In Kleingruppen werden Anregungen für den Architektenwettbewerb diskutiert. Foto: Graner

JVA: Bürger bringen Vorschläge zur Gefängnis-Gestaltung ein. Interesse an Veranstaltung gering.

Rottweil - Normalerweise sind die Bürger bei Infoveranstaltungen zum Zuhören verdonnert. Am Montagabend war es anders: Da wollten Stadt und Land wissen, welche Ideen die Bürger fürs neue Großgefängnis haben. Doch nur wenige nutzten die Chance, sie loszuwerden.

Was diesmal fehlte, war die Prominenz: In der Einladung zur Infoveranstaltung in der Stadthalle waren Justizminister Rainer Stickelberger und Staatssekretärin Gisela Erler zwar zu Wort gekommen, zur Veranstaltung schickten sie dann aber doch "nur" ihre Mitarbeiter. Gleichwohl: Was losging wie bisherige Veranstaltungen zur JVA – inzwischen haben die Rottweiler darin eine gewisse Routine – nahm ungewohnte Wendungen. Zum einen gab es doch manch’ Neues zu hören, zum andern hatten tatsächlich die Zuhörer das Sagen. Doch der Reihe nach.

Nach der Begrüßung durch OB Ralf Broß ergriff Matthias Maurer, Leiter des Referats Sicherheit und Ordnung, Bau- und Grundstücksangelegenheiten im Justizministerium, das Mikrofon. Es ging um die Frage: Wie soll das neue Gefängnis aussehen? Auf den perfekten Entwurf will das Land bekanntlich in einem Architektenwettbewerb stoßen. Am Auslobungstext wird derzeit gefeilt. Viele Impulse seien dazu schon eingegangen, sagte Maurer. Gestern Abend erhielten die Anwesenden Gelegenheit, weitere zu geben.

Zunächst allerdings gaben Ruth Steinhilber, Albrecht Foth und Reinhold Ulmschneider ein Statement ab. Alle drei gehören der sogenannten Beteiligungsgruppe an. Sie ist der Nachfolger der Begleitgruppe, die sich vor dem JVA-Bürgerentscheid formiert hatte. In beiden fanden beziehungsweise finden sich Vertreter von Natur- und Umweltschutzverbänden, der Bürgerinitiative "Neckarburg ohne Gefängnis", von Gefängnisseelsorge, Justiz, Verwaltung, Land sowie dem Bürgerforum Perspektiven für Rottweil. Diesem gehört Steinhilber an. Sie gab einen kurzen Rückblick über die Begleit- und jetzt Beteiligungsgruppe.

Anschließend übernahm Foth, der einstige Chef der Rottweiler Staatsanwaltschaft. Er erläuterte, dass parallel zum Architektenwettbewerb das Bebauungsplanverfahren laufe. Seine Aussage: "Eine JVA nach Schema F würde ins Esch passen wie die Faust aufs Auge."

Reinhold Ulmschneider als Vertreter von BUND, Nabu und Landesnaturschutzverband, schilderte das Dilemma, in dem die Esch-Gegner nun stecken. "Wir können nicht gegen eine Sache sein und nachher daran mitarbeiten." Aber beratend dabei sein so gut es geht und das herausschlagen, was möglich ist. Ulmschneider verwies auf den Antrag der Freien-Wähler-Fraktion im Gemeinderat, das Gefängnis näher an die B 27 und das dortige Waldstück zu rücken. Die würde die Schäden "für das hochempfindliche Esch ein bisschen minimieren".

Behörde rechnet mit 100 Entwürfen

Von den gut 50 Anwesenden gehörten rund 20 der Beteiligungsgruppe an, dazu kamen etliche Gemeinderäte sowie Mitarbeiter von Verwaltung und Land. Die Zahl der "lediglich" Interessierten, auch aus Dietingen und Villingendorf, hielt sich in Grenzen.

Die, die da waren, erfuhren von Matthias Maurer, dass derzeit 370 Plätze im geschlossenen Vollzug geplant sind, dazu komme ein Freigängerheim mit 30 Plätzen. Die Sporthalle solle so nah wie möglich an den Eingang herangerückt werden, weil sich in früheren Bürgerinfoveranstaltungen gezeigt hatte, dass das Interesse seitens der Vereine groß ist, diese Halle mit zu nutzen.

Ebenfalls geplant sei ein Bereich für Langzeitbesuche. Solche Räume hätten "eher ein Klima wie eine Zwei-Zimmer-Wohnung". Und ein Andachtsraum sei ihm persönlich wichtig – vielleicht ja sogar mit Innenhof. Anders als bisher in Baden-Württemberg seien Wohngruppen mit maximal 15 Gefangenen geplant. Dazu solle es einen barrierefreien Bereich geben für die steigende Zahl an älteren Häftlingen. Womöglich mit Duschen in den Zellen. "Das wäre ein Novum." Zudem sei eine 90-prozentige Einzelbelegung angestrebt.

Auch ein Verkaufsraum oder ein Café wie dem "Knackpunkt" in der JVA Mannheim, wo auch Leute von "außen" einkehren können, sei vorstellbar. "Da bestehen schon Möglichkeiten", sagte Maurer.

Joshua Tarrago (Vermögen und Bau, Amt Konstanz) erläuterte den Zeitplan. Im Frühjahr soll der Architektenwettbewerb international ausgeschrieben werden, im Frühjahr 2017 der Gewinner feststehen. In der ersten Phase rechnet er mit 100 Bewerbungen, aus denen ein Preisgericht die 20 besten auswählt. "Wenn beide Phasen durch sind, werden die Arbeiten öffentlich vorgestellt."

Was aber soll in den Ausschreibungstext? Ideen dafür sammelten die Bürger gestern in Arbeitsgruppen. Je zu sechst diskutierten sie über die Themen "Umwelt und Natur, Einbettung in die Landschaft" sowie "Freizeit und Erholung" und "Funktionalität und Gestaltung der JVA". Zweimal knapp eine halbe Stunde wurde in Kleingruppen diskutiert, jeder konnte zwei Themen beackern.

Die Ergebnisse waren teils neu, teils alte Bekannte. Bisherige Naherholungsmöglichkeiten sollten erhalten bleiben, meinte eine Gruppe und wünschte sich Erholung auch für die Gefangenen. Etwa dank Bücherei und Kraftraum. Gleichzeitig hoffte sie auf ein Gastronomieangebot in Verbindung mit dem Freigängerheim. Anderen waren "modernste Resozialisierungsmaßnahmen" am wichtigsten und ein sehr gutes Sicherheitskonzept. Eine weitere Gruppe ergänzte, Transparenz wäre dennoch gut – "Zäune statt Mauern". Sie setzte zudem auf eine energieautarke Bauweise. Wieder andere wünschen sich bunt gestrichene Fassaden oder unterirdische Verbindungen zwischen den Gebäudeteilen.

Ideen gab es viele. Florian Wahl vom Staatsministerium versprach, dass Stadt und Land sie in den kommenden Wochen prüfen werden: "Ziel ist es, Ihre Wünsche und Vorstellungen so weit wie möglich einfließen zu lassen."