Bürgerinfotreff im Esch zeigt: Befürworter und Gegner harren in ihren Positionen. Veranstaltung stand auf der Kippe.
Rottweil - Am Donnerstagabend kam Bewegung in die Debatte über das Esch als Gefängnisstandort. Gleichwohl: Befürworter und Gegner sind in ihren Positionen verharrt.
In drei Gruppen führten Grünplaner Johann Senner, der städtische Fachbereichsleiter Lothar Huber und der Projektbeauftragte Alfons Bürk die Menschen rund um das 18 Hektar große Gelände im Gewann Esch, das Standort für den geplanten Gefängnisneubau werden könnte. Das war es dann auch mit der Bewegung. Der Großteil der fast 300 Interessierten hat bereits seine Meinung zum Vorhaben des Landes, dort auf einer bislang als Acker genutzten Fläche ein Gefängnis mit bis zu 400 Plätzen errichten zu wollen.
Großteil aus Dietingen und Villingendorf
Vor allem Gegner des Projekts waren der Einladung der Erwachsenenbildung Dietingen gefolgt, vor Ort das Gespräch mit den Fachleuten suchen zu können und sich einen Eindruck von diesem Rottweiler Naherholungsgebiet zu machen. Und es waren vor allem Villingendorfer und Dietinger, wie auch Albert Scheible von der Erwachsenenbildung in seinem Schlussresümee nach fast zweieinhalb Stunden feststellte. Aufkleber "Nein zum Gefängnis im Esch" zierten Warnwesten und das eine oder andere "Finger weg vom Esch"-Plakat. Als der Villingendorfer Bürgermeister Karl-Heinz Bucher am Ende das Wort ergreift und den "Blick auf die tolle Landschaft" lenkt, spricht er vielen aus der Seele.
Gibt es wirklich beim Land keinen Plan B für den Fall, dass beim Bürgerentscheid am 20. September in Rottweil eine ausreichend große Mehrheit gegen das Esch stimmt? Warum ist der Standort plötzlich wieder im Gespräch, nachdem sich doch der Rottweiler Gemeinderat vor Jahren noch eindeutig dagegen ausgesprochen hatte? Wie soll hier eine Gefängnismauer landschaftsverträglich eingebettet werden? Ist der Erschließungsaufwand zu vertreten? Wie ist das mit der Lichtverschmutzung? Viele Antworten blieben die Fachleute gestern Abend schuldig, denn noch existiert keine Planung für den Gefängnisbau. Und in die Versprechungen, solche Anliegen beim Architektenwettbewerb und im Bebauungsplanverfahren zu berücksichtigen, haben die Gegner wenig Vertrauen. Einer Landesregierung, die für das Gefängnisprojekt die eigenen Vorgaben zur Reduzierung des Flächenverbrauchs missachtet, sei doch nicht zu trauen, meinte Henning Theobald als Sprecher der Bürgerinitiative Neckarburg ohne Gefängnis (BI) zum Schluss.
Übrigens: Die Gelegenheit, am Donnerstagabend zu Wort zu kommen, war Henning Theobald und Winfried Hecht von der Bürgerinitiative nicht genug. Sie erläuterten bereits am Vormittag vor Ort noch einmal ihren Standpunkt. "Der Architektenwettbewerb ist aus meiner Sicht ein Wahlversprechen", sagt der Villingendorfer Theobald. Stuttgart musste nachlegen, als der Bürgerentscheid feststand, mutmaßt auch Hecht.
Die Befürworter des Standorts Esch hingegen sehen sich nach Donnerstagabend in ihrer Meinung bestärkt, dass das Areal für den Gefängnisneubau geeignet ist. Stadtrat Jürgen Mehl machte dennoch deutlich, dass sich der Rottweiler Gemeinderat die Abwägung nicht einfach gemacht habe. Die Topografie, so hatte Johann Senner gleich zu Beginn erklärt, eigne sich, den Bau ins Gelände einzubetten. Und der österreichische Architekt Josef Hohensinn, der übrigens am 15. September bei der Infoveranstaltung in der Stadthalle dabei sein wird, habe gerade erst in Berlin eine JVA gebaut – ohne Gefängnismauer aber mit Zaun. So versuchten die Vertreter der Stadt und des Landes, mangels existierender Planung, die Möglichkeiten und Ideen aufzuzeigen. "Wir haben nicht aus Absicht keine Antworten auf viele Fragen, sondern versuchen, Ihnen den Standort nahe zu bringen", formulierte es Lothar Huber. "Wir haben als Bürger die Chance, das Projekt zu begleiten und unsere Belange einzubringen", appellierte Ruth Steinhilber vom Bürgerforum Perspektiven Rottweil.
Dass der Bürgerinfotreff der Erwachsenenbildung Dietingen am Donnerstagabend stattfinden konnte, stand übrigens kurzzeitig auf der Kippe. Weil sich die BI mit einem Fernseh-Team des SWR am Mittwoch für die Sendung "Zur Sache Baden-Württemberg" auf dem Gelände getroffen hat und dabei zur Demonstration, wie eine 5,5 Meter hohe Mauer wirkt, ungefragt mit einem Bagger auf das Feld gefahren war, wie Scheible erzählt. Der Graf Franz von Bissingen war davon gar nicht begeistert und überlegte als Eigentümer des Grundstücks, die Genehmigung für die Veranstaltung kurzfristig wieder zurückzunehmen.