Foto: Schwarzwälder-Bote

In 24 Wochen ist Bundestagswahl. Die politische Landschaft ist unberechenbarer geworden.

In 24 Wochen ist Bundestagswahl. Die politische Landschaft ist unberechenbarer geworden. Wie aufgeregt die Atmosphäre bereits ist, lässt sich auch an der politischen Basis ausmachen. Zum Beispiel im Rottweiler Kreistag. Der sich sonst als Grandseigneur, den nichts so schnell umwirft, zeigende FDP-Mann Gerhard Aden ging dort jetzt seinem Landtags-Kollegen Stefan Teufel verbal ans Leder. Der agile CDU-Mann hatte Kultusministerin Susanne Eisenmann elegant zu Schulen im Kreisgebiet gelotst, wo die Teufel-Parteifreundin, wie berichtet, einen guten Job machte. Erfrischend offen und ohne Ideologie-Gehabe erklärte sie ihre Sicht von zukunftsweisender Schulpolitik. Die zu Markte getragenen Ansichten hätten vermutlich auch Aden sehr gefallen. Doch der konnte mangels einer Einladung – wie andere CDU-ferne lokale Politgrößen auch – nicht mit von der Partie sein.

Das Empfinden, dass da einer seine Partei und sich selbst wenig Gentleman-like zu vorteilhaft in Szene gesetzt haben könnte, plagt auch SPD-Kreisrätin Ruth Hunds. Die hätte es gerne gesehen, wenn in der Berichterstattung über das Treffen mit etlichen Schulleitern aus dem Kreisgebiet und Landrat, Oberbürgermeister und Bürgermeister an der Besucherspitze – ausdrücklicher von CDU-Veranstaltungen die Rede gewesen wäre. Teufel indes verteidigt genüsslich und mit dem Hinweis auf eine jahrzehntelang geübte Praxis seine Einladungsstrategie, die bei der Konkurrenz vermutlich deshalb für besondere Nadelstiche sorgte, weil Frau Ministerin eine "Bella Figura" machte und sich deshalb auch über entsprechende Schlagzeilen freuen konnte.

Bernd Richter (ÖDP), der bei seiner politischen Mission mit Blick auf die Wählerresonanz traditionell kleinere Brötchen backen muss, bringt bei solchem Gezerfe mit seinem Talent, ein Streitthema auch mal mit ordentlich Galgenhumor wohltuend entschärfen zu können, eine gütige Note ins Spiel. Der äußerst rüstige Mitsiebziger, der sich vor allem für die Themen Umwelt und Familie starkmacht, ließ zur Erheiterung der Ratstisch-Kollegenschar mit Schalk im Nacken wissen, er werde nie "in Teufels Küche kommen" und eine Ministerin oder einen Minister einladen können.

Landrat Wolf-Rüdiger Michel ließ Aden zum Eisenmann-Gastspiel in Rottweil, das dem vom Kreis sehr geförderten Berufsschulwesen gewidmet war, wissen, dass der Landkreis weder organisatorisch noch ideell in die Veranstaltung eingebunden gewesen sei. Mit der Ahnung, dass sich bis zu dem sich als besonders spannend abzeichnenden Wahlereignis im September ein heftigeres Wahlkampfgetöse als sonst entwickeln könnte, betonte Michel auch geflissentlich, dass sich der Landkreis selbst ab dem 1. Juni hinsichtlich von Partei-Promotion absolut abstinent verhalten und ab diesem Zeitpunkt keine Bühne mehr für Besucher aus "der höheren Politik" bieten wird.

Was die Werbekarawanen der Parteien bis zum 24. September so alles an "Wählerbeschallung" inszenieren werden, steht indes auf einem ganz anderen Blatt.

Aber noch einmal zurück zu Teufels Solo. Bei Weitem nicht bei allen in den Kreistagsreihen wurde dessen Einladungstaktik als grobes Foul empfunden. Ball flach halten, heißt es bei der FWV-Fraktion. Und in der Tat: Laut einer Statistik zum Spitzenfußball führt nur jede zwanzigste hochgezonte Flanken-Attacke zu einem Torerfolg.