Die Vorstandsmitglieder Dominik Bäuerle, Matthias Schmutz und Florian Stammler (von links) sorgen sich um die mageren Finanzen des Stadtjugendrings. Foto: Schütz

Sie wollen, aber können nicht: Rottweiler Stadtjugendring hat unzählige Ideen, nur kein Geld zur Umsetzung.

Rottweil - Von wegen faul und inaktiv: Der Rottweiler Stadtjugendring sprudelt vor Ideen, die er nicht umsetzen kann. An Wille und Motivation mangelt es dabei nicht. Dem Verein fehlt vor allem eins: Geld.

Es ist noch nicht lange her, dass Oberbürgermeister Ralf Broß im Rahmen der jugendlichen Umtriebe in der Mainacht (wir berichteten) bestätigte, dass der Stadtjugendring (StJR) in den 80er-Jahren aktiver gewesen sei. Damit hatte er zwar durchaus Recht, doch seine Aussage erweckte beim heutigen StJR ein wenig den Eindruck, er bestehe in den Augen der Öffentlichkeit aus einem antriebslosen Haufen, der nicht viel auf die Beine stellen wolle oder würde.

Mitnichten sei das so, stellt Dominik Bäuerle vom Vereinsvorstand klar: "Wir sind sehr wohl aktiv – die Jugendlichen, die ins Parkhaus kommen, wollen ja was machen, die haben Bock ohne Ende." Kassierer Matthias Schmutz wirft ein: "Wir haben Tausende von Ideen. Eine Woche Segeln, Skiausfahrten, Zeltlager, per Billigflug ab nach London. Wir wollen ohne Ende. Auch den Jugendraum wollen wir gestalten." Bäuerle fügt fast schon ein wenig verzweifelt hinzu: "Wir haben hier schon Luftschlösser reingebaut, größer als Neuschwanstein."

Aber woran hakt die Umsetzung dann, wenn doch soviel Wille da ist? "Wir wollen, aber wir können nicht", sagt Bäuerle resigniert. "Wir haben nämlich kein Geld." Der Stadtjugendring müsse sich abrackern, um überhaupt zu überleben. Risikoveranstaltungen gebe es überhaupt keine mehr, erklärt Schmutz, inzwischen müsste man sich sicher sein können, dass die Veranstaltungen kein Loch in die Kasse reißen: "Eigentlich wirtschaften wir nur dem Raum hinterher", fasst Florian Stammler zusammen. Schulden und Rechnungen machen ihnen zu schaffen, obwohl die Stadt Rottweil ihnen die komplette Miete von etwa 6000 Euro jährlich erstattet. Doch schon Strom und Dinge wie Hygieneartikel kosten Geld, das der StJR lieber in Projekte stecken würde.

"Wir wollen nicht bloß Partys veranstalten, sind aber einfach dazu gezwungen, um an Geld zu kommen", erklärt Bäuerle resigniert. Mit Elektro- und Metalpartys hätte man den meisten Erfolg, sagt er, aber "wir wollen mehr bieten – Reggae, Hip-Hop, Punk, was auch immer. Bei uns soll es jede Musik geben." Der Stadtjugendring, meinen die drei, sollte eine Plattform für alle bieten. "Man kann hier alles machen", stellt Bäuerle fest. "Kickern, feiern, Karten spielen, sogar Filme gucken. Aber irgendwie wird das einfach nicht wahrgenommen."

Denn das ist das nächste Problem des Stadtjugendrings: Er hat zu wenig Zulauf. "Deshalb können wir auch nicht mehr unter der Woche öffnen. Es lohnt sich nicht, es kommt kaum jemand, auch am Wochenende manchmal nicht", erzählen Bäuerle und Schmutz, denen man die Enttäuschung deutlich anmerkt. "Wir flyern die ganze Gegend zu, aber es hilft nichts. Wir wissen echt nicht, woran das liegt." Zum Teil liege es garantiert auch an den fehlenden Mitteln, meint Stammler: "Wer herkommt, muss sich leider mit dem Mindestmaß zufrieden geben. Und das nervt." Ein Teufelskreis also.

Dazu kämen oft "pingelige Auflagen", erzählt Schmutz: "Bei ›Jazz in Town‹ waren wir die einzigen, die Security beschäftigen mussten, sonst keine andere Kneipe. Dabei gab es hier seit über zwei Jahren keine Schlägerei mehr." Dem will Broß gar nicht widersprechen: "Solche Auflagen werden vom Ordnungsamt im Einzelfall abgeklärt."

Allerdings: Im Vorfeld solcher Veranstaltungen würden diese mit dem StJR besprochen. Bisher seien alle Auflagen, seien es Sperrzeiten oder die Möglichkeiten zu Großevents wie dem Bandcontest, im Einvernehmen von Stadt und StJR getroffen worden. "Die Stadt muss aber auch das Ruhebedürfnis der Anwohner beachten, oder dass sich im Parkhaus viele Jugendliche unter 18 aufhalten", erklärt Broß. Im Prinzip könne man aber über alles reden und Kompromisse finden – auch, was weitere Zuschüsse neben der Miete betrifft, sei die Stadt nicht verschlossen. "Wir wollen den Stadtjugendring ja unterstützen", sagt der OB.

Auf Komplettfinanzierung durch die Stadt ist der StJR dabei gar nicht aus – ihm wäre es lieber, die Finanzlöcher an Barabenden mit vollem Haus zu schließen. Mit der Stadt würde Schmutz trotzdem gern mehr reden: "Wir sollten auf jeden Fall den Dialog suchen und eventuelle Missverständnisse aus dem Weg schaffen."

Kommentar: Konzept gefragt

Von Larissa Schütz

Dutzende Ideen, aber kein Geld zur Umsetzung: Dass es beim Stadtjugendring (StJR) daran scheitert, ist traurig. Wenn zu wenig Jugendliche die Parkhaus-Angebote wahrnehmen, weil man ihnen aus Kostengründen nicht mehr bieten kann, und dadurch wiederum zu wenig eingenommen wird, genauso. Angenommen, Geld ist der Knackpunkt: Wo soll es herkommen? Wenn die Stadt noch viel mehr als die 6000 Euro Miete bezahlt, könnte sie den StJR gleich dem Kinder- und Jugendreferat einverleiben. Also muss der Verein eigene Lösungen finden. Wenn ein Geschäft oder Restaurant nicht mehr genug Umsatz macht, muss es sein Konzept ändern. Das wäre auch für den StJR eine Möglichkeit: Sich stärker auf die Veranstaltungen zu konzentrieren, die die Jugendlichen annehmen. Auch, wenn die Angebote dann nicht mehr so breit gefächert sind.

Info: Stadtjugendring

Der Stadtjugendring RW (StJR) will den Jugendlichen eine Plattform und Anlaufstelle bieten, wo sie ihre Freizeit verbringen und sich selbst verwirklichen können. Dazu werden Ausfahrten, Camps, Konzerte, Ferienprogramme und andere Projekte organisiert. Seit dem 6. November 2001 wird er als eingetragener Verein geführt; seine Geschichte reicht aber bis in die 70er-Jahre zurück. So übernahm der Stadtjugendring 1978 die Aufgabe der Ordner an der Fasnet. Seit Januar 2009 befindet sich der Jugendraum Parkhaus des Vereins im im ehemaligen "Struwwelpeter" am Kriegsdamm. Hauptmieter ist die Stadt Rottweil, die an den StJR untervermietet und die Mietkosten erstattet. Die vorherigen Räumlichkeiten hatte der StJR im Zuge der Restaurierung des Kapuziners aufgeben müssen.

Der Verein besitzt einen eigenständig gewählten Vorstand, derzeit bestehend aus Dominik Bäuerle (Vorsitzender), Florian Stammler (stellvertretender Vorsitzender), Matthias Schmutz (Kassierer) und Max Soballa (Raumbeauftragter).