In Tuningen kommen bei der Bürgerversammlung weitere Bedenken gegen den Gefängnisbau zutage. Foto: Bieberstein

Gemeinderat erwägt, dem Land zu signalisieren, dass Rottweil der bessere JVA-Standort wäre.

Rottweil - Zwei Diskussionen, zwei Orte, ein brennendes Thema: Während am Mittwochabend in Tuningen eine weitere Bürgerversammlung zum dort vom Land geplanten Bau einer neuen Justizvollzugsanstalt stattfand, machte sich zeitgleich der Rottweiler Gemeinderat Gedanken, ob weitere Schritte notwendig sind, um dem Land zu signalisieren, dass Rottweil der bessere Standort wäre.

Stadtrat Peter Schellenberg (FWV) hatte die Diskussion unter Punkt Verschiedenes ins Rollen gebracht. Er hat sich nochmals mit der jüngst in Tuningen veröffentlichen Bewertungsmatrix zum Standortsuchlauf befasst, und stieß dabei nach eigenem Bekunden auf Erstaunliches. So habe Rottweil bei den Standorten Bitzwäldle und Stallberg in der Matrix unter Bewertungspunkt "Kommunalpolitisches Einvernehmen" mit 36 Punkten die höchste Punktzahl erreicht, bei den Standorten Esch und Hochwald aber nur 24 Punkte, mit dem Zusatz "Prüfung und Genehmigung zugesagt". Sprich: In der Matrix wird davon ausgegangen, dass es über letztere Standorte eben kein volles kommunalpolitisches Einvernehmen gibt. Geschuldet sei das wohl auch dem Bearbeitungsstand der Matrix: 25. Januar 2013 – spätere Erkenntnisse sind nicht eingeflossen.

"Wenn die Matrix tatsächlich für das Land objektive Entscheidungsgrundlage ist, dann sind zwölf Punkte wichtig", stellte Schellenberg fest. Walter Stegmann schlussfolgerte, dass man die fehlenden Punkte vielleicht noch erhalten könne, und zwar über einen aktuellen Gemeinderatsbeschluss zu den Standorten. "Wir müssen überlegen ob wir sonst nicht etwas versäumen, um im Spiel zu bleiben".

Oberbürgermeister Ralf Broß wollte dieser Argumentation allerdings nicht folgen. "Das Land wird weiter auf Grundlage dieser Matrix agieren", meinte er. Über weitere Signale in Richtung Stuttgart könne man eventuell "in kleinerem Kreis" diskutieren, nun aber unter Punkt Verschiedenes eine Gefängnisdebatte zu führen, lehne er ab.

Wie auch immer – wenn der Gemeinderat neue Signale an das Land senden will, sollte er dies bald tun: Am 6. Juli findet in Tuningen der Bürgerentscheid zum Gefängnisneubau statt. Davon wird abhängen, ob Rottweil tatsächlich nochmal ins Spiel um den Standort kommt.

Dass bei den Tuningern viele Bedenken und ungeklärte Fragen mit dem geplanten Bau des Großgefängnisses auf der örtlichen Industriebrache verbunden sind, wurde am Mittwochabend bei der Bürgerversammlung mit Vertretern von Justiz- und Finanzministerium deutlich. Ein Landwirt zeigte sich wenig erfreut über die neuen Nachbarn und befürchtete, dass der Bau gar nicht auf das Gelände passt und noch weiter abgeforstet wird. Und eine Mutter zweier Kinder meinte besorgt: "Die unbeschwerte Kindheit, die ich noch in Tuningen erlebt habe, wird dadurch einfach nicht mehr gegeben sein. Ein Gefängnis erfüllt mich mit Unbehagen. Es ist kein Geld der Welt wert, das Gefängnis nach Tuningen zu holen, wenn es niemand ausschließen kann, dass meinen Kindern oder anderen oder den zukünftigen etwas passieren wird".