Feldbetten in einer Turnhalle. So könnte es auch in Rottweil aussehen, wenn keine neuen Angebote an Wohnungen eingehen. Foto: Pförtner

Lage bei Flüchtlings-Unterbringung ist sehr ernst. Bürger hören keine leichte Wahrheit. Sporthallen nicht mehr ausgeschlossen.

Rottweil - Bevor die Sitzung am Montag des Kreistagsausschusses für Umwelt und Technik mit der eigentlichen Tagesordnung beginnen konnte, richteten Landrat Wolf-Rüdiger Michel und Bürgermeister Herbert Halder eine dringende Bitte an die Bürger zur Situation der Flüchtlingsunterbringung.

Die Dringlichkeit, die Situation der Flüchtlingsunterbringung handzuhaben, konnte in den Worten des Landrats Wolf-Rüdiger Michel sowie des Kreisvorsitzenden des Gemeindetags, Herbert Halder, deutlich herausgehört werden. "Die Lage bei der Unterbringung der Flüchtlinge und Asylbewerber ist sehr ernst", sagte Michel mit Nachdruck.

Mehr als 1000 Flüchtlinge lebten derzeit im Landkreis Rottweil. Die Möglichkeit, diese Menschen in Wohnungen unterzubringen, wird laut Michel immer schwieriger. Die Situation sei angespannt, die Lage prekär. Und es werde nicht besser, im Gegenteil: Diese Zahlen könne der Kreis irgendwann nicht mehr stemmen. "Viele unterstreichen, dass Deutschland nicht lange mehr als eine Millionen neue Flüchtlinge und Asylbewerber pro Jahr unterbringen und mit Bleibeperspektive integrieren kann", sagt Michel. "Dies gilt auch für uns hier vor Ort."

Noch im Frühjahr waren es 40 Flüchtlinge pro Monat, die dem Landkreis Rottweil zugewiesen wurden. Derzeit liege diese Zahl bei 265 – pro Monat. Michel zeigt sich besorgt. Würde der Kreis diese Zahl auf das Jahr 2016 hochrechnen, hieße das im Klartext: Der Landkreis Rottweil müsste rund 5000 Neuankömmlinge unterbringen. "Das sind vier Prozent der Bevölkerung", so Michel. Mehrmals betonte er: "Wir brauchen dringend Unterkünfte."

Was das Landratsamt vor einiger Zeit noch von sich geschoben hat, spitzt sich mehr und mehr zu: die Unterbringung in Sporthallen – im schlimmsten Fall in Zelten. "Wir wissen einfach nicht mehr, wo wir noch Unterkünfte herbekommen können", erklärte Michel. "Wir sind auf leer stehende Wohnräume angewiesen", betonte auch Kreisvorsitzender und Bürgermeister in Hardt, Herbert Halder. "Wenn wir keine neuen Angebote mehr bekommen, müssen wir allerdings auf Schul- und Gemeindehallen sowie Stadt- und Sporthallen zurückgreifen", legte Michel dar. So wie viele Stadt- und Landkreise im Land die Situation bereits lösen, könnte es auch in Rottweil aussehen.

Der Appell, diesen dringend notwendigen Wohnraum zu beschaffen, richtete der Landrat in erster Linie an die Bürger des Kreises. "Unterstützen Sie Kommunen und Bürgermeister bei der Suche nach Wohnraum", so Michel. "Nur so können wir den Rückgriff auf gemeinschaftlich genutzte Hallen verhindern."

Die Zumutungen, denen durch diese Art der Flüchtlingsunterbringung Schulen und Vereinen abverlangt werde, ist sich Michel bewusst. "Die Aufgabe des Landratsamtes sowie der Städte und Gemeinden ist es aber, Obdachlosigkeit, gerade auch im Winter, zu verhindern", erklärte er. "Gegebenenfalls auch mit Mitteln des Polizei- und Ordnungsrechts."

Herbert Halder spricht indes sein Lob für die ehrenamtlichen Helfer im Landkreis Rottweil aus. "Wir brauchen die Hilfe und Unterstützung der Bürger", sagte er. Nicht nur in puncto Wohnraum, sondern auch im Hinblick auf Integration. Michel zeigte sich verständnisvoll. "Ich verstehe auch die Angst der Bürger", räumte er ein. Dennoch könnte sich der Kreis nicht vor den Aufgaben verstecken.

"Dies sind keine einfachen Wahrheiten", so Michel, der betonte, dass in wenigen Wochen zwingend weitere Beschleunigungsmaßnahmen diskutiert werden müssten. "Wir können es schaffen, aber nur wenn wir alles richtig machen, und derzeit wird in Brüssel, Berlin und Stuttgart eben nicht alles richtig gemacht."