Die Reste des Horst-Wessel-Lieds sind auf einer Säule im Innenhof des AMG zu sehen. Foto: Stadt Rottweil

Momentan gehen die meisten wohl eher achtlos, allenfalls rätselnd, an der Gravur vorbei: Auf einer Säule am Albertus-Magnus-Gymnasium (AMG) ist ein Text eingraviert, teilweise auch herausgebrochen. Es sind Reste des Horst-Wessel-Lieds – und sie zeugen von den dunklen Zeiten des Nationalsozialismus. Jetzt soll eine Erklärtafel im Innenhof des AMG angebracht werden.

Rottweil - Auch er sei überrascht gewesen, als er von den Resten der Gravur erfahren habe, so Oberbürgermeister Ralf Broß in der jüngsten Gemeinderatssitzung. Es habe sich die Frage gestellt, wie man mit diesen Spuren, die der Nationalsozialismus in Rottweil hinterlassen hat, umgehen soll. Die Antwort sei schnell klar gewesen: "Es ist wichtig, nicht wegzuschauen, sondern zu informieren, zu erinnern und zu mahnen", so Broß.

Frühere Abiturjahrgänge hatten darauf aufmerksam gemacht, dass die Reste des Horst-Wessel-Lieds unkommentiert an einer Säule des AMG-Innenhofs zu sehen sind. Wie Stadtarchivar Mathias Kunz erläuterte, wurde das Horst-Wessel-Lied während des NS-Diktatur quasi als zweite Nationalhymne gesungen.

QR-Code führt zu Erklärtext

Kunz wurde nun von der Stadtverwaltung beauftragt, einen Text für eine Erklärtafel zu formulieren, die gegenüber an der Wand angebracht werden soll. Auf ihr befindet sich dann auch ein QR-Code, der zu einem weitergehendem Text führt.

Es wird daran erinnert, dass der Säulengang einst als Gedenkstätte für die im Ersten Weltkrieg gefallenen Lehrer und Schüler diente. Die Nationalsozialisten instrumentalisierten das Andenken und nutzten dies zur Indoktrination der Bevölkerung. Der Text des Liedes wurde vermutlich 1927 vom Nationalsozialisten Horst Wessel als Kampflied der Sturmabteilung (SA) verfasst. Es ist laut Kunz nicht bekannt, warum am AMG-Säulengang nach Kriegsende 1945 nur einzelne Zeilen im Zuge der Entnazifizierung herausgemeißelt wurden.

Die Verwaltung stieß mit dem Vorschlag einer Erklärtafel im Gemeinderat auf offene Türen. Günter Posselt (CDU) dankte für die Aufarbeitung dieses Teils der Rottweiler Geschichte. Das jüngst veröffentlichte Youtube-Video zweier Schüler über die NS-Zeit in Rottweil (wie berichteten) zeige, dass sich auch junge Leute dafür interessieren.

Es sei der richtige Weg, damit umzugehen, so auch Frank Sucker (Grüne). Und Gerhard Aden (FDP) bekräftigte: Man müsse diese dunklen Zeichen der Geschichte "nicht tilgen, sondern sich mit dieser Zeit auseinandersetzen."