Jonathan Dom, Rosalie Bott und Anna Albrecht (von links) tragen die Forderungen der jungen Klimaschutz-Aktivisten vor. Foto: Nädele Foto: Schwarzwälder Bote

Klimaschutz: "Fridays for Future"-Initiatoren zu Gast im Ausschuss / "Fühlen uns nicht erst genommen"

Das nennt man selbstbewusstes Auftreten: Die jungen Leute, die am Mittwochabend in den Ausschuss eingeladen waren, um über Klimaschutz und die "Fridays for Future"-Initiative zu sprechen, stellten gleich zu Beginn klar: Fünf Minuten Redezeit, und dann auch noch "nur" im Ausschuss und nicht im Gemeinderat – das geht gar nicht.

Rottweil. Knapp 20 Jugendliche waren zur Sitzung des Kultur-, Sozial- und Verwaltungsausschusses im Ratssaal gekommen: auf der einen Seite die Initiatoren der "Fridays for Future"-Demos, auf der anderen die – etwas jüngeren – Vertreter der Projektgruppen, die sich derzeit über das Jugendhearing in die Stadtentwicklung einbringen. Während sie ihre Berichte schon bei anderer Gelegenheit vortrugen, waren die Klimaschutz-Aktivisten zum ersten Mal im Gremium. Dass sie allerdings nur per Telefon eingeladen wurden, sei nicht gerade seriös. Da fühle man sich gleich nicht wirklich ernst genommen, so die Kritik.

Demo ohne Broß

Rosalie Bott, Anna Albrecht und Jonathan Dom fanden klare Worte – und baten darum, nicht unterbrochen zu werden – auch nicht von Oberbürgermeister Ralf Broß. Dieser wurde dafür kritisiert, dass er nicht an der Klimaschutz-Demo teilgenommen hat. Er erklärte dies damit, dass die Veranstaltung – obwohl nicht direkt von den Grünen organisiert, doch von diesen etwas vereinnahmt wurde, was sich nicht mit der von ihm geforderten Neutralität im Vorfeld der Kommunalwahl vereinbaren lasse. Dennoch halte er die Demos für "richtig und wichtig", positionierte er sich.

Die Forderungen der jungen Gäste im Sinne des Klimaschutzes waren ebenso vielfältig wie konkret: umweltschonendes Handeln bei Heizung und Strom in Schulen und anderen öffentlichen Gebäuden, nur noch frisches Essen in der Mensa, das nicht in Plastik angeliefert wird, Umwandlung der Innenstadt in eine verkehrsberuhigte Zone. Fahrradfahrer und der ÖPNV seien als die wichtigsten Verkehrsteilnehmer anzusehen, der ÖPNV müsse weiter ausgebaut werden, mindestens drei E-Bike-Ladestationen werden gefordert. Für Radfahrer seien deutlich gekennzeichnete Radwege vonnöten, der bestehende Angebotsstreifen schaffe vor allem Verwirrung.

Und: Auch im sensiblen Rottweil sollte "Klimaschutz vor Denkmalschutz" gehen, um auch in der Innenstadt Solarmodule möglich zu machen. Eine 110-Prozent-Stelle für einen Klimaschutzbeauftragten und Rottweil als Fair-Trade-Stadt waren weitere Forderungen, die die drei vortrugen.

Erste Ergebnisse sichtbar

Allerdings: Als offizielle "Vertreter der Jugendlichen in Rottweil" wollen sie sich nicht verstanden wissen. "Wir sind nicht für alles verantwortlich, was Jugendliche in dieser Stadt machen."

OB Broß dankte für die "mutigen Wortmeldungen". Dem Gastspiel im Ausschuss könne durchaus eines im Gemeinderat folgen. Dies, so Broß, solle schließlich nur "eine erste Runde" sein. In Rottweil habe man sich schon jetzt in Sachen Klimaschutz einiges auf die Fahnen geschrieben – nicht zuletzt im Zuge des Energy Awards.

Im Ratsrund erhielten die Jugendlichen viel Lob und die Ermunterung, weiterzumachen. Man brauche ihre Ideen. Zu einzelnen Forderungen gab es jedoch, zum Bedauern der Jugendlichen, keinen Austausch – zumindest in dieser Runde noch nicht. Man habe "großes Interesse" an einem weiteren Dialog und aktiver Beteiligung, so Broß.

Dann waren die Teilnehmer des Jugendhearings, allesamt Schüler Rottweiler Schulen, an der Reihe: Sie berichteten, was sie nach vielen Treffen und Aktionen nun schon alles erreicht oder in Planung haben. Erste Früchte des Engagements sind sichtbar, wie zum Beispiel ein gemütlicher Platz zum Sitzen und Grillen im Bereich der Dreherschen Mühle am Neckar. Hierzu werden derzeit die Nutzungsregeln ausgearbeitet, erklärten die Gruppensprecher.

Andere arbeiten derzeit an einer Graffiti-Aktion, bereiten einen Jugendausflug und eine große Freibadparty vor oder planen einen internationalen Jugendaustausch mit. Eine weitere Gruppe kümmert sich um die Schulraumgestaltung und eine gemeinsame Pausenhofkultur der Schulen. Das Projekt selbstverwaltetes Schülercafé ist allerdings nach zunächst erfolgreicher Umsetzung mit Unterstützung des Kinder- und Jugendreferats wieder eingeschlafen.

Dennoch: Dass schon so vieles von den Schülern umgesetzt oder in konkrete Bahnen gelenkt wurde, dem zollten die Stadträte viel Respekt. Dranbleiben, hieß die Devise – auch wenn in der Kommunalpolitik manchmal eben alles etwas längere dauere.

Kommentar: Zwei Welten

So sieht es aus, wenn die sprichwörtlichen zwei Welten aufeinander treffen: Engagierte junge Leute, die in Rottweil die "Fridays for Future"-Demos auf die Beine stellen, werden in den Gemeinderatsausschuss zum "Gespräch" in Sachen Klimaschutz eingeladen – und müssen feststellen, dass das mit einem Schlagabtausch im realen Leben nichts tun hat: Fünf Minuten Redezeit. Bitte schön der Reihe nach. Erst die Forderungen der Jugendlichen, dann die Statements am Ratstisch. Alle sind voll des Lobes. Tolle Sache, dieser Einsatz für den Klimaschutz. Noch Fragen? Um konkrete Projekte und Ziele für die Stadt geht es erst einmal nicht. "Da hätten wir uns etwas mehr erwartet", ist danach von den jungen Gästen zu hören. Immerhin: Alle Beteiligten sehen es als "Auftakt" zu einem langfristigen Miteinander. Und vielleicht dürfen die Jugendlichen ja auch mal die Spielregeln bestimmen?