus zur Flasche" durch bürgerschaftliches Engagement gerettet werden? Foto: Grüne

Grüne beleuchten neue touristische Magnete. Künftig sollen "Zufallsbürger" mitwirken.

Rottweil - Noch 2012 erforschte die Stadt in ihrem Tourismusleitbild, wie sie als "älteste Stadt Baden-Württembergs" im touristischen Wettbewerb an Attraktivität gewinnt. Und in der Testturm-Jetztzeit wird es etlichen touristisch schon zu viel. Droht mit der Hängebrücke nun gar ein "Overtourismus"?

Ganz so weit mochten Rottweils Grüne in ihrer letzten Sitzung laut eigener Aussage nicht gehen – auch wenn sie solche Sorgen durchaus nachvollzögen. Doch der Andrang zur Hängebrücke findet seine tages- und jahreszeitlichen sowie witterungsbedingten Ruhepausen, sind sie sich sicher. Obwohl die Hängebrücke in grünen Reihen nicht allseits Beifall finde, mochte keiner der Vorstände und Gemeinderäte am Ergebnis des Bürgerentscheids rütteln, heißt es in einer Pressemitteilung. Es sei eindeutig und verbindlich. Der Blick richte sich nach vorn, und die Stadt müsse regulierende Leitplanken setzen.

Vorstandssprecher Jörg Hügel plädierte für ein aktualisiertes Tourismuskonzept, das "Raum bietet für neue Entwicklungen". Einig war sich die Runde, dass Rottweil sich am sanften Qualitätstourismus orientieren soll: mit Stadtbild, Kultur, Geschichte und Schönheiten von Natur und Landschaft als Nahrung für Geist und Sinne – verbunden mit körperlichen Aktivitäten wie wandern, radeln, baden, saunieren, klettern. "Auf jeden Fall: Rottweil taugt nicht für Schund oder Ballermann.", so die Grünen.

Ob der Einzelhandel mit wachsendem Tourismus einen kräftigen Schub erhält, wie erhofft – da regten sich doch Zweifel. Wer schleppe schon gerne volle Tragetaschen zurück über die Hängebrücke. Doch Ingeborg Gekle-Maier rechnet auch hier mit Chancen: "Ein gehobenes Sortiment – etwa im Kunsthandwerk – kann Besucher ansprechen." Viel Potenzial schlummere hingegen in der Gastronomie. Erfreut registrierte die Ökopartei, dass sich im kernstädtischen Hotelgewerbe endlich eine Entwicklung ohne Tiefgarage oder Parkplätze am Eingang abzeichnet. Und Hubert Nowack fände es eine tolle Sache, wenn über bürgerschaftliches Engagement das traditionelle "Gasthaus zur Flasche" aus seinem Dornröschenschlaf erwacht.

Bei allem touristischen Stress, sollten Rottw eiler fairerweise nicht verdrängen, dass sie auch ihrerseits touristisch unterwegs sind und auswärtige Gesichter die Stadt auch beleben. Doch damit die Gastfreundschaft nicht kippt, ist es den Ortsgrünen wichtig, die Bürgerschaft weiter in alle Weichenstellungen einzubeziehen. In der Frage der Bürgerbeteiligung warb Frank Sucker fürs Mitwirken von "Zufallsbürgern", nach dem Zufallsprinzip ausgewählt, werden diese dann persönlich eingeladen, wie ansatzweise schon in der Dialoggruppe Hängebrücke praktiziert.

Eine Wertschätzung von Zufallsbürgern unterstreiche, dass ernsthaft ums Gemeinwohl gerungen wird, und nicht durchsetzungsstarke Eliten die Geschicke der Stadt lenken. Die Ortsgrünen wünschen sich, dass das Modell der Zufallsbürger in den künftigen Leitfaden zur Bürgerbeteiligung einfließt. In ihrer Pressemitteilung schreiben die Grünen abschließend, dass sie selbst vorhaben, diese Idee in ihren Grünen Stammtischen zu erproben.

Weitere Informationen: beteiligungsportal.baden-wuerttemberg.de/de/informieren/methoden/zufallsauswahl/