Mit der notwendigen "kriminellen Energie" sei es für jeden während der Operation möglich gewesen, dem Patienten eine Heparinspritze zu setzen. Foto: dpa

Anästhesisten erklären im Krankenschwester-Mordprozess Abläufe während einer OP.

Rottweil - Der Gerichtssaal am Rottweiler Landgericht wurde zum Operationssaal: Operationstisch, Monitor, Instrumententisch und Überwachungsgeräte waren aufgebaut. Im Krankenschwester-Mordprozess wurden interessante Einblicke geboten.

Joachim Nadstawek, Leiter der Schmerztherapie der Klinik Bonn veranschaulichte mit zwei weiteren Anästhesisten die Geschehnisse während und vor einer Operation. Spannend war der Disput zwischen der Angeklagten und Nadstawek. Mit der notwendigen "kriminellen Energie" sei es für jeden während der Operation möglich gewesen, dem Patienten eine Heparinspritze zu setzen, behauptete die Anästhesie-Pflegekraft. Sogar jemand aus dem OP-Team könne unbemerkt eine Spritze in der Hand gehalten haben.

"Unmöglich", widersprach der Fachmann. Schon der Stich durch die sterilen Tücher sei mit einer Zwölfer-Nadel nicht machbar, schon gar nicht unbemerkt. Höchstes Gebot während einer Operation sei, dass alles steril ist. Würde sich eine zuvor nicht desinfizierte Person dem Patienten nähern, wäre er von der OP-Schwester "massakriert", worden, sagte Nadstawek. Dagegen könnten die Handlungen der Pflegekräfte, die hinter der sterilen Abschirmung agieren, unbemerkt bleiben, sagte einer der Anästhesisten.

Interessant auch die Aussage einer Anästhesieärztin: Sensibilisiert durch die Blutungsfälle und den Verdacht auf Beigabe von Heparin bei den ersten beiden Operationen, habe sie den dritten Patienten "nicht aus den Augen gelassen". Als die Blutung einsetzte, wollte sie die Gerinnungswerte bestimmen lassen. Die Angeklagte habe sie davon abhalten wollen, erinnerte sich die Ärztin. Die Bestimmung habe keine Relevanz.

Auch als sie die Anästhesie-Pflegekraft aufforderte, das Gegenmittel Protamin zu holen, habe sich die Angeklagte "wenig hilfreich" gezeigt, "das haben wir nicht", soll sie gesagt haben.

Wie bereits berichtet, starben die ersten beiden Operationspatienten, während der dritte gerettet werden konnte, nachdem der Chefarzt Protamin noch rechtzeitig besorgt hatte.