800 Bürger hatten sich zur Versammlung zum geplanten Gefängnisneubau eingefunden. Mit Videoumfrage
Rottweil - Etwa 800 Bürger hatten sich am Montagbend zur Bürgerversammlung zum geplanten Gefängnisneubau in der Stadthalle eingefunden – deutlich weniger als erwartet. Vertreter der Verwaltung, des Finanz- und Justizministeriums sowie der JVA Offenburg informierten und standen Rede und Antwort.
Nicht nur draußen war es gestern Abend sommerlich heiß, auch in der Stadthalle. Und das lag nicht nur an der schlechten Belüftung. Immer wieder kochten die Emotionen bei den Zuhörern hoch. Pfiffe, Buh-Rufe und die Parole "Wir-sind-die-Bürger" wurden dem Podium entgegen geschmettert.
Auf dem Podium waren mit Oberbürgermeister Ralf Broß, Bürgermeister Werner Guhl und Fachbereichsleiter Bauen, Thomas Burzan, Vertreter der Stadtverwaltung, mit den Ministerialdirigenten Thomas Knödler (Finanzministerium) und Ulrich Futter (Justizministerium) Vertreter des Landes. Hans-Peter-Wurdak, Leiter der JVA Offenburg, stand den Bürgern später ebenfalls noch Rede und Antwort. Auch die Bürgerinitiative war in großer Zahl vertreten und machte ihrem Unmut lautstark, aber auch mit Schildern und Transparenten Luft.
Große JVA löst immer Nachdenken, Sorge und Ängste aus
"Rottweil ist sich als traditioneller Justizstandort seiner Verantwortung bewusst. Und dazu gehört auch eine JVA", machte OB Broß in seinem Rückblick deutlich und gab mit der Frage "Was haben wir zu erwarten, wenn das Land in Rottweil ein Gefängnis baut", an Knödler weiter. "Eine so große JVA löst immer Nachdenken, Sorge und Ängste aus. Eine JVA zu bauen, ist eine erhebliche Herausforderung für das Land und die Stadt, in der sie gebaut werden soll", machte er klar.
Das Land werde aber nur mit der Stadt eine JVA bauen: "Der Gemeinderat hat das letzte Wort. Wir werden dieses Votum akzeptieren." Im Anschluss erläuterte er anhand von Bildern aus Offenburg den geplanten Bau. Im Hinblick auf den Standort sagte er: "Wir wissen natürlich, in welchem Ortsteil der Standort liegt", und erntete dafür Buh-Rufe aus dem Publikum.
Sorgen und Ängste
Vorurteile und falsche Eindrücke wollte Futter ausräumen und begann gleich mit der Terminologie. Ein Gefängnis mit bis zu 500 Häftlingen sei demnach ein Normalgefängnis. Und die Auswirkungen auf die Umgebung – durch die Anstalt oder auch durch das Verkehrsaufkommen – seien vollkommen überschätzt.
Auch dass moderne Anstalten sicher sind, ist für die Gefängnisgegner freilich kein Argument. Sie wollen das Gefängnis nicht. Weil es die Natur zerstöre, weil es unnötig Flächen versiegle, weil mehr Häftlinge dort untergebracht sein könnten, als Zepfenhan Einwohner hat. Die Liste der Argumente gegen den Gefängnisneubau ist lang. Die Vertreter der Bürgerinitiative, Jochen Baumann, Henning Theobald, Michael Jäger und Ingeborg Gekle-Maier haben viele parat. Jäger bediente sich gar geschickt an Zitaten verschiedener Gemeinderäte.
Er fühle sich "heute Abend eher an eine Werbeveranstaltung erinnert, bei der den Rottweiler Bürgern etwas schmackhaft gemacht werden soll", machte der Zepfenhaner deutlich, was er von der Bürgerversammlung hält. Erwarten würde er sich stattdessen, dass sich Gemeinderäte und Verwaltungsspitze auf den Weg in den betroffenen Stadtteil machten und sich "mit den Fragen, Sorgen und stichhaltigen Argumenten der Bürger in Zepfenhan" beschäftigten.
Jubel gab es auch für die Ausführungen der beiden Ortsvorsteher, Walter Keller und Eugen Mager, die sich pragmatisch zeigten und für die Erhaltung der Natur aussprachen oder auch die Entscheidung gegen den Standort Esch für das Bitzwäldle einforderten.
Von Stefanie Siegmeierund Patrick Nädele