Zwei junge Männer sollen sexuelle Handlungen an einer Jugendlicher mit Handy gefilmt haben. Foto: Symbolfoto: pixabay

Zwei junge Männer stehen in Rottweil vor Gericht. Geständnis unter Ausschluss der Öffentlichkeit.

Rottweil/Freudenstadt - Von einem Dummejungenstreich kann bei dem, was sich im September 2017 ereignet haben soll, keinesfalls gesprochen werden. Am Dienstag mussten sich ein heute 19-Jähriger und ein 17-Jähriger vor dem Rottweiler Amtsgericht verantworten.

Die Vorwürfe gegen die beiden jungen Männer aus dem Kreis Freudenstadt, die zum Tatzeitpunkt 16 und 18 Jahre alt waren, sind schwer. Sie sollen Anfang September 2017 die Lage einer stark alkoholisierten Jugendlichen, die nach Konsum von Sekt und Wodka bei einer öffentlichen Veranstaltung in einem Bauwagen einschlief, ausgenutzt haben, um "beischlafähnliche" sexuelle Handlungen an ihr vorzunehmen. Einer habe die offenbar schutzlos Ausgelieferte mit dem Handy gefilmt.

Angeklagt sind die beiden Täter – der eine als Jugendlicher, der andere als Heranwachsender – unter anderem wegen gemeinschaftlichen sexuellen Missbrauchs, Herstellung einer "jugendpornografischen Schrift", Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen, insbesondere wegen des Zurschaustellens der Hilflosigkeit des Opfers, und gefährlicher Körperverletzung.

Bevor in die Beweisaufnahme eingetreten wurde, bat Rechtsanwalt Michael Doll, Vertreter des jüngeren Angeklagten, um eine Verständigung. Sein Mandant sei bereit, ein vollumfängliches Geständnis sowie einen Täter-Opfer-Ausgleich in Form von einer "Entschädigung" von 1000 Euro zu machen. Staatsanwalt Frank Grundke signalisierte Bereitschaft dazu, sofern das Geständnis vom Angeklagten selbst komme.

Keine Hinweise auf schädliche Neigungen

Angesichts der Schwere der Schuld halte er eine Jugendstrafe für angemessen, die allerdings mit einer Obergrenze von zwei Jahren zur Bewährung ausgesetzt werden könnte, so Grundke. Der Vertreter der Jugendgerichtshilfe attestierte dem heute 17-Jährigen derweil, dass es keine nachweisbaren Hinweise auf schädliche Neigungen gebe.

Für das Geständnis des 17-Jährigen ebenso wie für die Einlassungen des 19-Jährigen zur Person wie auch zur Tatnacht wurde die Öffentlichkeit auf Antrag der Verteidiger Michael Doll und Dieter Schnabel ausgeschlossen. Auch die Aussage des heute 17-jährigen Opfers wurde lediglich vor Prozessbeteiligten gemacht.

Am frühen Abend wurde schließlich ein Zeuge aufgerufen, der Teil der Gruppe war, die an jenem Abend zusammen gefeiert hat. Richter Niefer betonte, dass die Zeugen einen großen Dienst zur Aufklärung der Wahrheit leisten würden. Der 19-Jährige schilderte, wie er mit seinen Freunden zunächst bei sich zu Hause mit Bier "vorgeglüht" hatte, ehe es zur Party ging. Dort habe sich die Gruppe zerstreut. Gegen Mitternacht sei ihm aufgefallen, dass die Geschädigte fehlte, und er habe sich auf die Suche nach ihr gemacht. "Wir waren schon ein bisschen angetrunken, aber nicht so betrunken, dass man nicht mehr hätte klar denken können", meinte er.

Die letzte Option war der Bauwagen, der fast immer offen stehe. Dort habe er das Opfer – schlafend oder bewusstlos – angezogen auf dem Sofa liegend vorgefunden. Die beiden Angeklagten waren bei ihr. Diese hätten von Freudenstädtern geredet, die vorher im Bauwagen gewesen seien. Jetzt könne er sich um die Freundin kümmern, hätten sie gesagt und seien zurück zum Fest gegangen. Ein komisches Gefühl habe er nicht gehabt, meinte der 19-Jährige.

Handyvideo sofort gelöscht

Irgendwann sei das Mädchen dann aufgewacht und habe augenblicklich zu weinen begonnen. "Erst wollte sie nicht erzählen, was los ist, aber ich habe weiter nachgebohrt." Schließlich habe sie erzählt, dass die beiden Angeklagten sie ausgezogen und alles gefilmt hätten. Mit "alles" meinte der Zeuge die Bierflasche, mit der an der Minderjährigen sexuelle Handlungen vorgenommen wurden. Daraufhin habe er die Jungen auf dem Fest aufgesucht und zur Rede gestellt, berichtete der 19-Jährige. Das Handyvideo habe er sofort gelöscht. Anschließend habe er die Bekannte nach Hause begleitet, schilderte der 19-Jährige.

Erkannt habe der Zeuge auf dem Video allerdings nur den Tatort – das alte Sofa des Bauwagens und die Hose der Geschädigten, die etwa bis kurz übers Knie heruntergezogen gewesen sei. Der oder die Täter seien auf dem Video nicht zu erkennen gewesen.

Tage später sei der junge Mann dann nochmals in den Bauwagen gegangen, um nach der Flasche zu suchen. Er habe eine Flasche, in der Vermutung, dass es sich dabei um "die Flasche" handelt, in eine Tüte verpackt und als möglichen Beweis mitgenommen. Der Polizei ausgehändigt hat er sie allerdings nicht. "Darauf bin ich nicht gekommen." Dafür gab er sie aber später einem der Tatverdächtigen, der die Flasche vor den Augen des Zeugen zerstört und entsorgt habe.

Stutzig machte den Richter allerdings eine Whatsapp-Nachricht, die der Zeuge an einen der Tatverdächtigen geschickt hatte und die er in der Verhandlung aus den Akten zitierte. Demnach schlug sich der 19-Jährige auf die Seite der Tatverdächtigen und äußerte sich abfällig über das Opfer.

Für alle neun Zeugen reichte der erste Verhandlungstag nicht aus. Der Prozess wird voraussichtlich am Montag, 26. November, fortgesetzt.