Walter Stegmann brachte die Diskussion um die Fragestellung für den Bürgerentscheid ins Rollen. Foto: Kienzler

Gemeinderat umschifft Rechtsrisiko. Bürgerentscheid am 20. September. Unterschriften nachgereicht.

Rottweil - Die Bürger haben das letzte Wort. Am 20. September sind die wahlberechtigten Rottweiler aufgerufen, mit ihrer Stimme zu sagen, ob sie den Gefängnisneubau auf dem Esch wollen oder nicht. Dabei wäre es um ein Haar nicht so weit gekommen.

Nachdem die Bürgerinitiative (BI) "Neckarburg ohne Gefängnis" mit ihrer Unterschriftensammlung für das Bürgerbegehren das notwendige Quorum von zehn Prozent der Wahlberechtigten erreicht hat, blieb es dem Gemeinderat am Mittwochabend, die Formalitäten zu erledigen: die Zulässigkeit festzustellen, das Datum sowie die Fragestellung für den Bürgerentscheid zu beschließen, die Stadtverwaltung mit den Vorbereitungen zu beauftragen und den Wahlausschuss zu bilden. Soweit zu den Beschlüssen.

Oberbürgermeister Ralf Broß wie auch Redner aus den Reihen der Stadträte lobten in diesem Zusammenhang das faire Miteinander, das bisher von Gegnern wie Befürwortern des Standorts Esch an den Tag gelegt wurde. Wie fair sich dabei in diesen Tagen die Stadtverwaltung gezeigt hat, wurde deutlich, als Broß berichtete, dass die BI Ende vergangener Woche auf ein mögliches Scheitern des Bürgerbegehrens hingewiesen wurde. Denn mit den zunächst eingereichten Listen hätten 24 Unterschriften gefehlt. Also legte die Initiative übers Wochenende noch mal nach – und sammelte dabei sogar beim ärztlichen Notdienst in der Helios-Klinik Unterschriften, wie SPD-Stadtrat Jürgen Mehl gestern Abend verärgert berichtete.

Aus den verschiedenen Fraktionen und Gruppen gab es Anerkennung für das Ergebnis der BI. Ebenso einmütig wurde von allen begrüßt, dass nun die Bürger die Möglichkeit bekommen, über den Gefängnisstandort abzustimmen. "Wir haben nun einen Bauherren, der gewillt ist, in Rottweil zu bauen", hält es CDU-Sprecher Günter Posselt jetzt für sinnvoll, die Bürger zu fragen.

Trotz aller Bekenntnisse, Lobes- und Dankesreden für die Arbeit der Stadtverwaltung, den fairen Umgangston, den Standort sowie den Bürgerentscheid – Diskussionsbedarf gab es gestern Abend trotzdem. Und der mündete im Antrag von FWV-Sprecher Walter Stegmann, aus der Frage für den Bürgerentscheid den Hinweis auf die Neckarburg heraus zu nehmen.

"Soll auf dem Rottweiler Standort Esch bei der Neckarburg eine Justizvollzugsanstalt (JVA) errichtet werden?" Diese Formulierung der BI hat die Stadtverwaltung übernommen. Das ist formal so vorgesehen und kann vom Gemeinderat nur verändert werden, wie Brigitte Maute von der Geschäftsstelle des Gemeinderats informierte, wenn die Frage unkonkret oder falsch wäre.

Auf dieses juristische Glatteis wollte sich Oberbürgermeister Broß nicht begeben. Jede Änderung berge die Gefahr des Rechtsrisikos. "Wir haben eine gute Vorlage vom Land bekommen, jetzt sollten wir nicht am Elfmeterpunkt über den Ball stolpern", appellierte Broß, die Frage wie vorgeschlagen zu übernehmen Nach einer kurzen Unterbrechung der Sitzung zog dann Stegmann seinen Antrag zurück. Der Hinweis auf die Neckarburg habe zwar suggestiven Charakter, aber er wolle nichts gefährden.

Wichtiger als die Fragestellung sei, so Broß, dass bei der Abstimmung am 20. September jeder Bürger wisse, wo die JVA gebaut werden soll. Der Information gilt deshalb in den kommenden Wochen die Aufmerksamkeit. Die Stadt will dazu einen Wunsch aus dem Staatsministerium aufgreifen und eine sogenannte "Begleitgruppe ins Leben rufen, die den Prozess bis zum Bürgerentscheid begleitet". Vertreter des Landes, der Stadtverwaltung, Befürworter wie Gegner sollen darin einvernehmlich vorbereiten, welche Informationen an die Öffentlichkeit gehen. Broß wandte sich gestern Abend an die zahlreichen Bürger, die die Sitzung verfolgten, und lud den BI-Vertreter Wolfgang Blässing ein, dabei mitzuwirken.