Diskursbereit (von links): Winfried Wössner (ehemaliger Stadtrat), Ralf Armleder (Stadtrat), Sonja Gronmayer (Schülerin), Ruth Gronmayer (Behindertenbeauftragte), Anne-Kathrin Wagner (St. Elisabeth), Gertrud Hermle (VdK Rottweil) und Bernd Pfaff (Bereichsleiter Rottweil) sprechen auch über die Friedhofswege in Rottweil-Altstadt. Foto: Rottweiler

Vier Gruppen prüfen Rottweil-Altstadt auf Behindertentauglichkeit. Stadtrat sucht Kompromisse.

"Sie werden das Rottweil, durch welches Sie jeden Tag gehen, plötzlich mit anderen Augen sehen", versprach Ruth Gronmayer, Behindertenbeauftragte der Stadt Rottweil, den Teilnehmern des Rundgangs "Wie barrierefrei ist Rottweil?", der diesmal durch Rottweil-Altstadt führte.

Rottweil-Altstadt. Und tatsächlich: Wer mit wachen Sinnen Rottweil-Altstadt in sich aufnimmt, wird auf sowohl positive wie auch negative Erlebnisse an Straßenübergängen, Bürgersteigen und Wegen stoßen und sich als Mensch ohne Behinderung mancherorts zu Recht fragen: Wie schafft das jemand, der nichts oder schlecht sieht, dessen Bewegungsapparat eingeschränkt oder dessen Gehör beeinträchtigt ist?

Um für das Thema Behinderung im Straßen- und Wegeverkehr weiter zu sensibilisieren, wurde der bereits dritte Stadtrundgang zum Thema in Rottweil-Altstadt organisiert. Dabei wurden unterschiedliche "Hemmnisse" an die rund 35 Anwesenden ausgeteilt. Augenbinden, Krücken und Industrie-klassifizierte Gehörschützer, sogenannte "Micky-Mäuse", sollten ein Feeling für die Nöte eines gehandicapten Menschen vermitteln.

Die Teilnehmer – eine gemischte Gruppe aus Menschen mit und ohne Behinderung – teilten sich auf vier Bereiche in Rottweil-Altstadt auf und wurden von Nadja King und Mirjam Pfau (Inklusives Café), Isabelle Öhler (Rottweiler Treff) und Ruth Gronmayer geführt. Am Ende der Begehung fand bei Kaffee und Butterbrezel in der Römerschule ein reger Austausch statt.

Stadtrat Ralf "Hefe" Armleder, legte während der Begehung ein Bauvorhaben hinter der Römerschule – mit Einbezug der nahe gelegenen Gaststätte "Da Bruno" – dar und ging dabei auch auf die Pläne bezüglich Barrierefreiheit des sogenannten "Römerwegs" ein. Als schwieriger Punkt kristallisierten sich die Kieswege auf dem Altstadtfriedhof heraus: Während zu viel Kies für Rollstuhlfahrer große Strapazen bedeuten, würde eine Asphaltierung den Boden komplett verschließen und bei Regen die Grabeinfassungen beschädigen. "Da müssen natürlich Kompromisse gefunden werden, auch der Ästhetik wegen", gibt Bernd Pfaff, Fachbereichsleiter Bürgeramt, Ordnungs- und Schulverwaltung, zu bedenken.

Als gelungen gilt indessen der Verkehrsbereich mit der für langsamere Personen sehr hilfreichen Überquerungsinsel vom Altstadtfriedhof über die Göllsdorfer Straße bis zum Ende des Zebrastreifens bei der Fahrschule Pollermann. Dort ist der Bordstein tief genug, um selbst ungeübten Rollstuhlfahrern den Aufstieg zum Gehweg zu ermöglichen, und doch hoch genug, um Regenströme effektiv abzuleiten.

Auf der gegenüberliegenden Seite bietet der kurze Weg zum Zebrastreifen eine Kante, "die mit einem Taststock auch für Blinde gut zu erfühlen ist", konstatiert Gronmayer.

Die Begehung endet, wie sie begonnen hat mit allen vier Gruppen wieder vereint bei der Römerschule. Gronmayer war am Ende zufrieden: Die Sensibilisierung für das Thema sei sehr wichtig, die positiven Signale machten glücklich.