Ibolya Fetti ist Assistenzärztin in Rottweil / Sprachbarriere ein großes Problem / Kulturgut über Videos angeeignet

Von Sarah Vinci

Kreis Rottweil. Die Zelte abbrechen und in einem fremden Land neu anfangen. So geht es vielen Ärzten, die aus dem Ausland an deutsche Kliniken kommen. Ibolya Fetti erzählt von ihren Erfahrungen als Assistenzärztin an der Rottweiler Helios-Klinik.

Die Warteräume sind überfüllt, die Behandlungszimmer platzen aus allen Nähten, und es herrscht Fachkräftemangel. Das ist der Alltag an deutschen Krankenhäusern. Auch die Rottweiler Helios-Klinik ist da keine Ausnahme. Allerdings besetzt die Krankenhausleitung die offenen Stellen seit einigen Jahren auch mit Kräften aus dem Ausland.

Wie kommen Ärzte aus dem Ausland mit der deutschen Arbeitsweise und der fremden Kultur klar? Welche kulturellen Hindernisse müssen sie überwinden, und wie reagieren die Patienten auf die ausländischen Mediziner? Ibolya Fetti, Ärztin an der Rottweiler Helios-Klinik, schildert im Gespräch mit unserer Zeitung ihre Erfahrungen.. Bevor wir zum eigentlichen Thema kommen, möchte sie mir zuerst von ihrer Motivation, Ärztin zu werden, erzählen. "Das ist wichtig", betont sie. "Wir hatten kein Brot", erzählt die 28-Jährige.

Die gebürtige Ungarin ist in Rumänien aufgewachsen und stammt aus ärmlichen Verhältnissen. Zu Weihnachten beispielsweise habe sie von diversen Hilfsorganisationen ein Päckchen, unter anderem mit Süßigkeiten, erhalten. Das sei für sie immer das Größte gewesen. Schnell sei ihr klar geworden, dass sie, wenn sie einmal groß ist, armen Menschen, besonders Kindern, helfen wolle. Dass sie einmal Ärztin werden wolle sei ihr ebenfalls schon in jungen Jahren klar gewesen.

Finanzielle Unterstützung konnte sie für ihren Plan von ihren Eltern nicht erwarten. Deshalb habe sie bereits ab der sechsten Klasse angefangen zu arbeiten, um sich einmal ein Studium leisten zu können. "Mein Traum ist wahr geworden", sagt Fetti und lächelt dabei.

An ihrer Rottweiler Arbeitsstelle verdient sie als Ärztin deutlich besser als in Rumänien. In ihrer Heimat bekomme ein Mediziner am Anfang seiner Karriere 200 bis 300 Euro im Monat. Heute unterstütze sie regelmäßig soziale Projekte in Rumänien, erzählt Ibolya Fetti.

Im Januar 2012 zog sie mit ihrer Familie nach Deutschland. Der Grund: eine Stelle als Assistenzärztin in der Rottweiler Klinik. Die 28-Jährige macht ihren Facharzt in Viszeralchirurgie – das dauert noch drei Jahre. Danach sei sie Expertin für operative Behandlungen der Bauchorgane.

Mittlerweile habe sie sich integriert und sei in ihrer neuen Heimat angekommen. Die vierfache Mutter erinnert sich aber auch an andere Zeiten: So sei die Wohnungssuche zu Beginn ein großes Problem gewesen. Obwohl sie und ihr Mann Akademiker sind, habe man an sie dennoch keine Wohnung vermieten wollen. "Die hören den Akzent, und dann ist schon fertig", erklärt sie. Anderen ausländischen Kollegen sei es ähnlich ergangen.

Einen Deutschkurs habe sie schon in Rumänien besucht – dieser sei auch Pflicht gewesen, um die Stelle anzutreten. An der Klinik habe sie dann noch an einem Kommunikationskurs teilgenommen, in dem auch der Umgang mit den Patienten im Mittelpunkt gestanden habe.

Das größte Problem am Anfang sei die Sprachbarriere gewesen, erzählt sie. Allerdings seien ihr die deutschen Kollegen zur Seite gestanden. Von Günther Fuchs, Chefarzt der Chirurgie und Viszeralchirurgie, lerne sie besonders viel. "Mein Vorbild ist mein Chefarzt", erklärt sie.

Auf der anderen Seite bestehe das sprachliche Problem auch auf Patientenseite, erklärt Andrea Schmider, Pressereferentin der Helios-Klinik. Denn viele Patienten seien Ausländer, die kaum deutsch sprechen. Da sei es von Vorteil, wenn das ausländische Personal kurzerhand als Übersetzer einspringen könne. Nach Angaben der Klinik arbeiten derzeit 21 Ärzte und sechs Pflegekräfte aus dem Ausland im Rottweiler Krankenhaus.

Brüske Ablehnung habe die Assistenzärztin durch Patienten kaum erfahren. "In drei Jahren dreimal", sagt Fetti. Ein weiteres Hindernis seien die fehlenden Kenntnisse über die deutsche Kultur gewesen. "Was ist eine Schultüte, und was ist da drin?", witzelt sie beispielsweise.

Einen großen Teil in Sachen Kultur und Bräuche habe sie sich über Videos im Internet angeeignet. So habe sie unter anderem alles über das Weihnachtsessen und dessen Zutaten erfahren. Ihr Ziel sei es, irgendwann einmal, wenn ihre Kinder groß sind, als Missionarin nach Südamerika zu gehen, um zu helfen, zeigt sie sich auch über das Gastspiel in Deutschland hinaus sehr ambitioniert.