Bürgermeister Christian Ruf verteilt Flyer. Foto: Reichenbach

Gesamtelternbeirat, Polizei, Kreisverkehrswacht und Stadtverwaltung wollen Eltern sensibilisieren.

Rottweil - In der Lorenz-Bock- und in der Bismarckstraße ist morgens der Teufel los. Zu Schulbeginn belagern Elterntaxis die beiden Sträßchen und werden damit zur Gefahrenquelle. Das will der Gesamtelternbeirat (GEB) ändern und weißt mit einer Aktion auf die Groß’sche Wiese als "Haltestelle" hin. Doch es gibt auch Kritiker.

Es ist kurz nach 7.30 Uhr. Bürgermeister Christian Ruf beugt sich zu einer Autofahrerin herunter, die gerade ihr Kind aussteigen lässt. Nach einem kurzen Gespräch, drückt er der Dame einen Flyer in die Hand. Darauf steht: "Meine Eltern parken hier". Gemeint ist der Parkplatz Zentrum, ehemals Groß’sche Wiese, gelegen zwischen Körner- und Kaiserstraße. Die Idee des Elternbeirats: Die Eltern können ihre Kinder stressfrei aussteigen lassen, die Kinder kommen sicher über den Zebrastreifen in der Kaiserstraße zur Schule, sind sogar noch an der frischen Luft, und Mama oder Papa kann nach einer Schleife über den Parkplatz wieder davon fahren. Was sich zunächst etwas lustig nach einem Drive-in fürs Eltern-Taxi anhört, hat einen ernsten Hintergrund, wie Ruf erklärt. "Die Kinder strecken zwischen den Autos ihre Köpfe heraus, wenn da einer herausspringt... Das ist eine Gefahr." Doch am Donnerstagmorgen hält sich diese in Grenzen. Das ganz große Verkehrschaos bleibt aus – auch, weil der Gesamtelternbeirat Eltern schon im Vorfeld über die Aktion informierte.

Dennoch haben Ruf, Fachbereichsleiter Bernd Pfaff, Gabi Hils und Elke Reichenbach vom Gesamtelternbeirat, Artur Rieger (Kreisverkehrswacht) sowie Christoph Steilner (Polizei) und einige freiwillige Helfer an diesem Morgen viel zu tun. Bei den Eltern treffen sie meist auf Verständnis – mit Ausnahmen. Gabi Hils kennt Fälle, bei denen Eltern bis zum Musikpavillon hoch fahren, um dort ihr Kind aussteigen zu lassen. Zu solchen Szenen kommt es gestern Morgen aber nicht.

"Jede präventive Maßnahme macht Sinn und hilft", kommentiert Bernd Pfaff später die Aktion. Allerdings müsste man – wenn nichts helfe – Verkehrsverstöße wie das Parken oder Halten im Halteverbot oder das Befahren von Wegen wie eben jenem hinauf zum Musikpavillon der Konrad-Witz-Schule – auch entsprechend ahnden. Doch sollte das nicht schon viel eher geschehen? Genau hier jedenfalls setzt die Kritik des Elternbeirats des AMGs an, der sich bewusst nicht an der Aktion beteiligt habe, wie deren Vorsitzender Michael Mittelstaedt am Telefon erklärt.

In einem Brief an die Vorsitzende des GEB, Gabi Hils, schreibt Mittelstaedt, dass die Situation vor den Schulen in der Bismarckstraße besorgniserregend sei. Doch seien nicht "andere Eltern", sondern die öffentlichen Ordnungsdienste – sprich Stadtverwaltung und Polizei – gefordert, Verkehrsverstöße zu ahnden. Die bestehenden Verkehrsregeln reichten aus, um die Situation gar nicht erst eskalieren zu lassen. Außerdem halte der Elternbeirat die Elterntaxi-Aktion für juristisch problematisch. Im Gespräch erklärt Mittelstaedt, dass von Seiten des AMGs – auch der Schulleitung – schon mehrfach Aktionen unternommen worden seien, um Eltern zu sensibilisieren. Bislang ohne Erfolg. Sie selbst wollten nun regelmäßig schriftliche Beschwerden an Stadt und Polizei richten. Darauf angesprochen; betont Bernd Pfaff, dass er sehrwohl einen Sinn in der morgendlichen gemeinsamen Aktion mit dem GEB sehe. "Ich stehe immer für präventive Maßnahmen."

Überhaupt: Die Beteiligten der Elterntaxi-Aktion sprechen gestern Vormittag von einem Erfolg. Auch Jochen Schwarz, Schulleiter des AMG, ist sich sicher, dass die Beteiligten bei vielen Eltern Überzeugungsarbeit leisten konnten. Und Hils fügt hinzu: "Die Kinder sollen laufen und lernen, sich sicher im Straßenverkehr bewegen zu können." Wer seine Kinder direkt vor der Schuleingangstür absetze und sie dort wieder abhole, beraube sie auch ein Stück weit ihrer Selbstständigkeit.

Die Angst, eines Vaters, dass sein Bub auf dem Schulweg einen Unfall haben könnte, konnte Christoph Steilner vom Rottweiler Polizeirevier entkräften: "Zu Beginn des neuen Schuljahrs werden die Schulwege von der Polizei überwacht". Außerdem gebe es in Rottweil wenige bis keine Schulwegunfälle, was der präventiven Arbeit der Kreisverkehrswacht in den Schulen zu verdanken sei. Und: Die Stadt reduzierte die Geschwindigkeit vor einigen Schulen und Kindergärten zuletzt auf Tempo 30, um die Sicherheit zu erhöhen.

Auch gestern Mittag und heute Morgen war der Gesamtelternbeirat in der Bismark- und der Heerstraße unterwegs, um Elterntaxis zu sensibilisieren. Ob die Aktion Früchte tragen wird, zeigt sich wohl erst in den nächsten Tagen und Wochen.