Der Chor der Predigerkirche bei der Probe für die Marienvesper. Foto: Siegmeier

Chor der Predigerkirche führt am 29. November Marienvesper von Claudio Monteverdi auf.

Rottweil - Ausgerechnet der Chor der evangelischen Predigerkirche studiert eine Marienvesper ein. Rottweiler Protestanten und Maria? Ja, das passt. Denn bald soll die Madonna von der Augenwende vom Münster ins evangelische Gotteshaus umziehen.

"Die Marienvesper von Claudio Monteverdi hat mich schon seit meiner Jugend begeistert. Das Werk schien allerdings immer unerreichbar", schwärmt Johannes Vöhringer, Kirchenmusikdirektor der evangelischen Kirchengemeinde und Leiter des Chors der Predigerkirche, von der Marienvesper des berühmten Komponisten.

Am ersten Advent erklingt die Marienvesper in der Rottweiler Predigerkirche – ein Konzerterlebnis der besonderen Art. Dass ein evangelischer Chor sich näher mit der Maria beschäftigt, dürfte zunächst verwundern. "Maria bringt uns in Bewegung" ist hier das Stichwort. Unter diesem Arbeitstitel nämlich beschäftigen sich die evangelische und katholische Kirchengemeinde Rottweils seit geraumer Zeit damit, ein "ökumenisches" Marienverständnis zu erarbeiten.

90 Sänger bereiten sich seit Januar auf das Konzert vor

Grund dafür ist freilich die geplante Translokation – was so viel heißt wie Umzug – der Madonna von der Augenwende vom Münster in die Predigerkirche, wo sie einst stand. Wegen der Münsterrenovierung soll die Maria an ihrem einstigen "Wirkungsort" in der Predigerkirche unterkommen. Dies war Anlass für Johannes Vöhringer Monteverdis sakrales Meisterwerk in den Fokus zu rücken. "Wenn nicht jetzt, wann dann?", fragt er schmunzelnd.

Seit Januar bereiten sich die 90 Sänger auf das Konzert vor. Die Marienvesper – keine leichte musikalische Kost. Die Komposition enthält vom vierstimmigen Satz bis zum zehnstimmigen Doppelchor verschiedenste Ensembles.

Die Konzertbesucher dürfen sich auf strahlende Klänge, mitreißende Rhythmen, Echowirkungen und virtuose Solopassagen freuen. "Und es gibt unheimlich schöne Harmonien, da geht einem das Herz auf", schwärmt Vöhringer und sagt, dass die Marienvesper noch nie von einem Rottweiler Chor aufgeführt worden sei. Eine Premiere also.

Wie ein Leuchtturm steht Monteverdis Marienvesper an der Schwelle zwischen Renaissance und Barock. Er läutet mit seiner Musik ein ganz neues Zeitalter ein, und Johann Sebastian Bach gilt gut 100 Jahre später als Vollender dieser Epoche, in der so viele großartige, kirchenmusikalische Werke entstanden sind.

"Die Einstudierung der Marienvesper ist eine große Herausforderung und eine große Chance, mich mit dem Marienbild intensiv auseinanderzusetzen", so Johannes Vöhringer.

Martin Lubenow erläutert in Vortrag die Hintergründe

In Mantua komponierte Monteverdi 1610 sein bekanntestes geistliches Werk, die Marienvesper, deren Entstehungsgeschichte aber weitgehend im Dunkeln liegt. Für den herzoglichen Hof gab es dafür keine Verwendung. Und in der Tat dachte Monteverdi wohl schon länger daran, sich beruflich zu verändern, denn die zahlreichen Verpflichtungen seines Amtes zehrten an ihm.

Mit einer Art "Bewerbungsmappe", die die Marienvesper enthielt, wollte er sich Papst Paul V. empfehlen. Mit einer Anstellung in Rom wurde es allerdings nichts. Der Tod seiner Frau traf Monteverdi tief, und mit dem Tod des Herzogs wurde Monteverdi in Mantua entlassen, da der Nachfolger wenig Sinn für Musik hatte.

Die Marienvesper erklingt am Sonntag, 29. November, ab 17 Uhr in der Predigerkirche. Es musizieren der Chor der Predigerkirche, das Ensemble Musiche Varie, die Solisten Monika Mauch, Annemei Blessing-Leyhausen, Achim Schulz, Daniel Schreiber und Thomas Scharr. Die Leitung hat Johannes Vöhringer.

Karten für das Konzert gibt es im Vorverkauf ab dem 10. November in der Tourist-Information und im Buchladen Kolb. Am Freitag, 13. November, gibt es ab 20 Uhr einen Einführungsvortrag mit Martin Lubenow zu dem Werk. Er findet im evangelischen Gemeindehaus in der Johanniterstraße 30 statt.