Der Önologe Michael Grimm mit Abbildungen des Original-Etiketts. Darauf zu sehen ist der stilisierte Testturm. Foto: Schulz

Thyssen-Krupp Elevator verlangt Geld für Logo. Weinhändler Michael Grimm macht Spiel nicht mit. Mit Kommentar

Rottweil - Legt da einer den Finger in eine Wunde? Michael Grimm, Inhaber der Bacchus-Vinothek, äußert sein Unverständnis über das Verhalten von Thyssen-Krupp Elevator (TKE). Es geht darum, dass der Konzern Lizenzgebühren für die Verwendung des Turm-Logos verlangt.

Sie treffen wohl jeden, der das stilisierte Turm-Logo für eigene Produkte, und seien sie noch so klein, verwendet. Lizenzgebühren. In der Regel betragen diese nach vorliegenden Informationen zwischen fünf und zehn Prozent des Umsatzes. Ein Thema in der Stadt, da etliche Gewerbetreibende das Logo des Testturms für eigene Geschäftszwecke verwenden. Öffentlich äußern mögen sich die wenigsten. Gleich gar nicht mit Kritik an Thyssen-Krupp.

Außer einem: Den Anstoß zu einer Diskussion liefert der Weinhändler Michael Grimm mit einem offenen Brief an TKE. Anlass ist, dass Thyssen-Krupp Elevator von dem Önologen eine Lizenzgebühr verlangte für ein Etikett, auf dem unter anderem der Testturm in stilisierter Form abgebildet ist. Grimm lehnte dankend ab und entschied sich, den Testturm vom Etikett zu tilgen. Anstatt eines stilisierten Turms ist ein roter Balken mit dem Hinweis "zensiert" zu sehen.

Der Kerngedanke von Michael Grimm: "Wir lieben unseren Turm und identifizieren uns mit ihm und Ihnen (TKE). Warum nicht einen Freibetrag in Höhe X Euro festsetzen, unter welchem Sie auf eine Gebühr verzichten. Sie reduzieren Ihren Aufwand und lassen den paar Rottweiler Händlern, Handwerkern und Künstlern ihre paar Euro, die diese dank dem Turm vielleicht mehr machen. Hat Sie unsere Verwaltung nicht darum gebeten? Schade."

Was Michael Grimm sagt und meint: Der Turm ist nicht nur ein Testturm von Thyssen-Krupp Elevator. Er ist ein Turm der Stadt und der Region, er ist ein Turm der Bürger, und, zumal mit der Besucherplattform, ein öffentlicher Turm. 200.000 Besucher in elf Monaten wurden gezählt. Davon sollten alle gleichermaßen profitieren können. Und man sollte mit dem Turm partnerschaftlich umgehen.

Das vermisst Grimm: "Wir begegnen uns nicht mehr auf Augenhöhe." Grimm meint das im übertragenen Sinne. "Die Balance stimmt nicht. Unser Kapellenturm misst gerade mal 70 Meter und Ihr Turm 246. Aber ist es nur Ihr Turm? Für uns Rottweiler ist es unser Turm. Einer von mehreren Türmen. Aber nun mal ein ganz besonderer. Sie kamen auf eigenen Wunsch in unsere Stadt. Und wir haben uns gefreut. Freuen uns immer noch. Wir Rottweiler stehen zu Thyssen-Elevator und Ihren Visionen vom Multi. Stehen zu unserem Turm. Und eigentlich sollten wir Freunde sein. Partner. Ein Geben und Nehmen. Ein Miteinander. Und eigentlich funktioniert es auch zwischen uns. Aber es sind oft die kleinen Dinge, die in einer Beziehung stören." (den gesamten Wortlaut des offenen Briefes lesen Sie auf unserer Homepage unter www.schwarzwaelder-bote.de)

Robert Hak hat das Turm-Logo entworfen. Zunächst auf Betreiben von Stadtverwaltung und Thyssen-Krupp Elevator, später im alleinigen Auftrag des Aufzugherstellers. Das Logo zeigt in stilisierter Form den Testturm, seine gewundene Hülle, den Kubus, die Fensterschlitze, die Turm-Spitze. Thyssen-Krupp ließ sich dieses Logo, das einem breiten Publikum während des Turmfestes im vergangenen Herbst vor Augen geführt wurde, markenrechtlich schützen. Der Konzern hat zeitlich und räumlich ein unbegrenztes Nutzungsrecht, das Urheberrecht verbleibt bei Robert Hak.

Das sagt die Stadt dazu: Die Stadtverwaltung hat mit dem Aufzughersteller einen Markenlizenzvertrag abgeschlossen. Für Maßnahmen des Standortmarketings könne die Verwaltung die Bild-Wortmarke Testturm verwenden, ohne dafür bezahlen zu müssen. Für kleinere Geschenke und Produkte fielen Gebühren in Höhe von zehn Prozent an, äußert Tobias Hermann, der Sprecher der Verwaltung. "Wir können damit sehr gut leben und sehr gut arbeiten." Hermann betont, es gebe ein sehr gutes partnerschaftliches Verhältnis mit Thyssen-Krupp Elevator.

 Auch der Vorsitzende des Gewerbe- und Handelvereins (GHV) Detlev Maier hat einen entspannten Blick auf das Thema. Vor eineinhalb Jahren habe es entsprechende Gespräche mit Verantwortlichen von Thyssen-Krupp Elevator gegeben, nachdem Anfragen von Rottweiler Händlern nach der Verwendung des Turm-Logos kamen. "Wir wollten das mit Thyssen-Krupp geregelt haben." Nun gebe es einen Vertrag, der Inhalt passe auf ein Blatt Papier.

Darin ist festgeschrieben, dass der Aufzughersteller zehn Prozent des Umsatzes erhalte, wenn das Turm-Logo verwendet wird. Maier sagt, er finde das in Ordnung, die Gespräche verliefen vertrauensvoll. Er kenne auch niemanden aus seinen Reihen, der damit ein Problem habe. TKE zeige Vertrauen in die Händler. Die Abrechnungsmodalitäten seien einfach gehalten.

Maier verweist darauf, dass TKE Mitglied im Gewerbe- und Handelsverein sei. Dadurch tausche man sich regelmäßig mit Turmmanagerin Beate Höhnle aus. Freilich gebe es zuweilen unterschiedliche Standpunkte, aber im Grund funktioniere die Partnerschaft. Was den Turmlauf anbelangt, so hätte der GHV weitergehende Ideen gehabt. Maier setzt darauf, dass diese bei einer Neuauflage gehört würden.   Das Problem: Wir wollen an dieser Stelle keine urheber- oder markenrechtliche Diskussion beginnen. Aber welche Möglichkeit gibt es denn, die neue Ikone Rottweils, das neue Wahrzeichen von Stadt und Region für Produkte wie Souvenirs so zu verwenden, dass keine Lizenzgebühren anfallen? Der Testturm ist und bleibt ein Turm, eine andere Möglichkeit ihn in etwa so darzustellen, wie das Robert Hak gemacht hat, gibt es fast nicht. Das ist wohl die Krux an der Sache.

Kommentar: Nicht würdig

Von Armin Schulz

Das ist ja die Höhe. Oder doch nicht? Der Aufzughersteller Thyssen-Krupp Elevator (TKE) verlangt für die Verwendung eines stilisierten Turmbildes eine Lizenzgebühr. Der Konzern knöpft Geld ab, wenn Händler und Gewerbetreibende das Turm-Logo in verkaufsfördernder Absicht für eigene Produkte verwenden. Das gefällt dem Weinhändler Michael Grimm nicht. Der Inhaber der Bacchus-Vinothek verzichtet auf das Bildchen und prangert das Geschäftsgebaren von TKE an. Was ist das Problem? Die Gutmütigkeit der Menschen einer schwäbischen Kleinstadt trifft auf die kühle Professionalität eines Konzerns. Das passt nicht. Das Unternehmen sollte über den eigenen Tellerrand schauen. Die Rottweiler Bürger und Gewerbetreibenden sind Fans und die besten Markenbotschafter des Turms. Sie zur Kasse zu bitten, ist kleinkrämerisch und eines Weltkonzerns nicht würdig.

Info: Michael Grimm zu dem Thema Lizenzgebühr

(az)

"In einer Welt der Türme... sollten die Großen die Übersicht haben. Aber nicht auf die Kleinen herabblicken! Die Zukunft gehört den Türmen. Es wird eine Welt der Türme sein. Nach oben statt in die Fläche.

Sehr geehrte Thyssen-Elevators, ich war von Beginn an glühender Befürworter des Thyssen-Testturms, bin es noch und werde es weiterhin sein. Diesbezüglich hatte ich schon im August 2014 einen Leserbrief geschrieben (siehe ganz unten). Und nun steht der Turm. Nicht nur der, sondern unser Turm.

Allerdings laufen aus meiner Sicht einige Dinge nicht so, wie es unter Partnern sein sollte. Alles ist eine Frage der Balance. Der Turm fällt nicht, weil er vertikal im Lot steht. Und der Multi flitzt nur durch die Schächte, wenn die Kräfte des Magnetfeldes in Balance sind.

Wir Rottweiler haben dem Turm ein Zuhause gegeben, nach welchem Thyssen längere Zeit auf der Suche war. Mit überwiegender Begeisterung haben wir einen weiteren Turm bejaht und sind der Errichtung mit Spannung und Blicken gefolgt. Meter um Meter. Nun steht er. Beeindruckend in Höhe und Architektur.

Aber nun begegnen wir uns nicht mehr auf Augenhöhe. Die Balance stimmt nicht. Unser Kapellenturm misst gerade mal 70 Meter und Ihr Turm 246. Aber ist es nur Ihr Turm? Für uns Rottweiler ist es UNSER Turm. Einer von mehreren Türmen. Aber nun mal ein ganz besonderer. Sie kamen auf eigenen Wunsch in unsere Stadt. Und wir haben uns gefreut. Freuen uns immer noch. Wir Rottweiler stehen zu Thyssen-Elevators und Ihren Visionen vom Multi. Stehen zu unserem Turm. Und eigentlich sollten wir Freunde sein. Partner. Ein Geben und Nehmen. Ein Miteinander. Und eigentlich funktioniert es auch zwischen uns. Aber es sind oft die kleinen Dinge, die in einer Beziehung stören.

Thyssen hat einen für sich idealen Standort gefunden und testet mit dem Multi die nächste Generation der Aufzugstechnik. Die Zukunft testet in Rottweil. Schon heute macht die Thyssen AG ca. 43 Milliarden Euro Umsatz (GJ 2016/2017. Quelle Website Thyssen) und allein Thyssen-Elevators realisiert einen Gewinn von knapp einer Milliarde Euro. Sie kennen die Menge an Nullen. Neun!

1.000.000.000 Euro Gewinn.

Ihr Turm war teuer. Die Architektur ist großartig und ohne Beispiel. Und wer immer sich oder einen Handelsartikel damit schmückt, muss zahlen. Das Recht ist auf Ihrer Seite. Keine Frage. Aber was glauben Sie wohl, um wie viel 0,000… Promille Sie Umsatz/Gewinn steigern können, in dem Sie einem Rottweiler Bäcker, Konditor, Drechsler, Maler, Händler,… zehn Prozent seines Turm-Artikels als Lizenzgebühr abverlangen? Der Thyssenturm ist per se kein Markenartikel. Die Vielfalt der Ideen, mit denen sich Kreative in Rottweil mit Ihrer Silhouette identifizieren, muss Sie doch begeistern. Das ist ein sympathisches Wir-Gefühl. Wir gehören jetzt zusammen. Für Sie bedeutet die Beschaffung dieser Lizenzgebühren viel Aufwand. Zwar ein paar Euro Einnahmen aber jede Menge Ausgaben, um die Gebühren einzutreiben und zu verwalten. Im schlimmsten Fall noch zu streiten. Aber Sie machen es trotzdem. Einfach, weil Sie es dürfen und können.

Besucher, die den Aufzug nach dem Besuch der Aussichtsplattform verlassen, nehmen ein Stück Erinnerung mit nach Hause. Ein positives Stück Thyssen für das Wohnzimmer. Das stärkt Ihre Marke. Sie sollten den Rottweiler Geschäften dafür eigentlich dankbar sein.

Natürlich müssen Sie Ihre "Marke" schützen. Völlig korrekt und legitim. Es könnte ja auch mal H&M, Kick oder BOSS auf die Idee kommen, ein T-Shirt, einen Anzug oder eine ganze Serie an Konfektion mit Ihrem "Logo" auf den Markt zu bringen. Oder Villeroy&Boch bringt eine Service-Serie heraus. Oder VW einen Thyssen-Turm-Golf. Dann geht es um richtig viel Geld. Aber ein kleiner Rottweiler Händler?

Wir lieben unseren Turm und identifizieren uns mit ihm und Ihnen. Warum nicht einen Freibetrag in Höhe X Euro festsetzen, unter welchem Sie auf eine Gebühr verzichten. Sie reduzieren Ihren Aufwand und lassen den paar Rottweiler Händlern, Handwerkern und Künstlern ihre paar Euro, die diese dank dem Turm vielleicht mehr machen. Hat Sie unsere Verwaltung nicht darum gebeten? Schade.

Nun zu uns, der Bacchus-Vinothek, und unserem bilateralen Thema. Meine Familie erzeugt und vertreibt in Rottweil seit mehr als drei Generationen Holzfässer, Wein und Sekt. Bei der Wahl unserer Produkte zählt die Qualität. Ein Etikett beschreibt den Inhalt und ist für uns höchstens dekorativ. Schon mein Vater führte in den 80er Jahren des letzten Jahrhunderts einen Sekt mit Rottweiler Motiv. Die Stadt hatte wohl versäumt, dafür Lizenz zu erheben. Nun ist es verjährt. Sorry.

Eine Stadt, der Mensch und auch ein Label muss mit der Zeit gehen. Rottweil - Stadt der Türme. Turmstadt. Rottweil hatte mit dem Kapellenturm schon im 13/14. Jahrhundert einen der schönsten Türme zwischen Paris und Prag (Zitat Sonja Lucas) und somit schon circa 500 Jahre, bevor Nikolaus Thyssen im 18. Jahrhundert in Aachen seine Bäckerei gründete und den Grundstein zu einer einmaligen deutschen Erfolgsgeschichte legte.

Wir haben uns für das aktuelle Motiv die Rottweiler Türme stilisiert in einer Gruppe zusammengestellt. Ob Sie es wollen oder nicht. Wir sind eine Stadt der Türme. KEINE Thyssenturmstadt. Das Etikett – ein Gruppenbild mit Thyssen. Nun wollen Sie auch dafür Lizenzgebühr. Thyssen-Turm, einer von für mich gleichberechtigten Türmen. Wir haben ausreichend Türme in Rottweil für unser Etikett. Die nächste Auflage wird eben ohne den Thyssen-Testturm sein (Siehe Abbildung). Wir machen nur bei der Qualität des Inhalts keine Kompromisse.

Aber vielleicht überlegen Sie im Rahmen unseres Miteinanders nochmals, ob Sie wirklich von all den anderen Geschäften, die sich Gedanken um einen Turm-Objekt gemacht haben, die 10% benötigen. In meinem Leserbrief 2014 hatte ich die Gegner des Turms mit dem Schlusssatz um kleines Opfer der Toleranz gebeten:

Ich schrieb: "...Ein kleines Opfer. Für Rottweil, die Zukunft und die Demokratie." Nun bitte ich Sie um eine gewisse Großzügigkeit, damit wir nicht so nach oben schauen müssen. Ein kleines Opfer. Für Rottweil, die Zukunft und ein noch besseres Miteinander.

Ihr

Michael Grimm