Der Mann mit der Spraydose: Ben Staude ist Streetart-Künstler – aber nicht nur. Foto: Alt Foto: Schwarzwälder Bote

Kultur: Ben Staude bereichert mit "Diem Artcore" die Rottweiler Kunstszene

Ein bisschen versteckt im Untergeschoss eines Mehrfamilienhauses in der Friedrichstraße befindet sich das Atelier von Ben Staude. Unter dem Namen "Diem Artcore" entsteht dort neben 3D-Objekten und Graffitis, Kunst, die mit UV-Licht eine besondere Symbiose eingeht.

Rottweil. Streetart im Kleinbürgerlichen. Dass das kein Widerspruch sein muss, erfährt Ben Staude jeden Tag. Der Graffiti-Künstler hat sein Atelier in einem Mietshaus in der Rottweiler Mittelstadt und fühlt sich dort pudelwohl. Wenngleich das Platzproblem ihn momentan auf die Suche nach einer neuen künstlerischen Bleibe geschickt hat.

Die Welt von Ben ist vor allem eines – bunt. Mal zwei-, mal dreidimensional bricht der 32-Jährige auch gerne mit althergebrachten Darstellungsformen. Bei ihm ist Licht nicht nur da, damit man etwas sieht. Nein, Licht macht Kunst. Beispiel gefällig? An einer Wand hängt eine Auftragsarbeit. Die Hindu-Gottheit Ganesha. Ein goldfarbener Elefant auf grünem Hintergrund thront auf einer angedeuteten Lotusblüte. Unter UV-Licht verändert sich das Bild. Es interagiert quasi mit seiner Beleuchtung, das ist das Besondere.

Noch etwas psychedelischer sind die abstrakten und surrealen Werke. Geometrische Formen werden mit 3-D-Effekten versehen zu einer Art Wand-Kaleidoskop. Mit seiner Kunst ist Ben Staude international unterwegs. Kunstfestivals in Spanien oder zuletzt in der Schweiz sind nicht nur dafür da, sich mit Menschen aus der Szene auszutauschen, auch mit potenziellen Auftraggebern will man bei solchen Anlässen ins Gespräch kommen. "Deshalb kommen meine Kunden nicht nur aus dem Bereich Rottweil, sondern von überall her", erzählt der gebürtige Rottweiler.

Angefangen hat Ben Staude – so, wie viele Kunstschaffende der Streetartszene – auf der Straße und ein bisschen illegal. Als Sprayer verewigte er sich auf Beton, an Brückenpfeilern oder an Garagenwänden. Der 32-Jährige winkt ab: "Das ist schon lange her." Doch dem Jugendlichen gefällt es, sich kreativ auszuleben, und so lässt er sich neben der Berufsschule auf der Kunstakademie Hohenstein weiterbilden.

"Eigentlich wollte ich ja Grafik-Designer werden", sagt Ben. Dann aber wagt er in Sulgen den Schritt in die Selbstständigkeit und eröffnet ein kleines Atelier. Seit etwas mehr als eineinhalb Jahren ist er wieder in Rottweil – und noch immer mit der Spraydose aktiv. "Rottweil reizt mich. Das Neue, das Alte. Die Türme, der Rottweiler Hund. Mein Ziel fürs kommende Jahr ist es, mit der Stadt zu korrespondieren. Das wäre super", schwärmt Ben.

Ein bisschen korrespondiert er ja schon. Und zwar mit der Fasnet. Die verschiedenen Larventypen der Rottweiler Narren haben es ihm angetan. Fotos dienen ihm hier als Vorlage für Schablonen. Stencil-Art nennt sich diese Technik.

Staude aber allein in die Streetart-Ecke zu stellen, wäre zu wenig. Der Künstler kann nicht nur Dose. "Ich arbeite auch gerne mit dem Pinsel oder zeichne", erzählt er. "Im Zeichnen kann ich mich unglaublich verlieren." Das gelte sowohl für Auftragsarbeiten als auch für Bilder, die aus eigener Motivation heraus entstehen. Das Bild könne sich im Entstehungsprozess verändern, die Farbgebung sich wandeln – "da lassen mir auch die Auftraggeber freie Hand".

Eines dürfe im Atelier aber nie fehlen: Musik. "Sie und die Sonne sind meine größten Motivationsquellen."