Bis zu 500 Gefangene soll das neue Gefängnis aufnehmen. Doch wo kommt es hin? Foto: Seeger

Tuttlingen, VS und Donaueschingen wollen sich am neuen Suchlauf nicht beteiligen.

Rottweil - Das Fass, das Justizminister Rainer Stickelberger mit dem neuen Gefängnissuchlauf aufgemacht hat, erweist sich bislang als ziemlich leer. Keine der angesprochenen Kommunen im Städtedreieck Rottweil-Tuttlingen-Donaueschingen hat ein Interesse an einer Vollzugsanstalt.

Ein Gefängnis vor der eigenen Haustür? Lieber nicht. Alle, die außer Rottweil für einen Standort für eine Justizvollzugsanstalt in Frage kämen, äußern sich zurückhaltend, ja ablehnend: Angefangen bei Tuttlingen über Villingen-Schwenningen bis hin nach Donaueschingen sagen zum jetzigen Zeitpunkt, dass sie kein Gefängnis in ihrer Stadt haben wollen. In Tuttlingen fällt die Antwort eindeutig aus: Kein Interesse, sagt der Sprecher der Stadt, Arno Specht. Er begründet dies mit einem Mangel an freien Flächen. "Wir haben eh schon Schwierigkeiten, Bauland zur Verfügung zu stellen", so Specht. Deshalb werde man sich an einem neuen Suchlauf nicht beteiligen.

Ähnlich äußert sich der Oberbürgermeister von Donaueschingen, Thorsten Frei. Für ihn stelle sich die Frage erst gar nicht, meint er im Gespräch mit dem Schwarzwälder Boten. Vom Widerstand gegen die geplante Vollzugsanstalt in Rottweil abgeschreckt, verweist Frei darauf, dass Donaueschingen als Bundeswehr-Standort aufgewertet worden sei und man sich diesbezüglich alle Optionen offen halten wolle. Damit habe sich die Frage, "ob wir hier in Donaueschingen eine JVA haben wollen, schon beantwortet", so Frei.

Keineswegs begeistert klingt das, was man aus der Nachbarstadt Villingen-Schwenningen hört. Klar, bislang war der Bau einer JVA kein Thema. Die Stadt, so deren Sprecher, werde auch nicht aktiv werden und potenzielle Standorte ins Gespräch bringen.

Bleibt Rottweil. Die Stadtverwaltung will nach wie vor auf eigener Gemarkung ein neues Gefängnis erstellen lassen. Oberbürgermeister Ralf Broß hatte dies im Anschluss an die Ministerrunde im Bitzwäldle am vergangenen Freitag gesagt. Die neue Landesregierung hatte, wie erwartet, einen weiteren Suchlauf verkündet, der im Januar startet.

Oberbürgermeister Ralf Broß will das Bitzwäldle wieder vorschlagen. Dafür hatte sich der Gemeinderat just vor einem Jahr einstimmig entschieden – trotz energischer Widerstände aus Neukirch und Zepfenhan sowie der Bürgerinitiative gegen das Großgefängnis und des Vereins zur Erhaltung der Natur- und Kulturlandschaft (NAKU). Der Ratsbeschluss von vor zwölf Monaten müsste aber wiederholt werden. Denkbar sind zudem weitere Standorte in Rottweil: so der Stallberg oder das Gebiet "Im Esch" bei der Ruine Neckarburg.

Klar ist: Auch bei diesen Alternativen wird es Proteste geben. Doch wie sagte Justizminister Rainer Stickelberger am Freitag: "Wir sind uns bewusst, dass uns kein Standort auf dem Silbertablett präsentiert wird". Mit Widerständen aus der Bevölkerung muss also gerechnet werden, ganz egal, wo das Gefängnis hingebaut werden soll.

Kommentar

Es ist wie bei einer unansehnlichen Braut. Die Familie will sie endlich unter der Haube wissen, doch keiner will sie haben – selbst wenn eine ordentliche Mitgift winkt. Das wäre bei dem geplanten Großgefängnis ja der Fall. Doch die größeren Städte und Gemeinden, die laut Landesregierung als Standort in Frage kämen, lehnen dankend ab. Die Verwaltungschefs in Donaueschingen oder Villingen-Schwenningen zeigen sich alles andere als begeistert.

Derartige Bürgerproteste gegen ein Gefängnisprojekt, wie sie es in Rottweil gibt, wollen sie wohl nicht riskieren. Der Rottweiler Oberbürgermeister Ralf Broß indes schon. Frei nach dem Motto "nach dem Spiel ist vor dem Spiel" wird er erneut den umstrittenen Standort Bitzwäldle vorschlagen, wenn der Gemeinderat denn mitzieht. Der Widerstand der Bürgerinitiative ist da gewiss. Es erwartet uns also ein heißes Jahr 2012.