Kirche: Geistlicher Impuls auch ohne Gottesdienst / Pfarrer legen an dieser Stelle ihre Gedanken dar

Rottweil. "Die Hoffnung stirbt zuletzt." Dieses bekannte Sprichwort ging mir in den letzten Tagen immer wieder durch den Kopf. Zu hoffen, das heißt ja: trotz widriger Umstände immer noch Vertrauen zu haben, dass etwas anders werden kann. Wo die Hoffnung gestorben ist, gibt es keine Perspektive mehr. Wenn ich aber noch einen Ausblick habe, dann habe ich Hoffnung. Sie stirbt eben zuletzt.

Vielleicht ist es wirklich so, dass Hoffnung und Leben untrennbar miteinander verbunden sind, so wie es in einem Zitat von Cicero heißt: "dum spiro spero" – solange ich atme, hoffe ich.

Ich spiele ein wenig mit diesen Worten. Es könnte ja auch heißen: Solange ich hoffe, atme ich. Beim Nachspüren dieser lateinischen Wörter erinnert sich vielleicht mancher von Ihnen an ein anderes lateinisches Wort: "spiritus" – Geist. Ich bin mir sicher, dass durch und in Hoffnung der Heilige Geist wirken kann!

Gerade in diesen Tagen brauchen wir mehr denn je Hoffnung. Diejenigen, die an Covid-19 erkrankt sind, brauchen die Perspektive auf Gesundung und im wahrsten Sinne des Wortes brauchen sie Luft zum Atmen. Wer im Gesundheitswesen arbeitet, braucht Hoffnung auf einen Verlauf der Erkrankungen, der bewältigbar ist – sowohl im Blick auf ethische, als auch medizinische und ressourcenorientierte Gesichtspunkte. Wer zuhause bleiben muss, hofft auf eine baldige Rückkehr in den Alltag. Wem die Krise die existentiellen Grundlagen raubt, hofft auf eine ausreichende und schnelle staatliche Unterstützung.

Trotz der hohen Infektionszahlen sehe ich Hoffnung. Sie ist da, wo Menschen eine Kerze ans Fenster stellen. Hoffnung gibt mir das Engagement der Ärzte und Pflegekräfte, die all ihre Expertise ins Spiel bringen. Ich spüre sie in den sozialen Netzwerken und in vielen praktischen Hilfsangeboten. Die Hoffnung zeigt sich, indem Unternehmen ihr Personal und ihre Maschinen nutzen, um Beatmungsgeräte herzustellen. Hoffnung ist spürbar, wenn in den Wohnzimmern Mundschutzmasken genäht werden.

Solange ich hoffe, atme ich, kann heilige Geisteskraft wehen. Zu hoffen, das bedeutet aber nicht automatisch, dass alles gut werden wird. Der Theologe Fulbert Steffensky schreibt über die Hoffnung: "Vielleicht sollen wir die Frage nach dem guten Ausgang vergessen, denn sie ist nicht beantwortbar. Es garantiert uns keiner, dass das Leben auf der Erde in absehbarer Zeit nicht kollabiert. Aber wir können tun, als hofften wir. Hoffen lernt man auch dadurch, dass man handelt, als sei Rettung möglich." Hoffen ist sinnvoll. Weil Hoffnung für uns wie lebensnotwendiger Atem ist.

Ich möchte Ihnen noch einen Satz zur Hoffnung mitgeben, er ist vom Apostel Paulus. Er schreibt: "Seid fröhlich in Hoffnung, geduldig in Trübsal, beharrlich im Gebet" (Römer 12,12). Gerade in Zeiten des "Trübsals", in denen der Ausgang ungewiss ist, sollen wir nicht aufgeben. Paulus stellt seine Worte auf den Grund der Auferstehung Christi. Er ermutigt uns, dasselbe zu tun. Im Blick auf die gegenwärtige Passionszeit könnte das für uns heißen: "Seid fröhlich in Hoffnung, denn Jesus Christus hat das Leiden und den Tod durchschritten. Er hat sich uns solidarisch an die Seite gestellt. Er hat sich allem ausgesetzt, was euer Leben zum Trübsal macht. Drum seid fröhlich in Hoffnung, geduldig in Trübsal, beharrlich im Gebet." Dass Sie die Hoffnung nicht aufgeben, sondern wie Ihren Atem immer bei sich haben, und dass Sie darin den Geist Gottes spüren – das wünsche ich Ihnen!