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50-Jähriger wegen fahrlässiger Körperverletzung vor Gericht. Schuld nicht eindeutig nachweisbar.

Rottweil - Ein Unfall, bei dem ein Motorradfahrer von der Straße abgedrängt wurde, landete kürzlich vor dem Amtsgericht Rottweil. Der Angeklagte wurde freigesprochen.

Zwei junge Motorradfahrer seien im September 2018 von Bühlingen nach Lauffen unterwegs gewesen, als ihnen ein langsames Auto vor ihnen aufgefallen sei, begann die Staatsanwältin, die Anklageschrift zu verlesen. Nach einigen Minuten haben die jungen Männer überholt, der Autofahrer habe mit Lichthupe reagiert. Der Fahrer habe seinerseits zum Überholmanöver angesetzt, sei zu früh eingeschert und habe dabei den vorderen der beiden Motorradfahrer an die Leitplanke gedrängt. Beim Zusammenstoß sei dieser zu Fall gekommen.

Nun stand ein 50-jähriger Mann wegen fahrlässiger Körperverletzung vor Gericht. Er und sein Verteidiger verzichteten auf eine Aussage zum Geschehen.

Autofahrer beschleunigt plötzlich stark

"Wir haben uns gewundert, weil das Auto vor uns immer wieder abgebremst hat", erinnerte sich der 16-jährige Motorradfahrer, der am besagten Abend mit seinem Kumpel Richtung Lauffen auf dem Heimweg war. Nachdem die beiden den Autofahrer überholt hatten und dabei ihrer Meinung nach genügend Abstand hielten, habe der Autofahrer plötzlich stark beschleunigt. Der Geschädigte junge Mann sei vor seinem Freund gefahren. Das Auto sei mit Fernlicht am ersten Motorrad vorbeigerast und habe auf Höhe des 16-Jährigen Geschädigten eingeschert. Das Auto habe sein Motorrad gerammt, er sei gestürzt.

Hier deckten sich die Aussagen der beiden Zeugen weitgehend. Die jungen Männer erinnerten sich, dass das Auto mit hoher Geschwindigkeit durch Lauffen davongerast sei. Einig waren sie sich außerdem darin, dass die Person am Steuer männlich gewesen sei. Lediglich bei der Aussage zur Beschreibung des Autos gab es Unklarheiten. Die Zusammenfassung "dunkles Familienauto" tauchte mehrmals auf, in Polizeiberichten war von einem Van oder SUV die Rede. Außerdem soll es einen Fahrradträger getragen haben. Der Kumpel des Geschädigten erkannte die ersten drei Buchstaben des Kennzeichens.

Schaden am Auto nicht zweifelsfrei zuzuordnen

Aufgrund der Beschreibung des Autos kam die Polizei auf einen VW Sharan, gegen dessen Halter einige Tage zuvor schon ermittelt worden war. Als das Auto gefunden war, fielen Beschädigungen auf. Ein Gutachter nahm den VW unter die Lupe. Er kam zu dem Schluss, dass einige der Schrammen von einem Unfall genau dieser Art stammen konnten. Das Problem war, dass kein Lack des fremden Fahrzeugs übertragen wurde, womit die Spuren eindeutig zuzuordnen wären. Sicher war sich der Sachverständige, dass die besagten Kratzer kein Altschaden waren. In Bezug auf den Fall ging er im Übrigen nicht von einem Versehen aus. Für ihn stand fest: Der Autofahrer musste beide Motorräder gesehen haben, da sie beleuchtet waren.

In den Zeugenstand wurde auch die Ehefrau des Angeklagten gerufen. Sie gab an, am Tat-Abend um 21.45 Uhr nach Hause gekommen zu sein und den Wagen im Hof gesehen zu haben. Anschließend habe sie ihren Mann in seinem Büro aufgesucht, der jedoch laut eigener Aussage noch etwas fertig machen musste. Der Unfall wurde um 22 Uhr gemeldet.

Die Staatsanwaltschaft plädierte auf Freispruch, da nicht eindeutig feststellbar gewesen sei, ob der Angelagte der Unfallfahrer war. Außerdem fehlten objektive Spuren, die hätten beweisen könnten, dass der Schaden am Auto tatsächlich von diesem Unfall herrührte.

Dieser Einschätzung schloss sich der Strafverteidiger an. Er redete von einem "klassischen Ermittlungsfehler". Die Polizei habe nur einen Verdächtigen gefunden, obwohl die ersten drei Buchstaben des Kennzeichens einer Einschätzung eines Polizisten zufolge noch weitere 40 Autos im Kreis Rottweil tragen. Diese wurden jedoch nicht überprüft. Auch könne schlussendlich nicht bewiesen werden, dass der Schaden nicht älter sei.

Der Verteidiger des Nebenklägers wiedersprach. "Hier liegt ein Fall von vorsätzlicher Straßenverkehrsgefährdung vor", meinte dieser, und den Angeklagten freizusprechen habe nichts mehr mit einem gesunden Restzweifel zu tun. Die belastenden Hinweise seien erdrückend, denn "wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass das Auto des Angeklagten, das auf die Beschreibung der Zeugen passt, im gleichen Zeitraum einen Unfall hatte, der die gleichen Schäden verursachte?". Für ihn gebe es keinen Zweifel an der Schuld. "Dafür ist alles zu stimmig."

Im Urteil schloss sich die Richterin jedoch der Staatsanwaltschaft an. "Es sind zu viele Fragen offen", um eine Verurteilung zu rechtfertigen. Da die Schuld nicht in letzter ganz zweifelsfrei nachgewiesen werden konnte, wurde der Angeklagte freigesprochen.