Tag für Tag ist der evangelische Pfarrer und Klinikseelsorger Christian Honold in der Helios-Klinik unterwegs und besucht die Patienten. Foto: Siegmeier Foto: Schwarzwälder Bote

Serie: Klinikseelsorger Christian Honold über Trauer im Wandel der Zeit / Tod noch immer ein Tabu?­

Jeder stirbt. Darüber geredet wird indes nur ungern. Selbst wenn die Diagnose klar und das Ende in Sicht ist, möchten manche Patienten nicht darüber sprechen, erzählt der evangelische Pfarrer und Klinikseelsorger Christian Honold.

Rottweil. Andere wiederum würden sich ganz bewusst mit dem Thema Sterben auseinandersetzen und versuchen, vieles zu regeln. Honold, der evangelische Part der Klinikseelsorge an der Helios-Klinik in Rottweil, ist tagtäglich mit Tod und Sterben konfrontiert. Er begleitet Patienten in ihren letzten Stunden, aber auch Angehörige, für die oft eine Welt zusammenbricht, wenn sie einen nahen Verwandten verlieren.

"Ich finde, dass sich die Leute wieder intensiver mit dem Thema auseinandersetzen, auch wenn sie es sehr unterschiedlich wahrnehmen", so Honold. Bei seiner Arbeit als Klinikseelsorger gehe es nicht um den einzelnen Patienten und sein gesamtes Umfeld. "Das Gespräch mit den Angehörigen ist so wichtig wie das Gespräch mit dem Patienten selbst", weiß er. Die Begleitung Angehöriger sei ein wertvoller Bestandteil seiner Arbeit. "Wenn ich Menschen kennenlerne, die Krankheiten haben, die zum Tode führen, dann begleite ich sie und ihre Familien manchmal bis zum Abschied auf dem Friedhof." Und dabei sei jede Familie, jeder Abschied ganz individuell.

Unabhängiger Begleiter für den Patienten

"Man weiß im Vorfeld nicht, was auf einen zukommt. Für jede Familie gibt es einen eigenen Weg. Und für jede Familie gilt es ganz eigene Worte zu finden", erzählt Christian Honold. Zudem gehört Honold dem Palliativteam der Klinik an, nimmt an Besprechungen teil und tauscht sich mit den anderen Mitgliedern aus. Bei der Visite ist er aber nicht dabei. "Ich möchte, dass mich die Patienten unabhängig vom medizinischen System als Vertrauensperson kennen lernen. Ich bin unabhängiger Begleiter für den Patienten und seine Interessen", so der Seelsorger.

Zum Team der Klinikseelsorge zählen von katholischer Seite Marienschwester Berngund und Maria Angela Mariano. Wer von den Seelsorgern nicht besucht wird, aber gerne Seelsorge wünscht – auch Angehörige – kann dies an der Pforte mitteilen. Die Sterbe- und Trauerbegleitung sei sehr wichtig, da sie im doppelten Sinne etwas mit Loslassen zu tun habe. "Oft möchten die Kranken noch loswerden, was sie beschäftigt. Da sind sie oft ganz froh, wenn sie jemandem Unbeteiligten ihre Sicht aufs Leben erzählen können", sagt Honold. Hilfreich sei außerdem, dass die Klinikseelsorge auch vom Klinikpersonal als wichtiger unterstützender Faktor im Klinikbetrieb wahrgenommen werde.

"Der Klinikseelsorger ist heute kein emotional religiöses Randphänomen mehr". Niemandem werde sozusagen die Kirche übergestülpt. Schnell lasse zudem der Patient wissen, ob er ein Gespräch wolle oder nicht. "Der Patient entscheidet über den Gesprächsverlauf", so Honold. Auf eines weist er noch ganz besonders hin: "In der Kirche muss man nicht sein, um das Angebot in Anspruch nehmen zu können. Ich bin für jeden da, ob er Kirchensteuer zahlt oder nicht".

Am Ende jeden Jahres gibt es in der Klinik ein schönes Ritual. In einem Abschiedsgottesdienst wird all derer gedacht, die im Laufe des Jahres während der Palliativversorgung gestorben sind. "Es ist schön, gemeinsam Abschied zu nehmen und sich in der Gemeinschaft der Mittrauernden zu wissen", so Honold.

Der Tod gehört zum Leben, weiß der Volksmund. Doch in unserer Gesellschaft hat er doch keinen Platz. Die meisten Leute möchten mit dem Tabuthema Tod und Sterben nicht konfrontiert werden. Warum eigentlich? In einer Serie beschäftigt sich der Schwarzwälder Bote mit dem Thema Trauer, Tod und Sterben, im Wandel der Zeit.