Im Gebiet Esch in Sichtweite des Testturms wird ab 2022 die neue Justizvollzugsanstalt mit 500 Haftplätzen entstehen.Foto: Archiv Foto: Schwarzwälder Bote

Strafvollzug: Fünf Jahre nach dem Bürgerentscheid steht jetzt der Bebauungsplan / Wald wird gerodet

Er ist satte 373 Seiten dick und ebnet den Weg für 500 dringend benötigte neue Haftplätze im Südwesten: Der Bebauungsplan für den Neubau der Justizvollzugsanstalt in Rottweil steht. Fünf Jahre sind seit dem Bürgerentscheid für die JVA inzwischen vergangen.

Rottweil. Auf einen Rückblick zum Thema Gefängnisneubau verzichtete die Verwaltung in der Sitzung des Umwelt-, Bau- und Verkehrsausschusses am Mittwochabend: Das hätte den zeitlichen Rahmen gesprengt. Denn schließlich drehte das Land bei der Standortsuche für die neue JVA einige Runden, bis das "Esch" in Rottweil schließlich endgültig feststand. Oberbürgermeister Ralf Broß erinnerte nur kurz daran, wie Rottweil letztlich durch den ablehnenden Bürgerentscheid in Tuningen wieder ins Rennen kam.

An Plan wird nicht gerüttelt

Nach dem positiven Bürgerentscheid in Rottweil beschloss der Gemeinderat im September 2015 die Aufstellung des Bebauungsplans. Dieser ist jetzt fertiggestrickt und bietet das Korsett, in dem die beim Architektenwettbewerb siegreiche Planung des Büros Obermeyer aus München umgesetzt wird.

Gefängnis multifunktional

Im Zuge der Offenlage der Pläne im August und September sind 17 Stellungnahmen mit Anregungen von Trägern öffentlicher Belange eingegangen. An den Plänen ändert sich durch diese aber nichts mehr. Und – das hob Bürgermeister Christian Ruf hervor – von Bürgern gab es "null" Einwendungen.

In der "multifunktionalen JVA" entstehen im Gebiet Esch 500 Haftplätze, davon 30 in einem Freigängerheim, für männliche Untersuchungs- und Strafgefangene. Neben den reinen Unterbringungsgebäuden entstehen in dem 23 Hektar umfassenden Plangebiet eine in die Außensicherung integrierte Torwache, Arbeitsbetriebe, Räume für Bildung, Sport und Freizeit, Ver- und Entsorgungseinrichtungen und Verwaltungsgebäude. Ein wichtiges Ziel des Bebauungsplans ist die "verträgliche Einbindung in den empfindlichen Naturraum". Dementsprechend dick ist der Anteil des Umweltberichts im Bebauungsplan. Durch die Eingriffe in die Natur fällt ein Kompensationsbedarf von 326 500 Ökopunkten an. Die zum Ausgleich geplanten externen Maßnahmen sollen mit 371 315 Ökopunkten sogar einen Überschuss bringen.

Zunächst müssen etliche Bäume dem Großprojekt weichen: Im Bereich der Verkehrsfläche und am östlichen Rand wird nun die Rodung von 1500 Quadratmetern Wald vorbereitet. Das erfordert einen "Waldersatz" von 3000 Quadratmetern, der im Plangebiet gepflanzt wird. Die Freimachung des Baufelds ist auf die Monate Januar und Februar begrenzt, "um die Tötung der Haselmaus zu vermeiden", wie es im Umweltbericht heißt.

Erleichterung im Ausschuss

Die Ausschussmitglieder, die den Satzungsbeschluss einstimmig fassten (am 9. Dezember berät der Gemeinderat abschließend), zeigten sich erleichtert. "Es kommt tatsächlich langsam zur Geburt", meinte FDP-Stadtrat Gerhard Aden mit Blick auf die lange Verfahrensdauer. Reiner Hils (SPD+FFR) fühlte sich etwas an Stuttgart 21 erinnert. Dass es keine Einwendungen von Bürgern gegeben habe sei darauf zurückzuführen, dass das Land hohe Standards zugesichert habe. "Jetzt schauen wir, wie tatsächlich gebaut wird – wir hoffen das Beste."

Die Bürger mitgenommen

Auch für Günter Posselt (CDU) sind die ausbleibenden Einwände aus der Öffentlichkeit ein Zeichen dafür, dass die Anregungen aus der intensiven Bürgerbeteiligung schon eingespeist wurden. Und auch wenn der Landesrechnungshof angesichts der Planungen in Rottweil von "Steuergeldverschwendung" spreche, so brauche man für solch ein Projekt eben die Akzeptanz in der Bevölkerung. "Wir haben das zu einem guten Ende geführt", so das Resümee von OB Broß.

Bis zur Inbetriebnahme der neuen JVA ist es allerdings noch ein weiter Weg: Schon zu Beginn des Jahres hatte das Amt Vermögen und Bau Konstanz darüber informiert, dass sich der Zeitplan verschiebt. Ursprünglich war die JVA-Fertigstellung für 2025 geplant. Inzwischen ist von einem Baustart 2022 und der Inbetriebnahme 2027 die Rede. Wer pessimistisch veranlagt ist könnte unken, dass vielleicht sogar die Landesgartenschau-Eröffnung und der Startschuss in der JVA 2028 in einem Aufwasch gefeiert werden können.