Frank Weniger denkt über die Zukunft nach. Foto: privat Foto: Schwarzwälder Bote

Buchvorstellung: Frank Wenigers schonungslose Analyse einer auf Digitalisierung programmierten Gesellschaft

Rottweil. So denkt und schreibt einer, der nichts mehr zu verlieren hat. Befreit. Der daran gewöhnt ist, dass ihn der Tod auf Schritt und Tritt begleitet. Unbelastet. Für den es ein Wunder ist, dass er überhaupt noch lebt. Intensiv.

Frank Weniger, bis vor gut zwei Jahren Leiter der Grundschule in Wellendingen und ehrenamtlich engagiert, befasst sich in seinem neuen Buch mit der Zukunft. Einer Zukunft, die er aufgrund seiner Krankheit, die ihm vor drei Jahren diagnostiziert wurde, wohl nicht erleben wird. Das ist wichtig zu erwähnen, denn dadurch erklärt sich der offensive Geist, mit dem Frank Weniger seine Thesen formuliert, der ernste Blick auf die Entwicklungen in dieser Welt. Der Titel der Publikation, die in diesen Tagen erschienen ist, lautet "2027. Die Smartapokalypse".

Es ist der Versuch einer Vorschau auf die Welt in neun Jahren. Es ist kein hoffnungsvolles Buch. Es ist eine schonungslose Abrechnung mit uns Menschen und unseren Umgang mit dieser Erde. Menschen, die laut Weniger jegliche Verantwortung gegenüber der Natur vermissen lassen, die sich vor allem treiben lassen von den (Un-)Möglichkeiten der digitalen Technik. Der Umtrieb, so sieht es Weniger, endet im moralischen Untergang, der moralischen Apokalypse.

Seine Gegenwarts-Kritik trifft vor allem zwei Verantwortungs- und Berufsgruppen: Unternehmer und Politiker. "Am meisten leide ich aber darunter, was sich in den Gehirnen unserer Politikerinnen und Politiker abspielt. Wer, wenn nicht sie, könnten sich für lebenswerte Verhältnisse einsetzen? Sie lösen keine Probleme, sie sind das Problem. Schlimmer noch: Sie schaffen neue Probleme, die es ohne sie gar nicht gäbe. Gier nach Macht und Geld und narzisstische Geltungssucht sind die Triebfeder der meisten Politiker."

Weniger entwirft auf rund 160 Seiten für verschiedene Arbeits- und Lebenswelten (Automobilindustrie, Medizin, Pflege, Haushalt, Schule, Politik) Zukunftsszenarien. Seine Grundthese dabei: "Im Jahr 2027 werden Menschen zum großen Teil vom Internet der Dinge abhängen. Ihr Lebensrhythmus wird von Werkstoffen gesteuert. Die Sinnhaftigkeit ihrer Arbeit wird aus dem bestehen, wie sie die Computer unterstützen." Dem Autor Weniger geht es nicht um eine Generalkritik an der Digitalisierung und an deren Möglichkeiten. Schließlich, das betont er offen, habe er dieser Technik zu verdanken, dass er noch lebe, zumal auf diese Weise. Ihm geht es darum, dass diese Technik quasi gewissenlos eingesetzt werde, dass sich der Mensch vom Geist der Digitalisierung unterjochen lasse. "Wenn die Macht über das Internet an das Internet abgegeben wird, dann ist das falsch", so Weniger im Gespräch mit unserer Zeitung. "Dann haben digitale Werte die ethischen abgelöst, dann ist es soweit." Das Ende.

Wie das aussehen könnte, beschreibt er anhand der Situation in der Pflege. Menschen, also Pfleger, werden in modernen Pflegeheimen möglichst durch Computer und Roboter ersetzt. Am Empfang meldet man sich per Smartphone an, es gibt Roboter für die Essensausgabe, Pflege, Gefühle und die Reinigung. Alles ist praktisch und vor allem ökonomisch ausgelegt. Anders, so Weniger, könne sich die Gesellschaft die zunehmenden Aufgaben in der Pflege alter Menschen gar nicht leisten. Kein schöner Gedanke. Was passieren muss, damit das nicht passiert? Damit hat sich Frank Weniger nicht auseinandergesetzt. Seine Absicht war es, den Finger in die Wunde zu legen und Denkanstöße zu geben. Das ist ihm auf jeden Fall gelungen.

Zum Buch: Frank Weniger: 2027. Die Smartapokalypse. 224 Seiten, Verlag und Druck: tredition GmbH Hamburg, ISBN 978-3-7469-1513-5 (Paperback), 978-3-7469-1514-2 (Hardcover), 978-3-7469-1515-9 (e-Book)