August Unterreitmeier und Sabine Eschle, hier in einem der bunt gestalteten Therapieräume in Rottweil, informieren über das Angebot des Vereins. Foto: Otto Foto: Schwarzwälder Bote

Inklusion: Ökumenische Kinder- und Jugendförderung bewegt im Landkreis viel / Außengruppe Oberndorf besteht seit zehn Jahren

Es ist ein Verein, der im Landkreis viel bewegt – und dabei doch vielen gar nicht bekannt ist: Die Ökumenische Kinder- und Jugendförderung (ÖKJ) leistet seit Jahrzehnten wertvolle Arbeit bei der Integration von Kindern mit Behinderung und Förderbedarf. Jetzt gibt es Grund zum Feiern.

Kreis Rottweil. Seit 1972 besteht der Verein, der auf Initiative von kirchlichen Jugendgruppen als gemeinnütziger Zusammenschluss gegründet wurde und heute von 36 evangelischen und katholischen Kirchengemeinden getragen wird.

Großes Spektrum an Hilfen

Bei der Gründung stand das Ziel im Vordergrund, Kindern mit Behinderung den Besuch eines Kindergartens zu ermöglichen. "Früher war das nämlich nicht möglich", erinnert Geschäftsführer August Unterreitmeier. Gemeinsam mit Mitarbeiterin Sabine Eschle stellt er beim Pressegespräch die Arbeit des Vereins vor. Zahlreiche bunte Infoflyer zeigen, wie groß das Spektrum an Hilfs- und Förderangeboten ist. 45 Mitarbeiter kümmern sich heute von Rottweil aus um die Integration und Förderung von Menschen mit und ohne Behinderung.

Wichtiger erster Schritt war 1972 die Gründung des Förderkindergartens Schmetterling in Rottweil-Bühlingen. 1980 kam die Frühförderung dazu, in deren Rahmen schon Kinder ab Geburt pädagogisch und therapeutisch gefördert werden können. "Irgendwann stellte sich aber die Frage, warum die Kinder eigentlich so separiert sind. Zudem mussten schon Zweijährige quer durch den Landkreis gefahren werden", so Unterreitmeier. Die Idee entstand, das Angebot zu dezentralisieren und an den Kernorten im Landkreis aktiv zu werden.

Vor genau zehn Jahren – das ist nun der Grund zum Feiern – wagte der Verein den Schritt von einem Behindertenkindergarten zu einem dezentralen, integrativen und wohnortnahen Kindergartenkonzept. Im Kindergarten Don Bosco in Oberndorf wurde die erste Gruppe eingerichtet, neben Bühlingen folgten Gruppen in Zimmern und Schramberg.

Kinder lernen von Kindern

"Das macht es für Eltern und ihre Kinder einfacher, sie müssen keine Sondereinrichtungen besuchen, sondern sind im Regelkindergarten integriert", sagt Sabine Eschle. Integration in bester Form, denn: "Ich bin überzeugt, dass Kinder am meisten von anderen Kindern lernen", so August Unterreitmeier. Das gelte für beide Seiten. Regelkindergarten und Förderkindergarten kooperieren intensiv.

Förder- und Therapieangebote sind auch zuhause oder direkt im Kindergarten möglich. Physiotherapie, Ergotherapie, Logopädie – was für Eltern oft einen Ärzte- und Behördenmarathon bedeutet, kann von der Ökumenischen Kinder- und Jugendförderung aus einer Hand angeboten und koordiniert werden. "Uns ist ein niederschwelliges Angebot wichtig, Eltern können direkt bei uns anrufen und sich beraten lassen", erklärt Sabine Eschle. Der Bedarf ist groß: Rund 200 Kinder werden im Durchschnitt betreut, Tendenz steigend. Eltern von Kindern mit Verhaltensauffälligkeiten kämen zunehmend auf Druck ihres Kindergartens, berichtet Unterreitmeier.

Hier greift nicht selten ein weiteres Angebot des Vereins: der Heilpädagogische Inklusionsdienst. Dem Kind soll ermöglicht werden, "seinen" Kindergarten im Ort zu besuchen. Es wird begleitet und unterstützt, gleichzeitig wird mit den Eltern und Erzieherinnen zusammengearbeitet, um die bestmögliche Förderung zu erreichen.

Es ist viel, was die Mitarbeiter der ÖKJ in dem ganz unscheinbaren Haus in der Rottweiler Durschstraße stemmen und koordinieren. Vieles geschieht still und leise. Das zehnjährige Jubiläum der Außenstelle Oberndorf soll nun Anlass sein, auf die Arbeit aufmerksam zu machen. Zwar wird das Angebot auch durch das Oberschulamt, die Krankenkassen und das Sozialamt finanziert, jedoch nicht zu hundert Prozent. Deshalb ist der Verein auf Spenden angewiesen.

  Das zehnjährige Bestehen der Intensivkooperationsgruppe in Oberndorf wird am Samstag, 22. September, ab 14 Uhr mit einem Inklusionsfest gefeiert, ab 16.30 Uhr können die Räume besichtigt werden.

  Eine Podiumsdiskussion zum Thema "Inklusion und Frühförderung – Erfahrungen aus der Praxis" findet am Donnerstag, 18. Oktober, ab 17 Uhr im evangelischen Gemeindehaus, Johanniterstraße, in Rottweil statt. Teilnehmer sind Isabell Andrich (ehem. Mutter Regelkindergarten), Veronika Bihler (Kindergartenleitung St. Silvester Bühlingen), Olga Ewert (Mutter Förderkindergarten), Lena Kroenlein (Journalistin, Autorin), Marcus Streule (Rektor Grundschule Seedorf) und Geschäftsführer August Unterreitmeier. Moderation: Michael Wollek. Im Anschluss ist bei Getränken und Snacks die Möglichkeit zum Austausch.   Anmeldung und weitere Infos zum Verein unter: info@oekj.de, Telefon 0741/9425560, www.oekj.de