Ja oder Nein zum Gefängnisneubau im Esch – diese Frage stellt sich morgen beim Bürgerentscheid in Rottweil. Stadt (rechts) und BI hatten entsprechend plakatiert, Unbekannte viele BI-Plakate beschmiert. Foto: Schickle

Am Sonntag entscheiden Bürger in Rottweil über Gefängnis-Neubau im Gewann Esch. Schlusspunkt oder Startschuss?

Rottweil - Morgen ist in Rottweil der Tag der Entscheidung. Dann sind 19 754 Bürger aufgerufen, in einem der 27 Wahllokale über den geplanten Gefängnisneubau im Gewann Esch abzustimmen.

Rund 2700 Wahlberechtigte haben bereits ihr Kreuzchen bei Ja oder Nein gemacht. So viele Briefwahlanträge sind im Vorfeld des Bürgerentscheids bei der Stadtverwaltung eingegangen. Das könnte auf eine gute Wahlbeteiligung hinweisen, denn bei sonstigen Wahlen sind es inzwischen rund 2500 Wähler, die nicht mehr direkt an die Urne treten. Abstimmen kann von 8 bis 18 Uhr jeder, der das 16. Lebensjahr vollendet hat und seit mindestens drei Monaten mit Hauptwohnsitz in Rottweil gemeldet ist.

Der Bürgerentscheid könnte einen Schlusspunkt hinter die jahrelange Suche des Landes nach einem Standort für das geplante Großgefängnis im Südwesten setzen. Seit 2008, nach dem Aus für das über Jahrzehnte vorgehaltene Gelände am Stallberg, waren verschiedene Alternativen untersucht worden. Im Juli hatte sich die Landesregierung schließlich für das Esch auf Rottweiler Gemarkung entschieden – und dafür von der Mehrheit der Stadträte grünes Licht bekommen. Mit dem Bürgerentscheid ist nun alles wieder offen.

Die Bürgerinitiative "Neckarburg ohne Gefängnis" (BI) hat mit einem Bürgerbegehren den Weg für diesen Entscheid frei gemacht. Erreicht eine der beiden Seiten am Sonntag die notwendige Zahl von mindestens 4939 Stimmen – dieses Abstimmungsquorum von 25 Prozent ist bei Bürgerentscheiden vorgegeben – hat dies die Wirkung eines endgültigen Beschlusses des Gemeinderats.

Jetzt fiebern Gegner, die sich für den Erhalt des Eschs in seiner jetzigen Form einsetzen, und Befürworter des Bauvorhabens dem Ausgang entgegen. Bis 18 Uhr werden morgen die Wahllokale geöffnet sein. Dann dürfte es recht schnell gehen. Schon zwischen 18.30 und 19 Uhr rechnet die Stadtverwaltung mit dem Ergebnis. Vor dem Alten Rathaus werden Interessierte verfolgen können, wie nach und nach die Ergebnisse aus den einzelnen Wahlbezirken eingehen.

Im Justizministerium in Stuttgart blickt man der morgigen Abstimmung optimistisch entgegen. Bei den verschiedenen Informationsveranstaltungen im Vorfeld des Bürgerentscheids, sagt ein Sprecher des Justizministeriums, habe es Anzeichen dafür gegeben, "dass es gut ausgeht und sich die Mehrheit dafür ausspricht". Einen Plan B gebe es bislang nicht, bekräftigt der Sprecher. Sollten die Rottweiler gegen den Standort der neuen Justizvollzugsanstalt (JVA) im Gewann Esch stimmen, müsse die Situation neu bewertet werden. Ob dann möglicherweise andere Standorte in Rottweil wieder infrage kämen – für das Bitzwäldle und den Hochwald ruht das Verfahren derzeit – oder noch einmal neu gesucht werden müsste, könne man noch nicht sagen.

So wie 21 der insgesamt 26 Stadträte und das neu gegründete Bürgerforum Perspektiven Rottweil wirbt auch Oberbürgermeister Ralf Broß für eine Zustimmung der Bürger zum Gefängnisneubau im Esch. Nach Angaben der Stadt könnten dadurch in Rottweil rund 200 krisensichere Arbeitsplätze entstehen. Au-ßerdem bringt der Standort bis zu 300 000 Euro pro Jahr über den kommunalen Finanzausgleich, da jeder Häftling ab einer gewissen Verweildauer wie ein Einwohner gerechnet wird. Die Befürworter verweisen überdies auf die Sicherung des Justizstandorts Rottweil. Broß ruft aber auch generell zur Teilnahme am Bürgerentscheid auf: "Jede Stimme ist wichtig, und eine hohe Wahlbeteiligung hilft, dass wir alle am Ende mit dem Ergebnis gut leben können."

Die Bürgerinitiative "Neckarburg ohne Gefängnis" hält den Standort Esch dagegen für ungeeignet – unter anderem weil das Gelände an verschiedene Schutzgebiete grenzt. Zudem könne eine JVA nachteilig für den Tourismus sein.

Die neue Anstalt für voraussichtlich 80 Millionen Euro soll kleine und teils marode Gefängnisse ersetzen. In der neuen Einrichtung sind für die Häftlinge bessere Angebote für Therapie, Arbeit und Freizeitgestaltung geplant. Wann sie fertig gebaut ist, steht noch nicht fest. Die Bauzeit soll etwa drei Jahre betragen.

Info: Wahlausgang

Beim Bürgerentscheid gibt es bei vier denkbaren Ausgängen zwei mögliche Ergebnisse:

 Ja zur JVA im Esch

Die Befürworter erreichen mit mehr als 50 Prozent der Stimmen die Mehrheit und gleichzeitig das notwendige Quorum von mindestens 4939 Stimmen. Damit wäre die Entscheidung des Gemeinderats bestätigt.

Ja zur JVA im Esch

Die Befürworter erreichen mit mehr als 50 Prozent der Stimmen die Mehrheit, jedoch mit weniger als 4939 Stimmen. Damit erlangt der Bürgerentscheid keine Rechtsgültigkeit. Es bleibt bei der Entscheidung des Gemeinderats für das Esch.

 Nein zur JVA im Esch

Die Gegner erreichen mit mehr als 50 Prozent der Stimmen die Mehrheit und gleichzeitig das notwendige Quorum von mindestens 4939 Stimmen. Damit wäre die Entscheidung des Gemeinderats gekippt, die Stadtverwaltung an das Nein zum Esch gebunden.

Ja zur JVA im Esch

Die Gegner erreichen mit mehr als 50 Prozent der Stimmen die Mehrheit, jedoch mit weniger als 4939 Stimmen. Damit erlangt der Bürgerentscheid keine Rechtsgültigkeit. Es bleibt bei der Entscheidung des Gemeinderats für das Esch.