"True Blue" wieder vereint – und am Freitagabend bestens gelaunt. Foto: Schnekenburger Foto: Schwarzwälder Bote

Jazzfest: Dulfer und Kent begeistern

Gänsehaut im Stall: Zwei Jazznächte, die unterschiedlicher kaum sein könnten, und die doch einen gemeinsamen Nenner haben: Stacey Kent und Candy Dulfer geben für ihr Rottweiler Publikum alles.

Rottweil. Am Ende gibt es noch luftigen Bossa Nova von einer sehr präsenten Sängerin. Dass zwei Stunden zuvor der Auftritt von Stacey Kent noch infrage stand, ist vergessen. Es ist ein Abend wie für Freunde. Schnell kommt Stacey Kent beim Publikum an. Distanz zum Star? Gibt es nicht. Die Alte Stallhalle wird zum Wohnzimmer. Da wird erzählt, zusammen gefeiert – und eben Musik gemacht. Es sind nicht die lauten Töne, die an diesem Abend, den das wiedervereinte Quintett "True Blue" eröffnet hat, zählen. Und doch bleibt der Gesang bestimmt, füllt den Raum mit samtenem Klang. Die Intensität ist enorm, und schnell verfestigt sich der Eindruck, dass Stacey Kent genau so ist, wie sie jetzt auf der Bühne steht, wie sie singt, wie sie erzählt, wie sie mit ihren Kollegen agiert. Besonders natürlich mit Jim Tomlinson. Nicht nur, weil der Saxofonist und die Sängerin auch privat ein Paar sind, sondern weil Tomlinson immer wieder zur Flöte greift und mit dieser die zweite Stimme in den Dialog zum Gesang einsteuert – ein vertrautes musikalisches Miteinander, das sehr organisch, trotzdem stets inspiriert wirkt.

Am Samstag ist alles anders. Fast alles. Die Intensität und die Authentizität bringt natürlich auch Candy Dulfer mit. Die niederländische Saxofonistin, deren Konzert ziemlich schnell ausverkauft war, hat allerdings eine ganz andere Musik im Gepäck. Heiß, scharf, bunt, laut: Hier drängt der Sound in den Saal, zwingt die 1000 Besucher förmlich, sich einnehmen zu lassen, mitzumachen. Und zwar schnell. Tatsächlich braucht das Publikum diese Aufforderung nicht. Es feiert Candy Dulfer und deren exzellente Band um den Gitarristen Ulco Bed und kann gar nicht genug bekommen.

Die Saxofonistin weiß, was sie ihren Fans schuldig ist und zündet ein Feuerwerk ihrer Hits. Nicht ohne Erklärung oder Kommentar. Die Hommage an Prince etwa, oder, klar, "Lily Was Here". Dieses Stück habe ihr Leben verändert, sagt sie. Auf diese Musik gründet sich ihre Karriere. Wohl hundert Millionen Male habe sie das gespielt, sagt sie. und sie spielt es auch im Stall. Mit messerscharfem Ton, auf den Punkt und mit unbändiger Präsenz.

Ob das Kraft kostet? Kann sein, anzumerken ist es Candy Dulfer aber nicht. Sie fühlt sich wohl beim Jazzfest, feiert mit den Besuchern, die den Stall so füllen, dass, so vermutet die Musikerin, die Straßen in Rottweil an diesem Abend leer sein müssten. Und sie erinnert an ihren Auftritt beim Ferienzauber. Das ist fast zwei Jahrzehnte her. Das Publikum sei nicht gealtert, versichert sie. Zumindest, was die Stimmung betrifft, liegt sie damit richtig. Die wird zwischendurch auch mit Blassynthie und Vocoder befeuert, und wenn gerade nicht volumenreiches, straightes Funk-Sax angesagt ist, gibt es auch noch guten Gesang. Wobei Dulfer auch dem Youngster im Team, Camilo Rodriguez, viel Raum lässt, und der Sänger diesen gut nutzt.  Am heutigen Montag präsentiert das Rottweiler Jazzfest das Kinga Głyk Quartet in der Alten Stallhalle. Beginn ist um 20.30 Uhr.