Flüchtlinge: Max Burger und Nicole Saile sprechen über die Chancen des Ehrenamts

Von Michelle Deibertund Armin Schulz

Die Flüchtlingshilfe im Kreis Rottweil läuft gut, wenngleich örtlich auf unterschiedliche Art und Weise. Jetzt haben die Initiativen ein Positionspapier verabschiedt. Credo: Das Ehrenamt ist gerade hier unverzichtbar – und für die Zukunft von unschätzbarem Wert.

Kreis Rottweil. Nach Aussage von Max Burger vom Freundeskreis Asyl Rottweil und Nicole Saile von der Initiative Offene Hände in Oberndorf engagieren sich im Kreis inzwischen mehr als 750 Menschen in 23 Initiativen freiwillig, um Flüchtlinge und Asylsuchende bei ihrer Ankunft in einer fremden Umgebung zu unterstützen. Mit ihrer Arbeit in diesen Hilfsnetzwerken entlasten die Ehrenamtlichen und die Initiativen die Behörden spürbar.

Nun haben sie in Abstimmung mit der Kreisverwaltung ein Positionspapier verabschiedet, in dem die Grundzüge der ehrenamtlichen Flüchtlingshilfe festgehalten wird. Ein Papier, das es so im Land kein weiteres Mal geben dürfte. Einerseits stellt das Schreiben eine Selbstverpflichtung der ehrenamtlichen Hilfe dar, andererseits macht es deutlich, in welchen Bereichen diese Arbeit notwendig und mittlerweile unverzichtbar geworden ist.

Burger und Saile betonen unter anderem, dass die Initiativen und Netzwerke die Arbeit der ehrenamtlichen Flüchtlingshilfe professionalisierten, dass die Hilfe nicht "auf blindem und politischem Aktionismus" basiere und dass Ehrenamtliche mehr als nur Ehrenamtliche seien, "sie sind Experten ihrer Arbeit" und sehen sich als Partner der Behörden auf Augenhöhe. Das Positionspapier sagt also sehr viel über das gewachsene Selbstverständnis und Selbstbewusstsein der Freundeskreise und Initiativen im Kreis aus.

Natürlich gibt es auch Defizite. Den Hilfseinrichtungen stünden zuweilen zu wenig Dolmetscher, Lehrer und Ressourcen für die Betreuung der Flüchtlinge zur Verfügung, beklagt Saile. Burger und Saile drängen auch darauf, dass noch mehr Flüchtlinge Praktika bei Firmen absolvieren könnten. Damit würden ihre sozialen Kontakte gefördert, und dadurch auch ihre Sprachkenntnisse verbessert. Und nicht überall sind Flüchtlinge und Asylsuchende willkommen. Überzeugungsarbeit ist weiterhin vonnöten.

Die Perspektive indes ist vielversprechend. Inzwischen hat sich über die Kommunen im Kreis ein dichtes Netz an ehrenamtlichen Helfern und Experten gelegt, das auch für zukünftige Aufgaben und Herausforderungen einer alternden Gesellschaft noch von großem Wert sein könne, sagen Saile und Burger. Diese Strukturen und dieses Wissen gelte es zu pflegen, selbst dann, wenn in ein paar Jahren die Flüchtlingskrise bewältigt sein sollte.