Auf das Esch (Bild) konzentriert das Land seine Standort-Suche im Bereich Rottweil. Foto: Nädele

Gemeinderat stimmt in denkwürdiger Sitzung dagegen. Stattdessen Bürgerversammlung am 21. Mai geplant.

Rottweil - Es wird bis zur Sommerpause keinen Bürgerentscheid über den möglichen JVA-Standort "Esch" geben. Das hat der Gemeinderat am Mittwochabend in einer denkwürdigen Sitzung und mit einer merkwürdigen Koalition (Oberbürgermeister Ralf Broß stimmte mit Grünen und FFR), jedoch mit großer Mehrheit entschieden: Für einen Bürgerentscheid gab es sechs Ja-Stimmen (OB, Grüne, FFR), drei Enthaltungen und 18 Gegenstimmen.

Indes wurde beschlossen, am 21. Mai in der Stadthalle eine Bürgerversammlung anzusetzen. Das war der einzige Punkt, in dem im Gremium Einmütigkeit herrschte. Ansonsten offenbarte die zuweilen konfuse Debatte, dass es eine scharfe Trennlinie zwischen Grünen- und FFR-Stadträten auf der einen und Stadträten von CDU, FDP, Freien Wählern und SPD auf der anderen Seite gibt.

Nicht einmal zu einem kleinsten gemeinsamen Nenner konnte sich der Gemeinderat durchringen: CDU-Fraktionschef Günter Posselt wollte ein Signal nach Stuttgart senden mit dem Antrag, dass die Stadt weiterhin die Ansiedlung eines Gefängnisses in Rottweil erreichen wolle.

Nun, es sollte nicht nur ein Signal an die Landeshauptstadt sein, sondern – das unterstrichen die Zwischenrufe aus dem Gremium – es sollte damit auch erreicht werden, dass die Grünen- und FFR-Stadträte Farbe und sich für Rottweil bekennen. Die fünf Stadträte stimmten jedoch dagegen, der große Rest, immerhin 22, sprach sich für den CDU-Antrag aus.

Die Diskussion hatte zuvor Zweifel an der Haltung der Grünen- und FFR-Stadträte im Rat aufkommen lassen. Heide Friederichs beispielsweise forderte, das Land solle endlich sagen, warum es den Stallberg als möglichen JVA-Standort ablehne, was den OB dazu veranlasste, Friederichs zu ermahnen, doch bitteschön zur Sachdebatte zurückzukehren.

Gemeinderat Reiner Hils, ebenfalls FFR, wiederum äußerte, Esch sei der denkbar schlechteste Standort, da sei ihm das Bitzwäldle lieber – jenes Gebiet, das der jetzige Ministerpräsident Winfried Kretschman zum Wahlkampfthema machte und damit ins vorläufige Aus bugsierte. An das Bitzwäldle als möglichen JVA-Standort glaubt im Gremium niemand – außer Hils.

Eigentlich war ein Beschluss über einen Bürgerentscheid gestern Abend gar nicht geplant, Hils stellte jedoch den Antrag, darüber abzustimmen. Die Tagesordnung sah lediglich einen Bericht der Verwaltung zum Stand der Dinge bei der JVA, die Behandlung zweier Anträge – der Ortschaftsrat Zepfenhan wollte den Standort Bitzwäldle ganz aus dem Rennen wissen, das wurde indes abgelehnt, der Standort ruht; die SPD hatte vor langer Zeit eine repräsentative Meinungsumfrage starten wollen, Fraktionssprecher Ralf Armleder zog den Antrag gestern zurück – sowie die Terminierung einer Bürgerversammlung vor. Doch es kam anders. Dass das so ist, offenbart, dass es trotz aller Bemühungen von Verwaltung und dem Gros der Stadträte keine einheitliche Linie im Gemeinderat gibt.

Übrigens: Warum die überwiegende Mehrheit einen Bürgerentscheid ablehnt, hat mit dem engen Zeitkorsett zu tun, das die Landesregierung gestrickt hat. Bis Mitte Juni muss Rottweil und der noch einzig verbliebene Konkurrent um ein neues Großgefängnis, Meßstetten, der Landesregierung zurückspiegeln, wie der Ort zur JVA steht. Das Kabinett will Mitte Juli endgültig beschließen, wo das Gefängnis gebaut wird. Das versicherte Justizminister Rainer Stickelberger in einem Exklusiv-Interview dem Schwarzwälder Boten (das wir in unserer Samstags-Ausgabe drucken). Zu wenig Zeit, um die Bürger ausführlich zu informieren und in die Lage zu versetzen, über die JVA im Esch abzustimmen. u Die Stadt hat im Internet eine neue Informationsplattform gestartet, auf der sich auch die Bürger äußern und ihre Sicht schildern können: www.jvarottweil.de