Bürgermeister aus Villingendorf und Dietingen halten gewählten Standort für ungeeignet. Zepfenhan nach fünf Jahren Kampf erleichtert.
Rottweil - Es ist das Esch. Die Rottweiler haben sich entschieden. Während sich in Rottweil Erleichterung breit macht, wird in den Nachbargemeinden der Ausgang des Bürgerentscheids am Sonntag mindestens mit gemischten Gefühlen gesehen.
Sowohl Dietingens Bürgermeister Frank Scholz, als auch der Bürgermeister der Gemeinde Villingendorf, Karl-Heinz Bucher, halten den gewählten Standort für das neue Großgefängnis, gelinde gesagt, für ungeeignet. Für die Bewohner beider Gemeinden stelle das Esch ein wichtiges Naherholungsgebiet dar, betonen unisono Scholz und Bucher.
Gleichwohl, auch das betonen die beiden Schultes, sei die demokratisch gefällte Entscheidung zu respektieren. Die Gemeinde Dietingen habe die Stadt Rottweil stets in ihrem Bestreben unterstützt, den Gefängnisneubau in die Stadt zu holen, betont Bürgermeister Scholz. Leider geschehe dies am falschen Platz.
Dietingen habe schon früh seine Anliegen bezüglich des Gefängnisneubaus artikuliert. Scholz nannte gestern auf Nachfrage unserer Zeitung besonders die Ausgestaltung der Beleuchtung, der Begrünung des Areals, die Zuwegung und nicht zuletzt die verträgliche Architektur des Neubaus. Auch die Ausgestaltung des beliebten Radwegs durchs Esch sei zusammen mit den bereits genannten Punkten laut Scholz beim Neubau "besonders zu beachten".
Scholz richtete gestern den Blick auf die bereits bestehende Verwaltungsgemeinschaft mit der Stadt Rottweil. Man sei also sowieso ständig in Verbindung und im Gespräch. Der Dietinger Bürgermeister sieht darin durchaus das richtige Forum, um an der richtigen Stelle und zur richtigen Zeit, die Anliegen Dietingens vorzubringen, so dass sie berücksichtigt werden.
Sehr emotional reagiert Villingendorfs Bürgermeister Karl-Heinz Bucher auf den Ausgang des Bürgerentscheids. Die Villingendorfer seien enttäuscht, dass der Standort Esch schließlich "der Weisheit letzter Schluss" geworden sei. Das Esch sei bei den Villingendorfern als Naherholungsgebiet sehr beliebt, teilweise "von Kindesbeinen an". Nun gelte es, aus der Situation das Beste zu machen. Man werde, so Bucher, sehr genau auf die Vorschläge der Landesregierung hören, wie das Großgefängnis umgesetzt werden soll.
Verwunderlich finde er es, so Bucher, dass sich die Landesregierung über Vorschriften des Naturschutzes hinwegsetze, die sie den Kommunen zur Auflage mache. Aber da seien wohl "vollzugliche Belange" entscheidend gewesen. In Buchers Augen hätten auch die Bürger der unmittelbaren Nachbargemeinden mit abstimmen sollen, die dem Esch näher seien als mancher Ortsteil Rottweils. Bucher mutmaßt, dass das Ergebnis des Bürgerentscheids dann anders ausgefallen wäre.
Aber Buchers Gedanken gehen längst über den reinen Standort des Gefängnisses hinaus. Zwölf Hektar Naherholungsgebiet gingen verloren mit Auswirkungen auf die Ruine Herrenzimmern, aufs Neckartal und die Neckarburg. Um dies zu ersetzen, sei eine regionale Lösung gefragt, ja man müsse geradezu neue Wege bei der Umsetzung dieses Landschaftsausgleichs gehen, fordert Bucher. Aber auch hier signalisiert der Villingendorfer Schultes Gesprächsbereitschaft.
Was die Entfernung betrifft, gehören die Einwohner des Rottweiler Stadtteils Zepfenhan zu denen, die weiter entfernt sich vom Esch als etwa die Villingendorfer oder Dietinger. Durch die Diskussion ums Bitzwäldle sind sie allerdings sehr dicht am Thema dran. Erleichtert über den Ausgang des Bürgerentscheids äußerst sich deshalb gestern Ortsvorsteher Eugen Mager: "Ich habe fünf Jahre für den Erhalt des Bitzwäldles gekämpft. Jetzt sind fünf Jahre Ungewissheit vorbei." Über die Gründe für die große Zustimmung seiner Mitbürger zum Standort Esch – in Zepfenhan waren es 78,1 Prozent Ja-Stimmen – will er gar nicht mutmaßen. Auch zum Esch hält er sich mit Äußerungen zurück. Seine Gedanken drehen sich weiter eher ums Bitzwäldle. Er hoffe, dass jetzt Ruhe einkehrt und das Bitzwäldle nicht wieder in den Fokus des öffentlichen Interesses rückt. Er würde viel lieber Ideen entwickeln, das Bitzwäldle ökologisch einzubetten.
Wichtig ist für ihn, dass die Bürger die Möglichkeit hatten, zu entscheiden. "Und die Bürger sind mündig und haben sich ihre Gedanken gemacht. Jetzt ist das Ergebnis zu akzeptieren", meint er. Rottweil stehe jetzt vor der Möglichkeit, die JVA-Pläne umzusetzen.
Relativ entspannt sieht Zimmerns Bürgermeister Emil Maser die Entscheidung fürs Esch. Sicher sei seine Gemeinde weniger betroffen als Dietingen und Villingendorf. Dennoch frage er sich, ob der Stallberg, vielleicht mit einem höheren Kostenaufwand, nicht der bessere Standort gewesen wäre. Die Diskussion unter der Zimmerner Bevölkerung über das Gefängnis sei nach seiner Einschätzung auch wenig emotional verlaufen. Maser rät dazu, die Sache gelassen anzugehen. Die Planungsphase und Schaffung der rechtlichen Voraussetzungen für eine Bebauung des Esch zu schaffen, werde seine Zeit brauchen. Zimmern werde sich im Rahmen der Verwaltungsgemeinschaft zur Wort melden, wenn es nötig sein werde, versprach der Schultes gestern. Einzig der Straßenverkehr bereitet Maser jetzt schon Sorgen. Der baubedingte Verkehr dürfe nicht durch die Ortsmitte geführt werden, mehr Verkehr könne die Gemeinde nicht tragen. Bislang sieht er keinen Nachteil für die Gemeinde durch die Entscheidung fürs Esch. "Wir lassen es auf uns zukommen", so Maser.