Ein 29-jähriger Mann hat sich viermal an einem kleinen Jungen vergangen. Er wurde jetzt zu zwei Jahren Haft auf Bewährung mit einer Bewährungszeit von drei Jahren verurteilt. Foto: Kool

Landgericht folgt medizinisch-psychologischem Gutachten. Schwierige Lebenssituation wirkt strafmildernd.

Kreis Rottweil - Zwei Jahre Haft auf Bewährung mit einer Bewährungszeit von drei Jahren: So lautet das Urteil der 1. Großen Jugendkammer am Landgericht Rottweil im Fall des 29-jährigen Angeklagten, der sich viermal an einem Jugendlichen vergangen hat.

Während der Bewährungszeit hat der Mann außerdem zahlreiche Auflagen zu erfüllen. So darf er ohne Begleitung eines Erwachsenen keinen Kontakt zu Jugendlichen unter 16 Jahren aufnehmen – sowohl nicht persönlich als auch nicht über Medien wie das Internet. Außerdem muss er sich einer ambulanten Sexualtherapie unterziehen, um seine pädophilen Neigungen unter Kontrolle zu bekommen. Der Angeklagte nahm das Urteil kommentarlos hin.

Der in Rottweil wohnhafte Mann hatte gestanden, sein Opfer, das im Prozess als Nebenkläger auftrat, insgesamt viermal sexuell missbraucht zu haben. Der Junge war zum Tatzeitpunkt elf und 13, der Täter 24 beziehungsweise 26 Jahre alt. Im Laufe der Verhandlung hatten Täter und Nebenkläger sich auf einen Vergleich geeinigt, wobei die Zahlung von Schmerzensgeld vereinbart worden war.

Das Gericht begründete das Urteil mit zahlreichen mildernden Umständen, welche im Vergleich zu den Vorstrafen des Täters überwiegen. Zwar sei der Mann bereits wegen sexuellen Missbrauchs und Besitzes von kinderpornographischem Material vorbestraft. Doch seine pädophilen Neigungen seien nicht mit einer "Kernpädophilie" zu vergleichen, sondern Folge seiner schwierigen Lebenssituation, so der Vorsitzende Richter Frank Fad.

Angeklagter wurde als Kind auch sexuell missbraucht

Hier sei das Gericht bei seiner Beurteilung den Ausführungen des medizinisch-psychologischen Gutachters gefolgt, der die Neigungen des Mannes als "Hemmungspädophilie" beziehungsweise "pädophile Nebenströmung" bezeichnet hatte. Diese sind wahrscheinlich Folgen der traumatischen Kindheitserlebnisse des Angeklagten: Er war im Alter von elf bis 13 Jahren selbst wiederholt Opfer sexuellen Missbrauchs geworden, litt zudem unter einer überforderten Mutter, deren häufig wechselnden Partnern und zahlreichen Internats- und Heimaufenthalten, gepaart mit einer Phase der Obdachlosigkeit. Aufgrund einer Erbkrankheit, die ihn fast blind gemacht hat, hatte der Mann es zeitlebens schwer, sich gesellschaftlich zu integrieren.

"Dennoch machte er seinen Realschulabschluss und versuchte zweimal eine Berufsausbildung zu absolvieren", so der Richter. Er machte deutlich: "Die Vergangenheit des Angeklagten ist keine Entschuldigung für seine Taten, aber eine Erklärung." Das Gericht sehe, gepaart mit einer entsprechenden Therapie, durchaus eine günstige Sozialprognose.

Strafmildernd wirkte sich außerdem die lange Verfahrensverzögerung aus. Obwohl es bereits 2010 zu einer Anzeige kam, konnte das Gericht den Fall aufgrund anderer, dringenderer Verfahren erst jetzt bearbeiten. Dies, so Fad, habe den Angeklagten aufgrund der Ungewissheit, welche Strafe ihn letztlich erwarte, belastet.