Wer kulturelle Veranstaltung plant, muss künftig "experimentierfreudig sein und den Mut haben, sich von alten Strukturen zu lösen", sagt Simon Busch, Vorsitzender des Jazzfestvereins und Sprecher von "kulturrottweil". Foto: Siegmeier Foto: Schwarzwälder Bote

Serie: Kulturschaffende und Corona / Mit Simon Busch im Gespräch

Rottweil. Er ist Vorsitzender des Jazzfestvereins und Sprecher von "kulturrottweil": Simon Busch. Der Kulturbetrieb steht seit Beginn der Pandemie nahezu still. Im Interview spricht Busch über Ideen und Pläne für die Zukunft.

"Das Jazzfest in seiner bisherigen Form wird es 2021 nicht geben. Sollten es die Behörden und die Coronazahlen zulassen, gibt es ein Festival, aber eben anders als gewohnt. Ideen dafür gibt es bereits viele", informiert Simon Busch von der jüngsten Zusammenkunft. Es sei zwar schade und sehr bedauerlich, dass das Jazzfest, "so wie wir alle es kennen und lieben" – erneut nicht stattfinden könne, doch auch der Jazzfestverein müsse, wie andere Kulturbetriebe auch, die Wirtschaftlichkeit im Auge behalten.

Ideen für ein alternatives Festival gebe es bereits viele, beschlossen ist aber noch nichts. Hybridveranstaltungen oder Live-Streams sind hier im Gespräch, ein "Wohnzimmerfestival in reduzierter Form mit neuen Formaten" ebenfalls, wie Simon Busch verrät. Festlegen wolle sich der Verein hier noch nicht. "Wir spielen auf Zeit", gibt sich Busch zuversichtlich und hofft, dass im Frühjahr mehr Planungssicherheit besteht.

Ohne große Namen

Als Sprecher von "kulturrottweil" ist Busch auch über Rottweils Kulturschaffende bestens informiert. "Wir haben unsere Mitglieder angeschrieben und nach ihrer konzeptionellen und wirtschaftlichen Lage befragt".

Finanziell sei vor allem das Zimmertheater stark getroffen, da sämtliche Einnahmen weggebrochen seien, die laufenden Kosten aber gedeckt werden müssten. "Alle andren Vereine kommen wohl mit einem blauen Auge davon", so Busch. Es sei eine große Hilfe, dass die Stadt die Vereinszuschüsse trotz Krise bezahlt habe. Glimpflich sei auch der Jazzfestverein davongekommen. Einige Konzerte hätte man verschieben und manche Verträge kostenfrei kündigen können. Gelder für administrative Aufwendungen und Werbung seien allerdings bereits geflossen.

Bei allem Optimismus sei eines aber jetzt bereits klar: "Mit großen Namen wird es auf jeden Fall eng". Auch das Forum Kunst, das in diesem Jahr sein 50-jähriges Bestehen feiert, sei hart getroffen, viele tolle Veranstaltungen habe man absagen müssen.

Simon Busch befürchtet, dass es künftig bei den Zuwendungsgebern der öffentlichen Hand schwierig werden dürfte. "An der Kultur als freiwilliger Leistung wird leider zuerst gespart. Ich habe die Befürchtung, dass man hier auch weiterhin schnell den Rotstift ansetzt", so Busch. Deswegen sei Vermittlungsarbeit in diesem Bereich sehr wichtig. Derzeit würde die Pandemie auch dafür sorgen, dass viele Leute sehr zurückhaltend und Veranstaltungen oft nicht gut besucht sind. "Aber es muss etwas stattfinden, und wir müssen experimentierfreudig sein, denn der Kulturverzicht schadet der Gesellschaft auf Dauer", ist sich Busch sicher. Kulturelle Bildung sei wichtig. "Selbstverständlich immer unter Einhaltung der aktuellen Bestimmungen zum Schutz aller Beteiligten". Durch Corona erlebe die Digitalisierung in vielen Gebieten einen Schub, freut er sich. Das sei übrigens auch Thema des nächsten Kulturstammtischs von "kulturrottweil" am 22. Oktober im Kraftwerk. Mike Wutta wird hier über die Zukunft der Veranstaltungsbranche referieren. Eine Anmeldung für die Veranstaltung ist erforderlich. "Vielleicht brauchen wir auch ein wenig Mut, uns von alten Strukturen zu lösen", so Busch.