Auf eine Tagesmutter wartet ein vielfältiges Betätigungsfeld. Foto: Perrey

Ausbildung zur Tagesmutter kein Kinderspiel. Immer mehr Familien nehmen Angebot in Anspruch.

Rottweil - Die Kinderbetreuung ist seit Jahren ein heiß diskutiertes Thema. Der Tagesmütter- und Elternverein des Landkreises Rottweil, bildet einen wichtigen Baustein neben Kinderkrippen und -gärten.

Anneliese Bendigkeit (69), die Vorsitzende des Tagesmütter- und Elternvereins, kennt die Lage der Eltern nach eigenen Angaben genau. Über 40 Jahre im Dienst als Krankenschwester und als Mutter von zwei Kindern weiß sie genau, welche Strapazen man auf sich nehmen muss, um Kinderbetreuung und Arbeit zu vereinen.

"Die Kinder waren damals noch zu klein für den Kindergarten, Kinderkrippen waren noch nicht so stark vertreten", erzählt Bendigkeit. "Für mich war klar: Für junge, arbeitende Mütter muss einfach eine Möglichkeit geschaffen werden, das alles unter einen Hut zu bekommen." So machte sie sich an die Arbeit, einen eigenen Verein zu gründen.

Zusammen mit ihren zwei Sozialpädagoginnen Andrea Krisp und Beate Distler leitet sie die Arbeit die Tagesmütter und Tageseltern im ganzen Kreis. Unterricht, Vermittlung, Beratung, Begleitung und Ausbildung sind Stichworte zu der umfangreichen Arbeit.

160 Unterrichtseinheiten beinhaltet die Ausbildung zur Tagesmutter. Hinzu kommen ein Erste-Hilfe-Kurs für Kinder, ein Gesundheits- und Eignungszeugnis, eine Hausbesichtigung sowie ein polizeiliches Führungszeugnis. "Das gibt den Eltern, die unsere Dienste in Anspruch nehmen, die nötige Sicherheit", erklärt Bendigkeit. Außerdem werden die auszubildenden Tagesmütter mehr als einmal auf den Prüfstand gestellt.

"Wie bei jedem anderen Job kommen die Bewerber erstmal zu einem Bewerbungsgespräch", erläutert Beate Distler. Hier werden die Motivation der Bewerber hinterfragt und die Tauglichkeit geprüft. "Der Grund, warum sich Frauen und Männer bewerben, ist meist der gleiche", meint Distler. Die Freude am Umgang mit Kindern. "Man sieht bei den meisten förmlich das Leuchten in den Augen, wenn sie über Kinder sprechen."

Die Ausbildung ist keineswegs einfach. Im ersten Kursteil werden den Teilnehmern die rechtlichen und finanziellen Grundlagen der Tagesbetreuung dargelegt. Danach werden sie zu Hause besucht, und es muss eine erste Prüfung abgelegt werden. Alles unter den Augen von Simone Eberhart, Mitarbeiterin des Jugendamtes. "Die Arbeit des Jugendamts ist mit unserer Arbeit eng verwoben. Deswegen sind wir auch glücklich, dass diese Kooperation so gut funktioniert", freut sich Bendigkeit.

Vorschulische Ausbildung und zur Persönlichkeitsbildung

Der zweite, dritte und vierte Teil des Kurses befasst sich mit dem praktischen Aspekt der Arbeit. Hier geht es um Erziehung, Ernährung und Kinderförderung. Denn Tagesmutter zu sein, heißt nicht nur auf die Kinder aufzupassen. Auf Aktivitäten, die zur vorschulischen Ausbildung und zur Persönlichkeitsbildung beitragen, werde großer Wert gelegt.

Deswegen geben auch immer wieder externe Referenten Impulse bei den Unterrichtseinheiten. So Ursula Schlagenhauff-Kunrath, die den angehenden Tageseltern den Bildungsauftrag nahelegt, oder Kirstin Deter vom Verein "Grauzone", die über die Prävention vor sexuellem Missbrauch referiert.

Des Weiteren wird mit den Tagesmüttern über tägliche Probleme wie das Miteinander von Tageskindern und eigenen Kindern, oder das unter einen Hut bringen von Job und Haushalt gesprochen.

Ist die Ausbildung abgeschlossen, folgt eine Abschlusspräsentation mit Kolloquium über die behandelten Themen. "Hier zeigt sich, dass wir gute Arbeit leisten", meint Bendigkeit: Noch nie sei ein Teilnehmer an diese Abschlussprüfung gescheitert. Auf der einen Seite liege das daran, dass man während der Ausbildung ungeeignete Personen aussortiere, erklärt Beate Distler. Von der guten Ausbildungsarbeit scheint in der Tat auch die Prüfungskommission überzeugt zu sein, die aus Sozialpädagogen, Jugendamtsmitarbeitern und Mitarbeitern des eigenen Vereins besteht.

Als der Verein 2003 in Rottweil gegründet wurde, war die Nachfrage schnell so hoch, dass die Vereinsarbeit auf den ganzen Kreis ausgeweitet wurde.

"Wenn die Familien einmal unsere Betreuung in Anspruch genommen haben, wollen sie meistens nichts anderes mehr für ihre Kinder." Das liegt vor allem an der persönlichen und familiären Atmosphäre, die die Kinder bei ihren Tageseltern erfahren. Außerdem sind die Einsatzzeiten sowie die Einsatzgebiete flexibel.

Mit knapp 300 Tageseltern hat der Verein einen nicht mehr wegzudenkenden Platz in der Kleinkindbetreuung eingenommen. Er scheint für viele die einzige Möglichkeit zu sein, Job und Familie einigermaßen zufriedenstellend in Einklang zu bringen..