Die Gosheimer Steige gibt keine Ruhe. Um das Straßenstück von Wilflingen nach Gosheim sicher zu halten, sind weitere 2,5 Millionen Euro notwendig. Das Bild zeigt ein unterspültes Straßenstück bei Wilflingen nach dem Starkregen-Ereignis am 28. Juli. Foto: Schickle

Für 2015 fast 160 Millionen Euro im Gepäck: Vom Sozialen bis zum schnellen Internet - Anforderungen steigen.

Kreis Rottweil - Berufliche Schulen, Soziales, Straßen und schnelles Internet: Die Aufgabenfülle beim Landkreis steigt. Weil die Betriebe im Kreisgebiet florieren, ist aber erst einmal weiter für einen Kassenstand gesorgt, der den Kreis Rottweil beim Spagat zwischen Aufgabenerfüllung und Finanzierung ordentlich dastehen lässt. Zumindest auf den ersten Blick.

Beim genaueren Hinsehen wird deutlich: Vieles ist ideell und konzeptionell "auf Kante" genäht. So manche "Baustelle" – nicht nur im eigentlichen Sinn des Wortes – ist kostenmäßig bisher nur schwer fassbar. Das weiß auch Landrat Wolf-Rüdiger Michel, der jetzt dem Kreistag den Etatentwurf 2015 präsentierte.

Wenn der Kreischef wieder einen Hebesatz von 28 Prozentpunkten bei der Kreisumlage wie in 2014 vorschlägt, dann im Wissen, dass sich das Kreisumlageaufkommen dank der gestiegenen Steuerkraftsummen der Gemeinden um 4,5 Millionen Euro erhöht. Dabei können Michel und Finanzdezernent Gerald Kramer auf einen Hebesatz verweisen, der im Land mit am niedrigsten ist. 32 Prozentpunkte beträgt der im Durchschnitt. Das erbrächte – im Kreis Rottweil in Anschlag gebracht – 7,2 Millionen mehr, die die 21 Städte und Gemeinden im Kreisgebiet ans Landratsamt abzuführen hätten.

Das geplante Haushaltsvolumen liegt 2015 bei 158,7 Millionen Euro und damit 6,5 Millionen über dem des Vorjahres. Der Vermögenshaushalt umfasst 11,7 Millionen Euro. Ende 2015 soll der Schuldenstand des Kreises nach Plan noch 1,2 Millionen Euro betragen, was neun Euro je Einwohner bedeutet. Doch Gemach: Kämmerer Kramer will sich nicht unbedingt ein Denkmal als Sparkommissar setzen. Die weitere Finanzplanung beinhaltet nämlich für die Jahre 2016 und 2017 Kreditaufnahmen in Höhe von zwei und drei Millionen Euro, um die Haushalte ausgleichen zu können. Und dabei in der Hoffnung, dass die heimische Wirtschaft weiter für eine hervorragende Steuerkraftsumme bei den Kommunen sorgt.

Dass der Deutsche Landkreistag eine ungebremste Ausgabendynamik bei den sozialen Leistungen sowie bei der Kinder- und Jugendhilfe konstatiert, sorgt auch bei den Kreisverantwortlichen für Sorgenfalten. "Höhere Pflegesätze, steigende Entgelte, aber auch zunehmende Fallzahlen ziehen die Ansätze in den Bereichen Hilfe zur Pflege, Eingliederungshilfe sowie Kinder- und Jugendhilfe kräftig nach oben", sagt der Landrat. Auch die Zahl der aufzunehmenden Flüchtlinge ist eine unbekannte Größe. Im Sozialamtsbereich wird mindestens auch noch fürs kommenden Jahr pro Monat mit 55 weiteren Menschen gerechnet, die von der Erstaufnahmestelle in Karlsruhe aus ins Kreisgebiet geschickt werden.

Auch Sanierungsstau im Baubereich macht schwer zu schaffen

Eine eklatante Baustelle bei vielen kommunalen Haushalten ist ein erheblicher Sanierungsstau bei energetischen Gebäudesanierungen, Straßenbaumaßnahmen und millionenschweren Brückensanierungen oder -ersatzbauten. "Auch der Landkreis Rottweil wird in den nächsten Jahren große Brocken verdauen müssen, obwohl wir seit Jahren, insbesondere seit 2012, viel getan haben", sagt Michel.

Der investive Straßenhaushalt beläuft sich 2014 auf knapp 5,6 Millionen Euro. Sage und schreibe zusätzliche 2,5 Millionen Euro verschlingt die weitere kostenintensive Sanierung der Gosheimer Steige. Das Starkregenereignis im Juli hat damit auch Rutschungen im Haushalt 2015 verursacht.

Für den Böschungsabbruch der K 5545 am Ortsausgang Wellendingen Richtung Wilflingen an der Starzel sieht der Haushalt 250 000 Euro vor. Für die anstehende Großbaustelle K 5563 Mariazell-Hardt stehen mit Finanzierungen aus den Vorjahren insgesamt fast 2,6 Millionen Euro für die mit Landesmitteln geförderte Maßnahme nebst Radwegneubau zur Verfügung.

Der weitere Investitionsschwerpunkt über die nächsten Jahre soll der Ausbau der Glatttalstrecke der Kreisstraße 5508 von Hopfau nach Neckarhausen werden. Für dieses 5,5-Millionen-Euro-Projekt wird noch auf die Aufnahme in das Förderprogramm des Landes gehofft. Der erste Abschnitt zwischen Hopfau und Glatt ist 3,4 Kilometer lang und 2,9 Millionen Euro teuer. Der Planansatz für Belagsmaßnahmen und sonstige Sanierungsmaßnahmen beträgt 1,6 Millionen Euro. Wie kostspielig einmal die ingenieurmäßig äußerst schwierig zu fassende Hangrutschung auf der Strecke Epfendorf-Harthausen zu behandeln ist, steht noch in den Sternen. Dieses Thema treibt Gerold Günzer, dem Straßenbauchef im Landratsamt, schon lange die Schweißtropfen auf die Stirn.

"Entgegen jahrelanger Prognosen hat sich der erwartete deutliche Rückgang der Schülerzahlen noch nicht eingestellt. Mit über 4900 Schülern bewegen wir uns in den letzten zehn Jahren ständig um die 5000er-Marke", wirbt Wolf-Rüdiger Michel für weitere Investitionen in die Beruflichen Schulen in Millionenhöhe.

Weitere Schwerpunkte des neuen Haushalts sind beim Kreisfeuerwehrwesen die Beschaffung eines Wechselladerfahrzeugs für den Standort Rottweil und die Restfinanzierung für die Zentrale Feuerwehrwerkstatt, welche zusammen mit dem Feuerwehrgerätehaus derzeit auf dem Sulgen entsteht.

Für die Sanierung des Landratsamtshochhauses ist kein Ansatz gebildet worden. Aus dem Vorjahr stehen noch zwei Millionen Euro zur Verfügung. Damit stehen Mittel für eine Anfinanzierung bei den Verwaltungsgebäuden zur Verfügung, unabhängig davon, ob sich der Kreistag bei der Modernisierung und Neuordnung des Landratsamtsstandortes in Rottweil für eine Lösung mit oder ohne Hochhaus entscheiden wird.

Um die vielen Pläne zu verwirklichen, sollte die Wirtschaft weiter florieren

Der Verwaltungshaushalt erwirtschaftet eine Zuführungsrate an den Vermögenshaushalt in Höhe von 6,6 Millionen Euro. Hiervon bleiben nach Abzug der Kredittilgungen noch gut 6 Millionen Euro - neben 1,8 Millionen Euro Landeszuweisungen – als Finanzierungsbeitrag für die 9,9 Millionen Euro Investitionen im Vermögenshaushalt und die jährliche Zuführung zur ZVK-Rücklage übrig.

Einen breiten Schulterschluss für eine "andere Straße" – genauer: eine flächendeckende Hochgeschwindigkeitsdatenautobahn im Kreisgebiet wünscht sich der Landrat von den Kommunen. Von einem flächendeckenden Breitbandausbau mit nennenswert viel MBit für den Kreis sei man noch weit entfernt. Fast alle Gemeinden und Städte sowie der Landkreis seien aber inzwischen dem "Verein zur Förderung neuer Medien und Technologie im ländlichen Raum" beigetreten. Der Verein bündelt die Interessen von mehr als zehn Landkreisen und werde 2015 entweder in eine Anstalt des öffentlichen Rechts oder in einen Zweckverband umgewandelt.

Statt kommunaler Einzelmaßnahmen, bei denen jeder vor sich hinwurstelt, deutet Michel auf einen interkommunalen Verbund als wirkungsvollen Wegbereiter: "Es wird kreisweit oder darüber hinaus eine Rechtsperson gegründet (GmbH, Zweckverband, Anstalt) die für den Kreis und seine Kommunen den Ausbau durchführt oder wenigstens koordiniert. Der Kreis baut hier das regionale Verbindungsnetz aus und die Kommunen sind vor Ort für den Ausbau zuständig. Das Netz bleibt mit aller Verantwortung in öffentlicher Hand und wird an einen Betreiber verpachtet. Im Schwarzwald-Baar-Kreis spricht man von Investitionen von rund 130 Millionen Euro bis 2025 bei einer solchen Marschrichtung. Alternativ sei ein mehrere Kreise (mit Städten und Gemeinden) umfassender Verbund als Anstalt des öffentlichen Rechts oder Zweckverband denkbar. Die Finanzkraft der Kommunen vor Ort bestimme, wie schnell der Ausbau voranschreitet.

Eine weitere Lösungsmöglichkeit wird in der Gewinnung eines Telekommunikationsunternehmens als Partner gesehen. Dieses baut – gegebenenfalls mit Zuschüssen – die Netze aus, betreibt diese und fungiert als Netzeigentümer. In anderen Bundesländern gebe es Beispiele, dass die Sache deutlich günstiger werden könne. Eine zügige Versorgung für viele mit 50 MBit und mehr erscheine möglich. Es fielen für das Netz keine Unterhaltslasten an. Allerdings gehe das kommunale Invest in fremdes Eigentum über.

Die weitere Etablierung als LEADER-Gebiet und Klimaschutzbemühungen auf lokaler Ebene anhand des für die erfolgreiche Teilnahme am European Energy Award erstellten Kriterienkatalogs nennt Wolf-Rüdiger Michel als weitere wichtige Stichworte, die man ins kommende Jahr mitnehmen will.