Ein Willkommensschild steht in Meßstetten vor der Landeserstaufnahmeeinrichtung (LEA) für Flüchtlinge. Foto: Maurer

Unterlagen des Rottweiler Konkurrenten öffentlich einzusehen. Durch Kasernen-Schließung 800 Arbeitsplätze verloren.

Rottweil/Meßstetten - Nun ist bekannt, wie sich Meßstetten in dem Duell mit Rottweil um das geplante neue Großgefängnis positioniert (siehe www.beteiligungsportal.baden-wuerttemberg.de)

Die Bewerbung der Stadt im Zollernalbkreis – das ist eine Mischung aus ein bisschen Wehklagen, ein bisschen Mitleidstour und ein bisschen Stolz auf die Vergangenheit als Bundeswehrstandort mit Nato-Einsprengseln.

Liest man die Unterlagen zur Standortläuterung Meßstetten, dann gewinnt man den Eindruck, als wäre das neue Gefängnis für bis zu 500 Insassen für die Stadt noch die einzig verbliebene Chance, nicht vollends in die Bedeutungslosigkeit abzudriften. Meßstetten war viele Jahre lang Bundeswehrstandort. Seit dem Weggang des Militärs vor zwei Jahren liegt eine große Fläche brach und Versuche, aus dem ehemaligen Kasernenareal etwas Brauchbares zu machen, schlugen offensichtlich fehl. So äußert die Stadt Meßstetten in ihrer Bewerbung: "Aktuell befindet sich das Kasernenareal im Konversionsprozess; ein Projekt ist die Ausweisung eines interkommunalen Industriegebiets für den Zollernalbkreis. Eine Realisierung ist angesichts der bestehenden Rahmenbedingungen in keinster Weise gewährleistet".

Dass die militärischen Gebäude seitdem leer stehen, hat dazu geführt, die frühere Kaserne zu einer Landeserstaufnahmestelle für Flüchtlinge umzufunktionieren. Von 500 Menschen war anfangs die Rede, für 1000 wäre die LEA ausgelegt, jetzt sollen es zwischenzeitlich bis zu 1400 Flüchtlinge sein, die dort eine erste Bleibe finden, bevor sie auf Landkreise und Kommunen verteilt werden.

Ein wichtiger Punkt in der Diskussion, wo ein neues Gefängnis gebaut werden solle, war die Verkehrsanbindung. Rottweil liegt hier zentral gelegen. Die Stadt verfügt über einen Schienenanschluss, Bundesstraßen kreuzen sich hier, die Autobahn liegt nebenan. Keine Frage, Rottweil liegt verkehrsgünstig.

Und Meßstetten? Die Stadt am Albtrauf argumentiert so: "Die straßenmäßige Anbindung war während der ›Blüte‹ der militärischen Nutzung für bis zu 1500 militärische und zivile Mitarbeiter problemlos möglich. Als ehemaliger Natostandort kamen zudem eine Vielzahl der alliierten Streitkräfte aus dem Ausland. Darüber hinaus gibt es auch andere JVA-Standorte ohne Anbindung an das öffentliche Schienennetz (zum Beispiel Heimsheim) beziehungsweise mit entsprechenden Entfernungen zum nächstgelegenen Bahnhof."

Ähnlich wird auch argumentiert, wenn es um die heimatnahe Unterbringung von Gefangenen geht: Der geplante JVA-Standort Meßstetten sei maximal innerhalb von eineinhalb Stunden von jedem Ort der Landgerichtsbezirke Hechingen, Rottweil, Konstanz und Waldshut-Tiengen zu erreichen. In diesem Zusammenhang müsse auch bedacht werden, dass es für einige spezielle Personenkreise (Frauen, Jugendliche und Senioren) nur einige wenige Vollzugsanstalten im ganzen Land gebe und dies zwangsweise für die Angehörigen wesentlich weitere Entfernungen zum Wohnort beziehungsweise zum Besuch in der Haftanstalt zur Folge habe. Es sei daher die berechtigte Frage zu stellen, so Meßstetten, ob der "Grundsatz" einer heimatnahen Unterbringung nur für Männer mittleren Alters Gültigkeit habe?

Strukturpolitisch stellt sich der Mitbewerber aus dem Nachbarkreis als schwach dar und zielt damit darauf ab, eben deshalb von der Landesregierung berücksichtigt zu werden. Mit der Schließung der Kaserne im Jahr 2013 seien rund 800 militärische Dienstposten und zivile Arbeitsplätze verloren gegangen. Damit einher sei ein gravierender Kaufkraftverlust für die gesamte Region gegangen. "Die Stadt Meßstetten ist bereits im fünften Jahr in Folge sogenannte Sockelgemeinde im Finanzausgleich und erhält daher Mehrzuweisungen aufgrund der niedrigen Steuerkraft", heißt es.

Die gesellschaftliche Akzeptanz sieht die dortige Stadtverwaltung als gegeben an. Sie verweist auf entsprechende Gemeinderatsbeschlüsse und vor allem auf das Engagement von demnach 100 Ehrenamtlichen, die sich rund um die Aufnahmestelle für Flüchtlinge engagierten.

Voraussichtlich Mitte Juli wird die Landesregierung entscheiden, wo eine neue JVA erstellt wird: in Rottweil oder Meßstetten.