Am Ortsrand von Bühlingen soll nun "in attraktiver Lage" ein neues Baugebiet entstehen. (Symbolfoto) Foto: Stone36/ Shutterstock

"Hölzle" in Bühlingen contra Natur. Forderung nach ökologischem Ausgleich. Bebauungsplan steht.

Rottweil - Verdutzte Gesichter im Gemeinderat am Mittwochabend: Mitten in der Sitzung ertönt plötzlich lautstarker Protest vom Innenhof herauf: Durch ein Megafon ruft eine Bürgerin dazu auf, im "Hölzle" in Bühlingen nicht in die Natur einzugreifen. Es folgt eine hitzige Diskussion am Ratstisch.

Das Dilemma: Die Bühlinger brauchen dringend Platz für neue Wohnbebauung. Der Bedarf ist groß. Am Ortsrand von Bühlingen soll nun "in attraktiver Lage" ein neues Baugebiet entstehen. Die Stadt will die Aufstellung im beschleunigten Verfahren nach Paragraf 13b Baugesetzbuch über die Bühne bringen. Bei diesem Verfahren kann auf eine Ausgleichsbilanzierung über Ökopunkte verzichtet werden. Ein Umstand wiederum, der den Grünen gar nicht gefällt. Sie beantragten deshalb, die Stadt solle einen freiwilligen ökologischen Ausgleich leisten.

Statement statt Frage

Nach dem Zwischenruf am Megafon machte Bürgerin Ute Bott ihren Protest gegen den Bebauungsplan auch im Ratssaal deutlich: Im Rahmen der Bürgerfragestunde ergriff sie das Wort und erklärte, das der Wunsch der Bühlinger zwar verständlich, der ökologische Flächenverbrauch dort aber verantwortungslos sei. Dies habe verheerende Folgen. Oberbürgermeister Ralf Broß unterbrach mit dem Hinweis, dass es bei der Bürgerfragestunde nicht um politische Statements, sondern eben um Fragen gehe. Erbost verließ sie den Saal, zusätzlich verärgert durch eine ihrer Ansicht abwertend winkende Geste von FDP-Stadrat Gerhard Aden, über die sie sich bei Oberbürgermeister Ralf Broß ausdrücklich beschwerte.

Ruhe kehrte anschließend jedoch nicht ein. Es entbrannte eine durchaus heftige Debatte über Art und Weise sowie Sinnhaftigkeit eines ökologischen Ausgleichs.

Forderung nach ökologischem Ausgleich

Frank Sucker untermauerte zunächst den Antrag der Grünen. Im "Hölzle" nehme man der Natur etwas, ohne etwas zurückzugeben. Der Paragraf 13b sei nicht mehr zeitgemäß, es werde im Hölzle "tendenziell Schaden angerichtet", weshalb man die Folgen ausgleichen solle.

Bürgermeister Christian Ruf wies seinerseits auf die Erleichterungen durch das beschleunigte Verfahren und die hohe Auslastung der Verwaltung hin. Die Fachbehörden würden trotzdem gehört.

Ein ökologischer Ausgleich müsse drin sein, dies dürfe nicht an Verwaltungskapazitäten scheitern, erklärte Reiner Hils dazu für SPD+FFR. Er wertete den Antrag der Grünen als gutes Zeichen. Aus den Reihen der CDU gab es jedoch Bedenken, dass das Verfahren ausgebremst wird. Auch den Freien Wählern ist laut Peter Schellenberg an einer beschleunigten Abwicklung gelegen. Man sei ja, so Günter Posselt (CDU), ohnehin Herr des Verfahrens und frei bei dessen Ausgestaltung.

Auch Monika Hugger warnte davor, sich durch einen geänderten Beschluss eine Verpflichtung aufzuerlegen, die dann das Tempo aus dem Verfahren nehmen würde. Ihr Kollege Rasmus Reinhardt riet dazu, das Ganze jetzt "einfach mal durchzuziehen". Gabriele Schneider betonte, dass eine ökologische Aufwertung dort allen, auch den Bauherrn, zugute komme.

Verfahren nicht bremsen

Nach einer Stunde stellte sich heraus: Irgendwie wollen alle das Gleiche – nur wie wird das zu Papier gebracht? "Wir gönnen Bühlingen die Bauplätze", so Jürgen Mehl (SPD+FFR). Einen ökologischen Ausgleich könne man ganz unbürokratisch schaffen. Auch Ralf Banholzer (CDU) verdeutlichte, man sträube sich nicht gegen einen ökologischen Ausgleich, sondern dagegen, dies wie im Antrag formuliert in den Bebauungsplan reinzupacken.

Ingeborg Gekle-Maier (Grüne) räumte hier eine missverständliche Formulierung ein. Man wolle den Ausgleich unabhänging vom Bebauungsplan und nicht im komplizierten Berechnungsverfahren über Ökopunkte regeln. Darauf konnte man sich am Ratstisch mehrheitlich einigen. Die Verwaltung wurde beauftragt, geeignete Maßnahmen vorzuschlagen.

Bebauungsplan steht

Dem Aufstellungsbeschluss zum Bebauungsplan Hölzle wurde bei einer Enthaltung von Frank Sucker und einer Gegenstimme von Hubert Nowack (beide Grüne) gefasst. Nowack erklärte, im Hölzle habe man "das Thema verfehlt". So sehe die Zukunft der Stadtplanung nicht aus.